Dieses Jahr ist noch ein bisschen blonder, möchte so mancher geneigte Fernsehzuschauer sagen. Doch statt wallender oder geflochtener Platinmatte ist im Mittelpunkt dieses Blonds eher die ein oder andere Platinplatte. Auch wenn der Satz „Natürlich Blond“ vermutlich schon lange nicht mehr auf Heino zutrifft, ist er dennoch wohl der präsenteste Blondschopf Deutschlands.
Sein 50-jähriges Bühnenjubiläum feiert Neu-Rocker Heino in diesem Jahr. Ob dieses Ereignis ihm zum Image des deutschen Darlings oder der Nervensäge der Nation verhilft, da scheiden sich die Geister. Heino ist im TV, Heino ist auf Plakaten, Heino ist in den Zeitungen, Heino ist überall – ist dieser Heino allmächtig normal oder nervtötend?
Zwischen Identitätskrise und Scheinwerferlicht
In den letzten Jahren vollzog Heino einen Wandel von Tag zu Nacht – vom schunkelnden Weidenbesinger zum rabenschwarzen Fledermausfreund. Als Heino dann noch neben Teenieidol Mandy Capristo und Musikdinosaurier Dieter Bohlen in der „DSDS“-Jury erschien, wollte ihm schon so mancher eine Identitätskrise unterstellen.
Doch schon bald stellte sich heraus: Dieser Heino, eine der bekanntesten Marken Deutschlands, will einfach nicht aus dem Scheinwerferlicht treten. Auftritte in jungen Talkformaten, ein neues, offeneres Image und ein Wechsel ins Pseudo-Metal-Genre katapultierten den 76-Jährigen in die verschränkten Arme eines jüngeren Publikums. So sichert sich eine ikonische Marke das Fortbestehen, aber nicht immer Gegenliebe. Die wichtigsten Stilmittel: Absurdität und Überraschung. Das Ergebnis: Verwirrung und Polarisierung.
Häme und Spott gegen Omnipräsenz
Viele seiner alten Fans konnte Heino mit Totenkopf-Zepter, Ledermantel und Kreuzkette nicht überzeugen. Die junge Zielgruppe jedoch rieb sich die Augen, schüttelte den Kopf und schmunzelte vielleicht sogar über so viel Selbstironie. Die Wandlung von Heino als gelungenes Marketing zu bezeichnen, scheint wie die Untertreibung des Jahrhunderts. Das neue Bild des Musikurgesteins wirkt so erfrischend, aufweckend und kreativ, dass es fast schon egal ist, wie viel Kalkül hinter seiner Sonnenbrille steckt.
Der Gegenwind und der Hass, den er eben mit seiner Omnipräsenz viel auf sich zieht, wird freudig gegen weitere Medienpräsenz eingetauscht. Aber nicht nur Häme und Spott sind die Geister, die Heino sich rief. Er sicherte sich auch eine weitere Stufe für den Aufstieg zur Legende.