Es ist jetzt auch eine Zeit für Gefühle! Jede gesellschaftliche Epoche spiegelt sich auch im Schlager wieder. Das war in der Wirtschaftswunderzeit nach dem 2. Weltkrieg so, in den 60er wurde die neue Reiselust besungen. Caterina Valente lädt uns ein: „Komm’ ein bisschen mit nach Italien“ und Peter Alexander besang „Ein kleines Haus am blauen See“ und 1967 „Spanisch war die Nacht“.
„Schlager ist die Seele des Volkes“, hat einmal der viel zu früh verstorbene Costa Cordalis gesagt. Der Sänger, der zuletzt auf Mallorca mit seiner Familie lebte, Vicky Leandros und Udo Jürgens („Griechischer Wein“) brachten uns das Griechenland-Feeling mit Bouzouki und Sirtaki, als bei uns in Deutschland die ersten Griechen-Restaurants eröffneten. Mit Gyros und der obligatorischen Mykonos-Platte auf den Speisekarten. Schlager als Massenphänomen bediente die Sehnsucht der Deutschen nach Ausgelassenheit und Lebensfreude.
Sehnsucht nach Lebensfreude
Inzwischen ist der Schlager aus der dunklen, belächelten Hinterhof-Ecke raus - zurück auf die Hauptstraße. So modern, so jung, so Party und digital wie schon Jahrzehnte nicht mehr.
„Atemlos“ von Helene Fischer beschreibt als Hit-Klassiker von 2014 den Zeitgeist des neuen Jahrtausends. Wir selbst haben kaum noch Zeit das Leben zu genießen, immer weniger Menschen müssen immer mehr Arbeit machen. Wir sind immer und überall erreichbar - einfach ATEMLOS! Die universelle Kraft dieses Hits läutet die Schlager-Revolution endgültig ein!
Auch musikalisch, Pop-Schlager ist angesagt, die Partymusik beeinflusst sogar große TV-Sendungen wie der Feste der Volksmusik von Florian Silbereisen. Vor der Bühne muss gefeiert werden, die Sendung „Schlagerbooom“ beschreibt das neue Lebensgefühl. Hit auf Hit geht die TV-Party von Florian Silbereisen ab.
Unser Leben war atemlos
Und Kerstin Ott kämpft mit ihrer Schlagerhymne „Regenbogenfarben“ für Homosexualität und gegen veraltete Vorurteile. Christoff macht seinem Partner im TV einen Heiratsantrag, genauso wie Eloy de Jong – Egal was andere sagen.
Und plötzlich seit März 2020 hat das Wort „Atemlos“ eine ganz andere, traurige Bedeutung. Tausende Menschen sterben am neuen Coronavirus. Die Menschen haben Angst, Angst vor der Infektion, vor der Krankheit, vor der neuen Isolation. Inzwischen ist die Angst um den Arbeitsplatz, um wirtschaftliche Existenz dazu gekommen.
Viele Deutsche leben in Angst
Wer im Moment durch die Deutschen Städte spaziert, bemerkt schnell diese ruhige fast depressive Stimmung in den Straßen. Corona hat auch die Party im Schlager fast ausgelöscht. Keine Konzerte, keine Open Air-Events, keine Mallorca-Feten und beliebte TV-Sendungen, die plötzlich ganz ohne Publikum auskommen müssen.
Es ist nun im Schlager die „Corona-Dekade“ angebrochen. Viele Musiker, die wie manche bekannte Top-Stars noch keine finanziellen Rücklagen bilden konnten, kämpfen um ihre Existenz. Glücklich sind im Moment Newcomer, die noch einen Job haben…
Zeit für Schlager-Balladen
Es ist die neue Zeit für Balladen im Schlager angebrochen. Ruhiger, nachdenklicher und die Texte bekommen plötzlich wieder viel mehr Aufmerksamkeit und Gewicht.
Andreas Gabalier sitzt am Piano und beschreibt in „Neuer Wind“ was Millionen Menschen gerade fühlen und durchmachen. Ben Zucker, Vanessa Mai, Sarah Connor, Giovanni Zarella, Eloy de Jong, Maite Kelly, Marianne Rosenberg haben wundervolle Balladen in den letzten Wochen veröffentlicht.
Ben Luca: Das Leben ist nicht leicht…
Und selbst im Ruhrpott, dem Herz des Tempo-Pop-Schlagers fragt ein Jörg Bausch „Wann werden wir wieder tanzen gehen?“. Und Sänger Ben Luca wird Anfang Juni die tolle Ballade „Ich geh’ meinen Weg“ veröffentlichen. Der Sänger sitzt nachdenklich am Piano beschreibt das, was viele Künstler und Fans im Moment fühlen: „Ich geh meinen Weg wohin er mich auch führt. Bin ich auch oft gefallen, steh ich immer wieder auf. Das Leben ist nicht leicht…“