Die Sternchen der deutschsprachigen Schlagermusik wie Andrea Berg, Helene Fischer oder Andreas Gabalier belegen mit ihren Veröffentlichungen die vorderen Ränge der deutschen Album-Charts und locken regelmäßig zigtausende Fans zu ihren Konzerten. Auch wenn sie es sind, die im Rampenlicht stehen und die Begeisterungsstürme jubelnder Konzertgänger ernten, so ist der Erfolg kein Zufall und sicher keiner, der über Nacht kam. Dahinter steckt eine riesige Industrie mit unzähligen Beteiligten, die dem gewöhnlichen Musik-Konsumenten in der Regel verborgen bleibt. Doch nicht nur die Big Player haben ein Wörtchen mitzureden, die Musikindustrie kann - nach einem wahrscheinlich steinigen Weg - ein fruchtbarer Boden für eine erfolgreiche Selbstständigkeit sein.
Die Musikwirtschaft - Eine kurze Einführung
Innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft zählt die Musikwirtschaft zu einem der klassischen und wichtigsten Teilmärkte. 2010 hatte sie einen Anteil von 5,7% an der Kultur- und Kreativwirtschaft und machte 0,4% der deutschen Gesamtwirtschaft aus. Dabei bilden ihre Teilnehmer nicht nur eine Musikszene, die durch viele freiberufliche oder selbstständige Musiker, Komponisten und Produzenten, sondern auch durch semi-professionelle, bis in den Amateur-Bereich der Unterhaltungsmusik gewachsene Strukturen bestimmt wird. Jenseits des Szenen-Charakters verfügt die Musikwirtschaft über traditionell gewachsene, streng gewerbliche Unternehmensstrukturen, die nahezu alle Bereiche von Produktion bis Vermarktung umfassen, innerhalb derer die größten Unternehmen selbst auf sämtlichen Ebenen tätig sind.
Klassische Berufe für Selbstständigkeit in der Musikindustrie
Nicht jeder Berufszweig bietet überhaupt Voraussetzungen, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen:
Komponist: Viele Musiker schreiben ihre Songs gar nicht selbst, sondern performen sie nur. Das ist jedoch nicht, wie viele denken, ein Phänomen der modernen Musikindustrie, sondern ist stets so gewesen. Auch Elvis Presley, der King of Rock’n’Roll, hat keinen seiner Songs selbst geschrieben, weswegen ihm immer wieder fehlende Authentizität vorgeworfen wurde, da allgemein hin Text und Musik einen höheren Stellenwert zugeschrieben werden als dem eigentlichen Performen. Elvis wusste seinen Kritiker jedoch zu entgegnen: „It ain’t a song until you sing it.“ Eine Sonderform des Komponisten ist der Singer/Songwriter, der, wie der Begriff schon sagt, seine Songs komponiert und performt.
Musiker: Wer schon mal in einer Band mit guten Freunden oder Bekannten gespielt hat, dem kommt die Vorstellung, für eine Live- oder Studio-Produktion mit anderen Musikern bunt zusammengewürfelt zu werden, sicherlich etwas fremd vor, allerdings ist sie vor allem in der professionellen Musikindustrie gang und gäbe. Viele Interpreten besitzen entweder keine feste Band oder engagieren auf weltweiten Tourneen Musiker vor Ort, um den logistischen Aufwand zu minimieren. Genauso werden im Studio talentierte Musiker zum Recorden der Stücke engagiert, um das bestmögliche Ergebnis herauszuholen.
Produzent: Ein Produzent ist in der Regel die Person, die eine Aufnahme im Ton-Studio leitet, jedoch können die Aufgabengebiete je nach Selbstverständnis große Unterschiede aufweisen. So wirken Produzenten auch oftmals unterstützend vor einer geplanten Aufnahme, helfen dabei Band und Interpreten die Songs zu fokussieren, spornen bei der Aufnahme zu Höchstleistungen an, geben Tipps beim Arrangieren der Songs und übernehmen zum Teil auch Aufgaben eines Komponisten.
Agent: Das Klischee eines Agenten sieht sicherlich so aus: ein aalglatter Typ mit Gelfrisur, schwarzer Sonnenbrille, Jeans und Sakko. Auch wenn solche stereotypischen Äußerlichkeiten zutreffen mögen, sind Agenten in erste Linie dafür zuständig, ihre Klienten zu vermarkten. Sie kümmern sich um Auftritte, handeln Gagen aus, unterstützen sie bei Tourneen vor Ort und sind unterm Strich das Bindeglied zwischen Künstler und der restlichen Musikindustrie.
Platten-Label: Die Aufnahmen von Bands und Künstler wollen auch veröffentlich werden. Hier kommen die Platten-Labels in Spiel. Neben den aktuell drei großen Major-Labels - Universal Music Group, Sony Music Entertainment, Warner Music Group - gibt es viele kleine, unabhängige Labels, sogenannten Indie-Labels, die zum Teil nur von einer Person betrieben werden. Für Musik-Fans müssen ihren Lieblings-Scheiben stets verfügbar sein und am besten digital, weswegen die meisten Labels ihre Veröffentlichungen auch bei Streaming-Diensten wie Spotify zur Verfügung stellen. Das birgt für die Labels zwar kein finanzielles Risiko, bringt aber weder ihnen noch den Musikern etwas abgesehen von der ständigen Verfügbarkeit. Die Absatzzahlen von physischen Tonträgern, besonders CDs, sind in den letzten Jahren rückläufig, jedoch erfahren Musikkassetten und vor allem Schallplatten gerade ein Comeback.
Designer/Illustrator: Ein Sprichwort lautet: „Beurteile ein Buch nie nach seinem Einband.“ Eine Schallplatte nach seinem Cover zu beurteilen geht sehr wohl! Designer und Illustratoren verpassen jeder Veröffentlichung eine ansprechende Hülle und sorgen dafür, dass sie beim Elektromarkt oder im Plattenladen herausstechen und die Blicke des Musik-Konsumenten auf sich ziehen. Oftmals lässt sich an dem Cover auch direkt erkennen, um welche Art der Musik es sich handelt.
Eine Branche mit vielen Fragezeichen
Selbstständigkeit ist immer ein hartes Brot - im Musikbusiness sicher noch etwas härter. Die Frage nach der Sparte wird sicherlich schnell geklärt sein, da sich niemand ohne die erforderlichen Kenntnisse guten Gewissens selbstständig machen würde. Jedoch gibt es viele Dinge zu klären: Sollten sich Komponisten und Musiker auf ein Genre spezialisieren oder eine breite Palette anbieten? Kommt eine Mitgliedschaft bei der Vewertungsgesellschaft GEMA in Frage? Wollen sich Produzenten mit jeder Dorfkapelle rumschlagen, um sich über Wasser zu halten? Dies sind jetzt sicher nur Beispiele, aber trotzdem sollte ein Schritt in die Selbstständigkeit wohl überlegt sein, da die Musikindustrie viele Stolpersteine zu bieten hat. Aber für die meisten wird es sich sicher lohnen, da sie so mit ihrer Musik auch noch ihren Lebensunterhalt verdienen können.