Darf auch ein Sänger eine Meinung haben? Natürlich. Darf ein Sänger, der frohmütig über die Themen des Lebens singt, diese aber auch kundtun? Er kann. Vor tausenden Augenpaaren. So tat es Howard Carpendale auch auf Tour. Seinen Titel „Astronaut“ garnierte er mit seinen Ängsten und einer düsteren Version.
Wer Howard Carpendale in den Medien verfolgt, weiß, dass er ein Mann vieler Interessen ist – ein Mann vieler Sorgen und Bedenken, aber vor allem einer, der im Hier und Jetzt lebt. Während andere Künstler die Vielschichtigkeit ihrer CD oder ihre revolutionäre Tournee in Talkshows heraufbeschworen, ging Howard Carpendale in den Diskurs: Sterbehilfe, Armut, Kriege, Musikkultur. Doch der gebürtige Südafrikaner hat noch ein bisschen mehr zu sagen. Heute erscheint sein Buch „Das ist meine Zeit“, das in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Stefan Alberti entstand.
Auch nach diesem Buch wird so mancher Howard Carpendale gewisse Charaktereigenschaften unterstellen: Idealismus oder Selbstgerechtigkeit vielleicht. Doch Oberflächlichkeit ist keine in dem Werk zu finden. Themen des modernen Lebens treffen auf die tragenden Wände aller Zeitalter – Liebe, Sexualität, aber eben auch Gewalt. Das Werk folgt keiner Chronologie. Vielmehr dienen die Themen, die Howard Carpendale und Milliarden andere Menschen bewegen, als Leitfaden für die Gespräche mit Stefan Alberti.
Schroff, aber herzergreifend
So facettenreich wie die Themen von „Das ist meine Zeit“ ist auch die Stimmung, die das Buch verbreitet. Gleich zum Start sinniert Howard Carpendale über seine Suizidgedanken. Dass er schon wusste, wo er seinem Leben ein Ende setzt. Eine düstere Stimmung, die aber schon bald aufgelöst wird. Im Buch bleibt es nicht düster, aber kritisch. So geht der Sänger mit Stefan Alberti in den Diskurs über seine Zweifel an religiösen Themen und seine Sorge um die zunehmende Erkaltung der Welt.
Doch mit Stefan Alberti lässt sich der 70-Jährige auch auf einige Themen ein, nach denen die Klatschpresse seit Jahrzehnten dürstet. Wie hielt es Howard Carpendale mit der Treue, wenn sogar nackte Frauen auf seinem Hotelzimmer warteten? So viel sei verraten: Heute findet der Künstler, dass es sich lohnt in einer Beziehung treu zu sein. Diese Aussage untermauert er auf ergreifende Art in einem weiteren Buchkapitel, in dem er seiner Partnerin Donnice die Liebe erklärt.
Nicht alles neu, aber erfrischend
Wer Howard Carpendale regelmäßig in Interviews oder Talksendungen verfolgt, wird schnell einige Themen wiedererkennen. Langeweile kommt jedoch auch in diesem Fall nicht auf: „Das ist meine Zeit“ motiviert dazu, die eigenen Ansichten zu hinterfragen oder bestätigt zu sehen. Und wer darauf keine Lust hat, kann sich noch immer an den lockeren Kapiteln rund um die Liebe, seine Abenteuer und die Treffen mit Menschen, die sein Leben beeinflussten freuen.