Juliane Werdings „Am Tag, als Conny Kramer starb“ ist nicht nur ein geschichtsträchtiger Song, er markiert auch gleichzeitig den musikalischen Durchbruch der Sängerin. Als das Lied über einen heroinabhängigen Jugendlichen 1972 erscheint, gibt es im deutschen Schlager viel „Schallala und Trallala“, wie Werding es ausdrückt – ihre Lieder sind im Gegensatz dazu oft nachdenklich und melancholisch.
Juliane Werding: eine nachdenkliche Künstlerin
Juliane Werdings tragisch-melancholische Lieder können exemplarisch für die zerbrochenen Schlagersänger- und Sängerinnen der 70er Jahre stehen. Mit Titeln wie „Stimmen im Wind“ und „Conny Kramer“ singt sie sehr traurige, ernste Lyrics in einer Epoche, in der Schlager vor allem lustig zu sein hat.
„Am Tag, als Conny Kramer starb“ – Cover und Original
Es ist also kein Zufall, dass sich Juliane Werdings „Am Tag, als Conny Kramer starb“ bei dem nicht minder schwermütigen Bürgerkriegs-Lied „The Night They Drove Old Dixie Down“ bedient. Das Original stammt ursprünglich von der kanadisch-amerikanischen Gruppe The Band und im Original illustriert der Song das Schicksal eines Soldaten, der im US-amerikanischen Bürgerkrieg kämpft und seine Gefährten sterben sieht.
Das Schicksal des Südstaatlers, der seine Heimat untergehen sieht, bewegte damals nicht nur Juliane Werding. Auch Joan Baez, Bob Dylan und Johnny Cash spielten Coverversionen von „The Night They Drove Old Dixie Down“.
Die Botschaft von „Am Tag, als Conny Kramer starb“
Juliane Werding war zum Zeitpunkt als ihr Lied erschien gerade 15 Jahre alt. Mit seinem geänderten Text thematisiert das Lied das Schicksal des ersten Drogentoten Essens. Mit dem Lied erreichte die blutjunge Juliane Werding Platz eins in den deutschen Charts. Die Drogenproblematik bewegte Deutschland auch schon sechs Jahre vor dem Erscheinen des viel rezipierten Buchs „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Werding, die „Conny“ um den es in ihrem Lied geht, persönlich gekannt haben soll, singt die bewegenden Refrain-Zeilen:
„Er versprach oft: 'Ich lass es sein'
Das gab mir wieder neuen Mut
Und ich redete mir ein
Mit Liebe wird alles gut
Doch aus den Joints, da wurden Trips
Es gab keinen Halt auf der schiefen Bahn
Die Leute fingen an zu reden
Aber keiner bot Conny Hilfe an“
Hier wird eine Gesellschaft beschrieben, die kein Problem damit hat, über den Junkie die Nase zu rümpfen, sich aber gleichzeitig am Elend des Jugendlichen ergötzt, ohne ihm zu helfen. Die Sängerin thematisiert Drogenmissbrauch und das Ableben des Polytoxikomanen Conny – er scheint neben Marihuana und Heroin auch LSD zu sich genommen zu haben – auf eine sehr einfühlsame Weise. Die folgenden Zeilen geben Anlass zu der Vermutung, dass hier die halluzinogene Wirkung von LSD beschrieben wird:
„Aber Conny sagte mir, was er sah
Ein Meer von Licht und Farben
Wir ahnten nicht
Was bald darauf geschah“
Der ungewöhnliche Schlager wurde vom Bundesgesundheitsministerium für eine landesweite Anti-Drogen-Kampagne benutzt, so dass das Lied innerhalb kürzester Zeit Millionen Bürgern bekannt war. Juliane Werding wurde 1972, im Erscheinungsjahr von „Am Tag als Conny Kramer starb“, mit dem „Bravo Otto“ und der „Goldenen Europa“ als beste Sängerin ausgezeichnet.
Wer war Conny Kramer?
Den Jungen Conny Kramer gab es wirklich, in der Realität hatte er aber einen anderen Namen. Als Jugendliche spielte Juliane Werding Straßenmusik, begleitet wurde sie dabei von einem Freund, dessen Name nach verschiedenen Medienberichten „Peter“ und dessen Straßennamen laut „derwesten.de“ „Lebe Peter“ gewesen sein soll. Er war der erste Drogentote in Essen. Genaueres über ihn ist nicht bekannt.
Die Satire
So einfühlsam Werdings Zeilen auch sein mögen, der Liedtext liefert schon alleine aufgrund seiner großen Bekanntheit auch Anlass zu Verballhornung. Mit dem Lied „Am Tag, als Thomas Anders starb“ macht sich die Punkband „Die goldenen Zitronen“ über den ehemaligen Modern-Talking-Sänger Thomas Anders lustig. Die Gruppe hat in der Vergangenheit öfter Schlagerzitate in ihren Liedern verwendet: So referiert beispielsweise das Stück „Das Bisschen Totschlag“, in dem es um rechtsradikale Übergriffe auf Asylanten geht, auf „Das Bisschen Haushalt“ von Johanna von Koczian. In „Am Tag, als Thomas Anders starb“, wird etwa die zweite Strophe von Juliane Werdings Conny Kramer folgendermaßen aufs Korn genommen:
„Er versprach oft: 'Ich lass es sein'
Das gab mir wieder neuen Mut
Und ich bildete mir ein
Nun nimmt er endlich seinen Hut
Doch immer wieder fing er zu singen an
Da ist keiner, der ihn halten kann
Es ging immer weiter nach oben
Selbst meine Freundin rief, was für ein toller Mann“
Werdings Song „Am Tag, als Conny Kramer starb“ prägte eine ganze Generation – bis heute erinnert man sich an die damals blasse 15-Jährige mit der Gitarre, die mit ausdruckslosem Gesicht dieses hochemotionale Stück spielte. Werding wohnt längst nicht mehr in Essen, sondern bei München und arbeitet als Heilpraktikerin. Hier seht Ihr die junge Juliane Werding mit „Am Tag, als Conny Kramer starb“ bei einem Auftritt bei Dieter-Thomas Heck: