Aus 100 Metern Entfernung würde man diesen Mann erkennen, der mit lässiger Haltung, großer Sonnenbrille und schwarzem Hut entgegengeschlappt kommt. Und wenn er dann den Mund aufmacht und anfängt zu sprechen, dann weiß man anhand der vernuschelten und fast poetisch anmutenden rockigen Sprache, dass es sich nur um einen einzigen Mann auf diesem Planeten handeln kann: Udo Lindenberg. Nicht nur seine Musik hat ihn bekannt gemacht, sondern auch seine politischen Taten während der Zeit der Mauer. Udo ist gesellschaftskritisch, prangert die Politik an und kreiert Texte, die uns Menschen mitten ins Herz treffen.
Vom Schlagzeuger zum Sänger
Der am 17. Mai 1946 im rheinischen Gronau geborene Udo Lindenberg beginnt seine musikalische Karriere zunächst als Schlagzeuger. Udo rockt sich durch mehrere Bands, studiert einige Zeit an der Musikschule Münster und musiziert mit in der Jazzbranche etablierten Größen wie Klaus Doldinger und Gunter Hampel. 1973 gelingt ihm dann der große Durchbruch. Es ist die erste Zusammenarbeit mit seinem „Panik-Orchester“ durch die der Hit „Alles klar auf der Andrea Doria“ gelingt. Lindenbergs sechste Tournee, die spektakuläre Udo LindenbergRock Revue '79“, inszeniert Theaterregisseur Peter Zadek. Musikalisch lässt er sich von dem legendären Musiker Eric Burdon begleiten. Lindenberg hat zu diesem Zeitpunkt bereits längst das Schlagzeug gegen das Mikrofon getauscht. Doch er ist kein Sänger im klassischen Sinne und so versucht er sich auch nicht zu verstellen und eignet sich seinen eigenen vernuschelten charakteristischen Sprechgesang an. Dieser Gesangsstil gehört genauso zu Lindenberg, wie sein Hut, die Sonnenbrille und der Anzug. Auf der Bühne gleichen seine unvorhersehbaren Bewegungen wilden Zuckungen, wirken unkontrolliert, enthemmt und provokant zugleich. Lindenberg hat ganz bewusst seine Marke durchdacht und kreiert, auch die Bewegungen gehören zum Gesamtpaket Lindenberg.
Die Musik ist sein Baby
Mittlerweile hat der in diesem Jahr 70 gewordene Rocker bereits über 35 Alben produziert und hat es mit seinem vorletzten Album „Stark wie zwei“ sogar das erste Mal geschafft, Platz eins der deutschen Charts zu erreichen. Sein neues Album „Stärker als die Zeit“ ist bereits seit dem 29. April auf dem Markt. Es läuft also gut für den 70-jährigen Rocker, dessen Markenzeichen eine Sonnenbrille und ein schwarzer Hut sind.
Kämpfer gegen Grenzen
Es war jedoch nicht nur seine Musik die ihm die Aufmerksamkeit brachte. Seit den 80ern macht Udo Lindenberg durch sein politisches Engagement auf sich aufmerksam. Wie kaum ein anderer deutscher Musiker setzt er sich für den Umweltschutz und die Friedensbewegung ein. Besondere Anerkennung brachten ihm jedoch seine jahrelangen Bemühungen um eine Auftrittsgenehmigung in Ost-Berlin. Die DDR-Behörden verweigerten es Udo im Osten aufzutreten, da sie ihn als Gefahr einstuften und den langhaarigen Rocker nicht einzuschätzen wussten. Es war eine Zeit in der die DDR-Regierung sehr auf Zucht und Ordnung pochte, alles musste kontrolliert werden, es war die Zeit der Stasi und der absoluten Kontrolle der DDR-Bürger. Nachdem Lindenberg die Einreise verwehrt wurde, schrieb er einen Song an Erich Honecker mit dem Namen „Sonderzug nach Pankow“. Durch seinen Engagement wird Udo letztendlich doch ein Auftritt im Palast der Republik 1983 gewährt. Auf Tour durch die DDR darf er dennoch nicht gehen.
Politische Rockpower
Ganze vier Jahre später überrascht Lindenberg den Staatspräsidenten Honecker, indem er ihm eine Lederjacke sowie einen offenen Brief schickte. Erich Honecker reagierte positiv auf das Geschenk und überreichte Udo im Gegenzug eine Schalmei sowie einen Dankesbrief, indem sich Honecker mit folgenden Worten bedankte: „Mit der Übersendung der Lederjacke haben Sie mir eine Überraschung bereitet, für die ich Ihnen danke. Wenn ich es recht verstehe, ist sie ein Symbol rockiger Musik für ein sinnvolles Leben der Jugend ohne Krieg und Kriegsgefahr, ohne Ausbildungsmisere und Arbeitslosigkeit, ohne Antikommunismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit.“
Ein Likörellchen geht immer
Musik, das kann er wahrlich der Herr Lindenberg. Seine Texte gehen ins Herz und ins Hirn, berühren und regen zum Nachdenken an. Er hat unzählige Hits sowie das Musical „Hinterm Horizont“ geschrieben, das eine Kompilation seiner Erfolge ist und seit Jahren am Potsdamer Platz in Berlin läuft. Da überrascht es, oder vielleicht gerade nicht, dass der Rockmusiker auch ein Händchen für die bildende Kunst zu haben scheint. Seine Kunstwerke „Die 10 Gebote“ wurden in der Hamburger St.-Jacobi-Kirche ausgestellt. Andere Arbeiten des „Strichers aus St. Pauli“, wie er sich selbst bezeichnet, befinden sich im Bundeskanzleramt sowie dem Bonner Haus der Geschichte. Seinen einzigartigen Stil, eine Mischung aus Cartoon und Karikatur, hat er sich patentieren lassen. Wer seine Biografie und Schwäche für Alkohol kennt, den wundert es nicht, dass Lindenberg diese begehrte Flüssigkeit auch in die ein oder andere Farbe fließen lässt, die Werke nennt er dann „Likörelle“. Prost Herr Lindenberg!