Bis kurz nach der Jahrtausendwende lief es für Pur eigentlich in jeder Hinsicht optimal: Sie verkauften mehrere Millionen Tonträger und belegten mit ihren Songs die vorderen Plätze der Charts. Lieder wie „Lena“, „Abenteuerland“, „Ich lieb’ dich (Egal wie das klingt)“ und all die anderen Hits liefen in den Programmen der größten Radiostation täglich rauf und runter. Seit einigen Jahren spielen die Sender in Deutschland aber überwiegend andere Bands. Pur-Songs laufen nur äußerst selten. Wie ist das möglich? Immerhin landete das aktuelle Album „Achtung“ auf Platz eins der deutschen Charts und hat schon nach wenigen Monaten den Goldstatus erreicht.
Pur: „Sing meinen Song“ brachte einen Schub fürs TV
Auch im Fernsehen läuft es wieder hervorragend für Pur. Deutschlands wichtigste Unterhaltungsmoderatoren laden die Band in ihre Shows ein, und das ganz unabhängig von der jeweiligen Zielgruppe: Sowohl Carmen Nebel als auch Joko & Klaas, die Stars der jüngeren Generationen, holten die Helden der 1990er-Jahre in ihre Shows. Im Interview mit dem Südkurier nannte Hartmut Engler im Herbst 2015 seine Begründung für dieses Phänomen: Ich denke, das hängt mit dem Erfolg der Sendung „Sing meinen Song“ zusammen. Der Pur-Abend hatte die beste Einschaltquote. Seitdem stehen wieder ein paar Türen offen – auch bei angesagten jüngeren Sendungen. Tatsächlich brachte die Teilnahme Hartmut Englers an einer der erfolgreichsten deutschen TV-Musiksendungen der Band einen erneuten Aufmerksamkeitsschub. Seine Begründung, warum es im TV läuft, kann aber gleichzeitig auch als Erklärung dafür dienen, weshalb die Singles im Radio floppen.
Die beliebtesten Radioformate setzen auf moderne Sounds
Schon seit den 1990er-Jahren nimmt bei den Radiosendern die sogenannte Formatierung zu, in den letzten Jahren verstärkte sich diese aber noch einmal deutlich. Dabei richten sich Musikauswahl, Wortbeiträge und alle weiteren Programmelente nach einer klaren Zielgruppe. Die Zusammensetzung der Inhalte basiert dabei auf Umfragen und Tests der Marktforschung sowie den Auswertungen der Mediaanalyse. In den letzten Jahren hat sich dabei bei den größten Sendern eine Musikzusammensetzung herauskristallisiert, die sich vor allem an aktuellen Sounds und Strömungen orientiert. Der Erfolg von Pur bei „Sing meinen Song“ lag aber vor allem an den alten Hits.
Auch den aktuellen Alben von Pur ist anzuhören, dass die Band von Sounds und Kompositionen der letzten Jahrzehnte geprägt ist. Damit haben sie es in der aktuellen Radiolandschaft schwer, obwohl ihre großen Hits und auch aktuelle Lieder immer noch ein große Fanbase haben. Zudem gibt es immer mehr neue, jüngere deutschspachige Bands, die um die Sendezeit mit Pur konkurrieren. Da hat die Band es in großen Abendunterhaltungsshows wesentlich einfacher, bei denen noch immer die großen Namen die Zuschauer vor die Geräte locken. Aber auch ohne einen Radiohit werden Pur in den nächsten Jahren garantiert auf die Untersützung von Tausenden Fans zählen können.