Im Jahr 2001 rief der „Verein Deutsche Sprache e. V.“ (VDS) den Tag der deutschen Sprache ins Leben. Seither findet dieser jährlich am zweiten Samstag im September statt. Mit diesem Tag verfolgt der VDS gleich mehrere Ziele. Auf der Homepage des Vereins heißt es unter anderem, er solle „ein Sprachbewusstsein schaffen und festigen, das den unkritischen Gebrauch von Fremdwörtern eindämmt“. Außerdem solle er „bewirken, dass wir unsere eigene Sprache schätzen (...)“ und „einmal im Jahr zum Nachdenken sowie zum persönlichen und öffentlichen Meinungsaustausch über die deutsche Sprache anregen“. Dem Verein dürften die Entwicklungen der letzten zwölf Jahre in der Schlager- und Popmusikbranche sicherlich gefallen: Nicht nur der Schlager erlebt ein erneutes Revival, auch in den unterschiedlichen Sparten der Popmusik setzen immer mehr Künstler auf deutsche Texte. Deutschsprachige Musik ist in aller Munde und Ohren.
Schlager und deutschsprachige Popsongs stürmen die Charts
Roland Kaiser, Helene Fischer oder Wolkenfrei heißen die Chartstürmer aus dem Schlagerbereich. Mark Forster, Joris oder Sarah Connor sind die Pophelden. Und im Hip-Hop rappen sich Marteria, Cro oder Die Fantastischen Vier an die Chartspitze. Die Liste könnte noch ewig weiter geführt werden. Die deutschsprachigen Hits eines Jahres passen längst nicht mehr auf ein einziges Blatt Papier.
Im Juni waren sogar erstmals überhaupt die Top 10 der Album-Charts ausschließlich mit deutschsprachigen Veröffentlichungen besetzt. Neben Santianos „Von Liebe, Tod und Freiheit“ sorgten vor allem deutschsprachige Hip-Hop-Alben und die TV-Sendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ für diesen Rekord. Der Sampler zur Sendung stürmte genauso die Charts wie die Alben der Teilnehmer Christina Stürmer und Pur. Auch die Ex-Teilnehmer Gregor Meyle und Sarah Connor landeten auf den vordersten Rängen. Der sympathische Sänger war vor der ersten Staffel von „Sing meinen Song“ weitestgehend nur Kennern bekannt. Nun bekam er das eigene TV-Format „Meylensteine“ und präsentierte dort weitere deutschsprachige Künstler. Und Sarah Connor ließ sich durch ihre Teilnahme an der Sendung erst zu einem deutschsprachigen Album inspirieren.
Früher auf Englisch, heute auf Deutsch
„Muttersprache“ heißt ihr erstes Album, bei dem die Texte nicht auf Englisch sind. Die mutige Entscheidung ist aufgegangen: Erstmals nach zehn Jahren erreichte ein Album von ihr Platz eins der deutschen Charts. Auch die Single „Wie schön du bist“ kletterte bis auf den zweiten Platz. Für beide Veröffentlichungen hat die Sängerin längst Gold-Auszeichnungen erhalten. Mit ihrem Wechsel vom Englischen ins Deutsche liegt Sarah Connor im Trend. Auch die Schlager- und Musical-Stars Ross Antony und Alexander Klaws starteten mit englischen Texten und singen nun auf Deutsch. Beim „Bundesvision Song Contest“ verpassten die Donots nur knapp den Sieg. Auch sie entschieden sich nach über 20 Jahren Bandgeschichte zu einem Wechsel der Sprache. Max Mutzke hingegen hat noch nie eine einzige Sprache gereicht. Aktuell setzt er wieder auf eine deutschsprachige Single: „Welt hinter Glas“.
Ist es nur ein kurzer Trend?
Es ist ganz offensichtlich: TV-Sender wie VOX setzen wieder vermehrt auf deutschsprachigen Pop und Schlager. Deutscher Hip-Hop und Schlager erleben große Revival-Phasen und ganz generell öffnen sich Künstler aller Sparten seit der Jahrtausendwende immer mehr für die deutsche Sprache.
Ist es nur ein erneuter Trend oder nicht doch eine grundlegende Entwicklung? Ein selbstverständlicherer Umgang mit der eigenen Sprache hält Einzug in die populären Musikgenres. Wortspiele und Geschichten, Liebeslieder und Protestsongs – alles ist möglich. Neben zahlreichen Stücken fürs Herz, nutzen auch immer mehr deutsche Musiker ihre Muttersprache auch, um deutliche Zeichen gegen rechtspolitische Gedanken zu setzen. Beim „Bundesvision Song Contest“ avancierten die Auftritte gleich mehrerer Bands zu echten politischen Statements. Der Erfolg deutschsprachiger Musik bietet also auch die Chance, etwas zu bewegen.