Es ist der 24. April 1982 als die 17-jährige Nicole in engelsgleicher Gestalt mit ihrer Gitarre auf die große Bühne des Eurovision Song Contests (ESC) tritt und die Schlagerwelt innerhalb eines Songs auf den Kopf stellt. Es ist der Tag, der das deutsche Musikvolk spaltet – in begnadete Schlageranhänger und missvergnügte Anti-Fans. Knapp drei Minuten trällert Nicole von „Ein bisschen Frieden“ – entgegen der revolutionären Gedanken der 60er und 70er Jahre und weckt damit schlummernde Geister. Nicole singt sich mit Weltfrieden und Liebe an die ESC-Spitze und verkauft ihre Platte international über fünf Millionen Mal. Die deutsche Nation ist fasziniert – und gleichermaßen traumatisiert.
Das brave Image des tugendhaften Mädchens scheint sich auf die Schlagermusik zu projizieren, plötzlich sind Schlager altmodisch und uncool - auf der einen Seite. Auf der Anderen ist das engelsgleiche Wesen mit der zarten Stimme eine faszinierende Erscheinung. Ihr Erfolg spricht für den Schlager, doch während sie die Einen begeistert, kehren sich Andere gänzlich vom Schlager ab. Es ist wohl die Mehrheit der Gesellschaft, die Schlagermusik für altbacken und unmodern hält – vor allem die junge Generation.
Auferstehung des Schlagers
Bis in den 2000ern Jahren Andrea Berg und Florian Silbereisen auf der Bühne stehen und wieder begeistern: mit Schlager- und Volksmusik. Das Schlagergenre hat sich in Deutschland wieder etabliert. Noch mehr sogar: Der Schlager erlebt gerade seinen zweiten Frühling! Schlagerkünstler rocken die Bühne, locken hunderttausende Fans zu ihren Konzerten und stürmen die vordersten Charts-Plätze.
Trotz Silbereisen und Co. hielt sich das gebrandmarkte Genre bis zur Jahrtausenderwende und darüber hinaus im Hintergrund. Bis Anfang 2013 plötzlich aus dem Nichts eine junge Powerfrau auf die Bühne tritt und auf der Bühne von „Deutschland sucht den Superstar“ ihren Song „Mein Herz“ trällert. Damit hat der Schlager den Musikberg endgültig wieder erklommen. Und zwar mir einer jungen Frau, die so gar nicht in das typische Bild eines Schlagerstars passt: Beatrice Egli ist smart, modern, frisch und fröhlich. Mit ganz viel Liebe und Herzschmerz sang sich die damals 24-Jährige während der finalen DSDS-Show in die Herzen der Menschen – und machte die Schlagermusik wieder salonfähig. Das altbackene Schlagerimage erlebt seine Auferstehung!
Das Mysterium um die Beliebtheit des Schlagers
Kaum ein Musikgenre ist so negativ konnotiert, wie die Schlagerbranche: Oft wird ihr nachgesagt sie sei veraltet und unmodern. Aber warum saß dieses Klischee in unseren Köpfen fest? Die Stichworte Zeitgeist und Zielgruppe sind ausschlaggebend. Zum einen glaubten wir, Schlager seien öde, weil sie wohl fast ausschließlich von Eltern- oder Großelterngeneration gehört wurden. Vor allem junge Leute wollen bekanntlich ausbrechen, ihren eigenen Ideen nachgehen und auf keinen Fall elterliche Vorlieben teilen. Das gilt für den Musikgeschmack gleichermaßen wie für viele andere Dinge im Leben.
Zum anderen waren Struktur und Melodie oft ähnlich: Liebe und heile Welt wurden thematisiert. Jedoch weniger spritzig oder rockig, eher sanft, melodisch, oft gleich. Vielleicht hatte das Schlagergenre auch deshalb den Ruf als eintönig und schwunglos weg.
Natürlich stehen diese Herzschmerz-Themen auf der Textliste der Songwriter auch heute noch ganz weit oben, jedoch in moderner Version.
Tanzbare Rhythmen und fetzige Sounds
Heutzutage singen sich Andreas Gabalier oder Helene Fischer erfolgreich durch die Charts. Wie selbstverständlich sind Schlager plötzlich wieder angesagt – nicht nur bei unserer Großelterngeneration! In den Diskotheken laufen die Hits rauf und runter: „Atemlos durch die Nacht“ singt Helene Fischer und Beatrice Egli fasziniert mit „Verrückt nach Dir“. Die Songs kommen vielleicht auch deshalb so gut an, weil sie tanzbare Rhythmen, fetzige Sounds und aktuelle Themen in einem Gesamtwerk vereinen, das besonders junge Leute anspricht.
Was gefällt euch besonders gut an Schlagermusik? Erzählt es uns hier!