„In Amerika jubelt man, wenn ein Kandidat 500.000 Dollar gewinnt. Gewinnt in Deutschland jemand 10.000 Mark, heißt es: Was, dieses Pickelgesicht?“ kommentierte Thomas Gottschalk einmal das oft als Neidgesellschaft geltende Deutschland. Egal ob es um den Verdienst oder den beruflichen Erfolg geht – der Einwand des Talkmasters scheint nicht unbegründet. Die US-amerikanische Popsängerin Taylor Swift beispielsweise wurde in diesem Jahr zur erfolgreichsten Musikerin 2014 gekürt – 1,287 Millionen Mal wurde Swifts Album „1989“ allein in den ersten sieben Tagen verkauft. Je erfolgreicher sie in den vergangenen Jahren wurde, umso stärker stiegen auch die Zahlen ihrer treuen Anhänger. Sie wird geliebt, verehrt, von Kollegen für ihren Erfolg respektiert, Negativschlagzeilen über die junge Sängerin oder böse Kommentare finden sich nur vereinzelt und bilden die Ausnahme.
Setzen wir dem doch in Deutschland einfach mal Helene Fischer gegenüber. Sie führte mit ihrem Album „Farbenspiel“ 2014 unangefochten die Verkaufszahlen an. Alleine 2013 bekam sie zahlreiche Gold- und Platinauszeichnungen, eine eigene TV-Show und konnte über 200.000 Menschen im Rahmen ihrer Konzerte begeistern. Man könnte sie also überspitzt als Taylor Swift der Deutschen bezeichnen. Doch was bringt ihr Erfolg mit sich? Neider und Negativschlagzeilen! Prominente Kollegen lästern öffentlich über sie, Fans lieben oder hassen sie. Sie wird als nervig, arrogant oder abgebrüht bezeichnet. Ein Reporter der taz veröffentlichte Anfang 2014 einen Artikel, in dem er ganz unverschnörkelt seine Abneigung gegen die Schlagerqueen öffentlich machte.
Und warum? Weil sie omnipräsent ist. Helene Fischer bleibt nicht nur dem gemeinen Fan vorbehalten, sie ist in der TV-Werbung zu sehen und lacht einem vom Tchibo-Ständer im Supermarkt entgegen. Kurzum: Um Helene Fischer kommt momentan so gut wie niemand herum in Deutschland. Die Omnipräsenz, die so viele Helene-Antis aber stört, ergibt sich wiederum aus ihrem Erfolg. Denn würde jemand eine Kräuterbutter kaufen, die von Günther Giese angepriesen wird? Günter wer? Ja eben!
Dasselbe Phänomen lässt sich nun auch bei VolksRock’n’Roller Andreas Gabalier beobachten. Zwar kann dieser noch lange nicht an den Erfolg von Helene anknüpfen, zum Glück für ihn muss man an dieser Stelle ja schon fast anmerken, doch bekommt auch er aktuell schon die volle mediale Breitseite und die einiger Frauenrechtlerinnen. Homophob sei er, rechtsradikal, frauenfeindlich – eigentlich gibt es kaum eine Unterstellung, die ihm in den vergangenen Monaten nicht gemacht wurde. Und das obwohl er, wie er selbst immer wieder beteuert, nie irgendwelche Äußerungen in diese Richtung gemacht hat und einfach nur öffentlich seine Meinung zu einigen Themen kundgegeben hat.
Tatsächlich hat es Andreas Gabalier gewagt, mit seinen mittlerweile fünf Studioalben doch ein paar Fans zu gewinnen und im vergangenen Jahr unter anderem 20.000 Zuschauer nach München zu seinem Open-Air-Konzert zu locken. Dann ist er jetzt auch noch das Gesicht der Buttermilch von Müller – und damit im TV. Und wann gab es die ersten Negativschlagzeilen über ihn? Ja, genau…
Doch was macht aus Helene Fischer eine Angriffsfläche und aus Taylor Swift eine Gottheit? Sind es Neid und Missgunst? Neid muss man sich ja bekanntlich erarbeiten – so gesehen haben Helene Fischer und Andreas Gabalier ganze Arbeit geleistet. Und müssen sie sich wirklich Sorgen machen aufgrund dieser Schlagzeilen, Unterstellungen und Anfeindungen? Solange es mehrere zehntausende Fans gibt, die auf ihre Konzerte gehen und ihre Platten die vorderen Plätze der Charts belegen, wohl nicht. Neid hin oder her: Noch gibt ihnen der Erfolg recht.