Die Fanfare schmettert, Käseigel und Eierlikör steht bereit: Gestern Abend fand in Kopenhagen der 59. Eurovision Song Contest statt. Im vergangenen Jahr hat die bezaubernde barfüßige Elfe, Emmelie de Forest, den Wettbewerb in ihre Heimat Dänemark geholt.
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Warum Elaiza keine Angst vor dem Eurovision Song Contest haben, erfahrt Ihr hier
Schnulzen und eine bärtige Dame
Jetzt treten in der dänischen Hauptstadt Künstler aus allen Ländern Europas und darüber hinaus gegeneinander an – der Favorit kommt dieses Jahr aus Armenien – eine gefühlvoll-schnulzige Ballade soll Arman MP3 den Sieg sichern. Gleich danach kommt Conchita Wurst, die mit Frauenkleidern, Bart und wunderschöner James-Bond-Melodie die Herzen für sich gewinnen will. Die Deutschen setzen hingegen, wie so oft, auf nette Jungs und Mädels von nebenan: Die Newcomer Elaiza sollen heute Abend unser Land mit Kontrabass und Akkordeon vertreten. Sie werden als Startnummer zwölf zu sehen sein.
Die Termine
Die Übertragung der ESC-Finalshow beginnt um 21 Uhr und wird live auf ARD und EinsPlus gesendet. Ab 20:15 Uhr wird Barbara Schöneberger die ESC-Fans live von der Hamburger Reeperbahn zum großen „Countdown für Kopenhagen“ empfangen. Der Eurovision Song Contest 2014 wird kurz nach Mitternacht beendet sein – dann geht es nochmal auf die Repperbahn zur großen Grand Prix Party. Auch Elaiza werden an diesem Event teilnehmen, wenn auch nur per Videoschalte. Hier werden wir als Erste erfahren, wie die Mädels ihr Debüt beim ESC erlebt haben.
- „Countdown für Kopenhagen“, 21:15 Uhr, ARD, EinsPlus
- „Eurovision Song Contest 2014 – Finale aus Kopenhagen“, 21:00 Uhr, ARD, EinsPlus
- „Eurovision Song Contest 2014 – Grand Prix Party“, 00:15, ARD, EinsFestival
Triumph mit Tränen in den Augen – Conchita gewinnt ESC
Bis zum Schluss war das Finale des Eurovision Song Contest ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Die Niederlande, Schweden, Österreich und Rumänien kämpften um jeden Punkt. Doch gegen Ende kristallisierte es sich heraus – Conchita wurde mit 52 Punkten Abstand zur Königin des Abends und Siegern des 59. Eurovision Song Contest gewählt.
Die große Finalshow beginnt wie in jedem Jahr mit fahneschwenkenden Kandidaten. Kopenhagen hat sich mit der Showarena in einige Umkosten und Schulden gestürzt, aber das Ergebnis ist beeindruckend: Ein geöffneter Würfel, auf den die verschiedensten Effekte projiziert werden können und dessen berührungsempfindlicher Boden es den Künstlern ermöglicht, durch ihre Bewegungen Formen und Muster darauf zu zeichnen.
Ukraine: Auch Vitali ist Fan
Maria Jaremtschuk aus der Ukraine ist mit ihrem Lied „Tick-Tock“ und ihren süßen Kulleraugen die erste Kandidatin des Abends. Ihr Lied ist nett und belanglos, aber ihr Auftritt im hochgeschlitzten Kleid und mit Hamsterrad auf der Bühne, kann sich dafür umso mehr sehen lassen. Außerdem hat Maria prominente Unterstützung: Vitali Klitschko rief dazu auf, für die Sängerin zu voten.
Belarus setzt mit Kandidaten Teo, dem während des ESC ein striktes Alkoholverbot von seiner Plattenfirma erteilt wurde, auf braven Boygroup-Pop und Aserbaidschan haben eine wilde Trapeznummer im Gepäck. Aserbaidschan ist seit Jahren vorne mit dabei und gewann 2010 den ESC in Oslo. Dieses Jahr fällt das Ergebnis trotz ihrer musikalisch anspruchsvollen Ballade ernüchternd aus: Sängerin Dilara Kazimova landet auf Platz 22.
Norwegen möchte dieses Jahr mit einer Ballade das Rennen machen: Carl Espen, der mit seinen Tattoos und handwerklichen Fähigkeiten durchaus zum Frauenschwarm taugt, singt mit großer Emphase „Silent Storm“. Der Beitrag landet am Ende immmerhin auf Platz fünf, kein schlechtes Ergebnis!
Conchita Wurst singt „Rise Like A Phoenix“ mit einer divenhaften Grandezza, die viele der anderen Balladen verblassen lässt. Der tosende Applaus scheint bereits direkt nach dem Auftritt darauf hinzudeuten, dass sie heute Abend den Sieg erringen wird.
Brüste, Trampolin und Eisprinzessin
Montenegro schickt Nicolas-Cage-Lookalike Sergej Ćetković mit einer – wie könnte es anders ein – Ballade ins Rennen. Bei der herrlich kitschigen Showeinlage des Montenegriners werden die Touch-Effekte des Bühnenbodens genutzt: Eine Eistänzerin auf Rollerskates malt mit ihren Schuhen Muster auf den Boden.
Polen hingegen setzt auf dicke Brüste. Im Vorfeld wurde ja vermutet, dass Cleo und Donatan ihre Performance etwas züchtiger präsentieren würden, aber weit gefehlt: Da wird lasziv auf dem Waschbrett geschrubbt und Mädchen mit tiefen Ausschnitten stampfen Butter mit gespreizten Beinen. Sie gelten mit ihrem Song „My Slowianie“ als eine der Favoriten in diesem Jahr, am Ende reicht es aber überraschenderweise nur für Platz neun. Dabei hatte das Lied im Vorfeld auf Youtube so viele Klicks, wie noch kein Musikvideo aus Polen je zuvor. Waren die etwa alle nur wegen der Brüste dort?
Spätestens mit dem griechischen Beitrag wird klar: Man hat sich in Kopenhagen dieses Jahr fest vorgenommen, sämtliche zündenden Beiträge in der ersten Halbzeit zu verfeuern. Was Freaky Fortune feat. Risky Kidd mit ihrer wilden Mischung aus Rap, Balkan-Beats und Techno präsentieren, mag zwar qualitativ nicht der hochwertigste Beitrag des Abends sein, die Trampolin-Performance macht das aber wieder wett. Diese Buben haben mindestens so viel Spaß bei ihrer Show, wie das Publikum.
Elaiza - schöner Song, schreckliche Klamotten
Elaizas Lied „Is It Right“ ist ein echter Ohrwurm, je öfter man die Folk-Pop-Nummer hört, desto schwerer wird man sie los. Mit Kontrabass und Akkordeon und den mit Abstand unmöglichsten Outfits des Abends stehen sie auf der Bühne. Sängerin Ela gibt sich Mühe und schließt das Lied mit einem langen, virtuosen Schlußton, der das Publikum wohl davon überzeugen soll, dass sie tatsächlich singen kann. Kein Problem, Ela, wir glauben dir – deinen Stylisten solltest Du allerdings auf die Straße setzen. Dieser Alptraum aus unförmigem Tüllrock zu Leggings mit wildgemustertem geblümten Jackett wird selbst von der Slowenin Tinkara Kovač nicht geschlagen, die an diesem Abend nicht nur mit Flöte, sondern auch in einem Albtraum in Blau auftritt. Am Ende reichte es nur für Platz 18.
Und der 26. Platz geht an...?
Was Frankreich dieses Jahr mit ihrem Lied „Moustache“ genau vorhaben, erschließt sich dem geneigten Zuschauer nicht so recht. Die Blödel-Nummer erweckt den Eindruck, dass die Franzosen, die in den letzten Jahren häufiger recht eigenartige Kandidaten ins Rennen schickten, den Contest nicht sonderlich ernst nehmen. Der Contest dankt mit einem 26. Platz und zwei Punkten.
Wurstpellen-Toga und güldener Lorbeerkranz
Spanien möchte mit einer Ballade punkten, die leider nicht besonders originell ist, aber immerhin hat die Sängerin Ruth Lorenzo passend zum Song „Dancing in The Rain“ klatschnasse Haare. Was sich die Italienerin Emma Marrone, die eigentlich einen starken Dance-Pop-Song mitbringt bei ihrem Outfit gedacht hat, ist ein Rätsel: Mit knapper Wurstpellen-Toga und güldenem Lorbeerkranz auf dem Kopf singt sie „La mia città“. Es wird zäh – eine Ballade folgt auf die nächste, einzig der hervorragende niederländische Beitrag, der sich im Finale ein Kopf an Kopf Rennen mit „Rise Like A Phoenix“ liefert, sticht angenehm heraus.
Die Auswertung: Schiefer Gesang, Grammatikfehler, wilde Outfits
Aber die Auswertungen entschädigen die Balladen-geplagten Zuschauer für die zweite Hälfte der Show: Nicht nur die Moderatoren mit ihren wilden Outfits, Grammatikfehlern – und jetzt nochmal alle: Singular goes, Plural go – und schiefen Gesangseinlagen sondern auch das enge Ergebnis. Conchita, die neue Kaiserin Österreichs, wie sie bereits genannt wird, geht mit 52 Punkten Vorsprung als Siegerin aus dem Rennen. Da fließen bei der bärtigen Lady tatsächlich ein paar Tränchen vor Rührung und das Publikum in der Halle tobt.
Ein verdienter Sieg für einen großen Auftritt und die Nachbarn wird’s freuen: Conchita ist die nach Udo Jürgens im Jahr 1966 wieder den ESC nach Österreich holt.