„Wenn ich mich so umsehe, darf ich mit Fug und Recht behaupten: Es war bis jetzt ein spannendes, aufregendes Leben“, kündigte Ralph Siegel seine erste Autobiografie an. Sein Leben im Taschenbuch? „ESC“-Erfolge, Musikentdeckungen und persönliche Bekenntnisse in einem labbrigen 300-Seiter? So nicht.
Ein Leben auf 480 Seiten
Ein 70-jähriges Leben auf 480 Seiten zusammenzufassen, scheint so schwierig wie über Jahrzehnte hinweg die deutsche Musiklandschaft zu prägen. Ralph Siegel ist beides gelungen. Lange haderte er mit sich, ob er seine Tiefschläge und Höhenflüge der Öffentlichkeit offenbaren sollte. Er wollte und jetzt ist „Ralph Siegel – Die Autobiografie“ robust, groß und vielseitig.
Die schmerzhafte Trennung von Kriemhild Maria Siegel, kleine kindliche Erinnerungen und ein Hadern mit Krankheit und Ernährung thematisiert der Produzent auch neben seinem weitläufigen Einsatz für die Musikwelt. Sein Buch ist keine Abrechnung, keine geschönte Erzählung, sondern viel mehr Etappenlauf irgendwo zwischen Lebensweisheit und Gefühl.
Spagat zwischen Lebensweisheit und Gefühl
Die Geschichte eines kleinen Jungens dessen Hose platzte wirkt ebenso authentisch wie die glimmende Leidenschaft für eine Diät, die er selbst als virtuelles Buffet bezeichnet. 40 Kilo nahm er ab – mit Freude, wie er nur zu gerne erklärt. Hummer, Fisch, Champagner und das vornehmste Gemüse ebneten den Weg zu seiner schlankeren Linie. Eine edlere Aufstellung der angesagten Low-Carb-Ernährung.
Hummer, Fisch, Champagner? In jeder Zeile seines Werks ist dem Produzenten bewusst, dass dieser Luxus keine Selbstverständlichkeit ist. Ein flammendes Plädoyer hält der Münchner für die Nachwuchs-Autoren, um deren Zukunft er bangt. Ralph Siegel ist kein Platzhirsch – im Gegenteil: Seinen Erfolg stellt er heute aufgrund der veränderten Radiolandschaft in Frage.
Ralph Siegel fordert mehr deutsche Musik. Hier gibt es sie rund um die Uhr
Kleine Abstecher in die Biografie
Von vorne nach hinten lesen, ist hier übrigens kein Muss: Das Buch ist so übersichtlich und trennscharf gegliedert, dass es ähnlich einem Lexikon, möglich wird, sich über besondere Etappen besonders gut zu informieren. Dies ist jedoch die einzige Stelle, an der das Buch den Charme eines Lexikons versprüht. Viel mehr ist das Werk empathisch, persönlich und eben ganz nah an Ralph Siegel.
