Wir treffen einen gut gelaunten Peter Kraus zum Interview in München an. Trotz eines langen Pressetages und schönstem Wetter draußen, begrüßt uns die Rock’n’Roll-Legende auch am späten Nachmittag mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. München, das ist die Stadt, in der Peter Kraus am 18. März 1939 das Licht der Welt erblickte. Mittlerweile wohnt der Sänger mit seiner Frau Ingrid in einem renovierten Bauernhaus in der Steiermark und auch in der Schweiz, doch sein Herz hängt nicht nur an einem Ort: „Ich bin in München geboren, in Österreich zur Schule gegangen, in der Schweiz lebe ich - ich fühle mich als österreichischer Deutsch-Schweizer“, erklärt uns der Sänger und lacht.
Das neue Album
So offen und flexibel wie gegenüber seinen Wohnorten, so offen und flexibel ist „der deutsche Elvis“ auch gegenüber der Musik. Sein neues Album „Zeitensprung“, das am 21. März erscheint, spiegelt genau diesen Facettenreichtum des Leinwand- und Musikstars, oder wie er sich selbst bezeichnet „Unterhaltungskünstlers“, wieder. Doch was genau bedeutet eigentlich der Begriff „Zeitensprung“?
„Das Album heißt Zeitensprung, weil wir mit Hits der Jetztzeit, mit aktuellen Songs, oder mit Hits von Leuten, die ich sehr schätze wie Udo Lindenberg, Helene Fischer, Tim Bendzko und so weiter, in eine andere Zeit springen, nämlich in meine Zeit, als es los ging mit der Schubiduwap-Musik“, so der Kult-Sänger. Auf dem Album zu finden sind Coverversionen aktueller Hits wie „Lila Wolken“ von Marteria oder „Hamma!“ von Culcha Candela, genauso wie von Klassikern „Ein Herz kann man nicht reparieren“ von Udo Lindenberg und „Verlieben, verloren, vergessen, verzeih’n“, von Wolle Petry.
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Alles nur geklaut bei Heino?
Aber alle Lieder seien keine reinen Cover, betont Peter Kraus uns gegenüber und dann greift er einer Frage vor, die natürlich sofort in den Sinn kommt, wenn man momentan von Coverversionen spricht: „Wir haben die Songs nicht rein gecovert, so wie Heino, die Frage kommt bestimmt gleich und ich greife der mal vor“, fügt der Sänger schmunzelnd hinzu und wir müssen lachen. „Das ist eine super Sache die Heino gemacht hat und es war auch erfolgreich, aber das ist mehr oder weniger ein reines Cover. Und wir sind noch einen Schritt weiter gegangen, wir haben die Rhythmik, und auch die Harmonisierung, das Arrangement, verändert“, weiß der Kult-Sänger seinen Kollegen zu schätzen.
Von der Idee zur CD
Die Produzenten des Albums „Zeitensprung“, von denen auch die Idee stammte, seien dieselben, die auch schon Alben mit den Baseballs produziert hätten. Sie hätten also eine Menge Erfahrung in diesem Bereich, wie uns Peter Kraus weiter erklärt. Sie hätten die Idee gehabt, das mit den Baseballs auch auf Deutsch zu versuchen und dabei hätten sie direkt an einen Namen gedacht: „Hey, da gibt’s doch noch einen, da lebt doch noch einer – der Peter Kraus“, klärt uns der Sänger mit einer großen Portion Selbstironie über die Entstehung der neuen CD auf: „Und mir kam die Idee gerade unheimlich recht. Rückblickend war das eine meiner schönsten Arbeiten.“
Welche Titel es letztendlich auf das Album schafften, das hatte zum einen persönlichen Bezug, zum anderen etwas mit musikalischen Feinheiten wie Rhythmik und Harmonisierung zu tun. „Bei unserem ersten Treffen war die Idee, reine Popsongs der letzten Zeit zu machen und das war „Hammer“ von Culcha Candela und „Lila Wolken“ von Marteria und dann war ich schon ein bisschen am Zweifeln, weil ich gedacht habe, bei den Nummern gibt’s ja nur wenig zu Singen, wenig Melodie, was soll ich da machen? Und dadurch kamen wir dann darauf zu sagen, okay, lasst uns doch lieber eine große Palette machen. Mein Vorschlag war dann, dass ich gerne eine Anerkennung gegenüber Leuten hätte, die ich schätze, wie Udo Lindenberg, oder auch die Prinzen, die A cappella-Musik gemacht haben, was ungewöhnliches, womit sie dann Geschichte geschrieben haben.“ Und so kam es dann auch zu der großen Palette an Musik, wie sie jetzt auf dem Album zu finden ist.
Die Karriere
Doch wer hätte wohl vor rund 60 Jahren geglaubt, Peter Kraus stehe auch mit fast 75 Jahren noch auf der Bühne und performe seine Rock’n’Roll-Klassiker wie „Tutti Frutti“ , oder er nehme gar neue Songs in diesem Stil auf? Zur damaligen Zeit undenkbar. Galt Rock’n’Roll doch als verschrien und war nicht gerne gesehen. Zumindest Peter Kraus selbst hatte wohl nicht mit diesem Ausmaß des Erfolges gerechnet „Und dann kam der Rock’n’Roll. Es hat ja niemand geahnt, dass das so funktioniert, es sollte eigentlich nur Spaß sein“. Doch dass er Musiker, Schauspieler, Entertainer werden wollte, das war eigentlich schon früh klar: „Ich war praktisch dazu verdonnert diesen Berufsweg einzuschlagen. Ich habe meine Hausaufgaben im Theater gemacht, während die Schauspieler geprobt haben.“
Warum er so erfolgreich wurde? Dafür gibt es wohl kein Patentrezept. Doch eines wird deutlich im Interview mit der Legende Peter Kraus, er macht die Dinge nicht um Spaß daran zu haben, sondern er lebt den Spaß durch alles was er tut aus und blickt lieber nach vorne, als sich zulange mit dem Grübeln über das Warum aufzuhalten: „Das große Problem an unserem Job ist, dass die Künstler denken, das Publikum merke nicht, wenn man keinen Spaß an der Arbeit hat. Und das Publikum merkt das bewusst nicht, aber unbewusst schon. Es gab eine Zeit, da habe ich reinen Schlager gesungen und das hat nie so funktioniert. Rückblickend weiß ich, dass es wahrscheinlich daran lag, dass es mir keinen Spaß gemacht hat.“
Für immer jung?
Vielleicht ist der Spaß am Leben auch das Geheimrezept, um noch immer so jung und so fit auszusehen, wie der 74-Jährige es tut. Von einem Heilmittel gegen das Altern oder einer Wundercrème hat er jedenfalls auch noch nichts gehört. Seine Tipps sind hingegen ganz simpel: „Man sollte einfach die Zeit nutzen. Zähneputzen ist zum Beispiel vergeudete Zeit, da kann man nebenbei auf einem Bein stehen, Kniebeugen machen oder mit den Fersen wippen, man kann immer die Zeit nutzen. Ich habe keinen festen Plan. Ich bewundere die Leute, die bei Hagel und Regen joggen gehen, sollen sie’s machen – ich mach’s nicht.“ Da erscheint der Rock’n’Roll-Lebensstil wie man ihn sich heute so vorstellt allerdings nicht unbedingt förderlich für die Gesundheit.
Wir wollen von Peter Kraus wissen, was denn genau für ihn Rock’n’Roll überhaupt bedeutet, war das für ihn die Musik, oder eine Lebenseinstellung? „ Rock’n’Roll bedeutete für mich darüber nachzudenken was man will, wo man hin will, selbst zu entscheiden und auch ruhig mal Nein gegenüber den Eltern zu sagen und auch mal Contra zu geben. Es war wie eine kleine Revolution die da stattfand, die heute sehr winzig klingt, aber für damalige Verhältnisse gar nicht klein war. Zu wissen was man will und aber auch zu wissen, wann es genug ist, das ist Rock’n’Roll.“
Ein Leben neben der Musik
Peter Kraus, das ist nicht der Mann hinter der Musik, sondern der Mann in der Musik. Diesen Eindruck vermittelt der Sänger, wenn man seinen Erzählungen zuhört. Ein Leben ohne Musik, das scheint undenkbar. Abschalten, so wie es andere nach der Arbeit beim Sport vielleicht tun, das gibt es bei ihm nicht, das würde sicher auch seine Frau antworten, würde man sie fragen: „Ich bin nicht so der große Abschalter. Ich bin eigentlich immer am Denken. Das ist auch ein Grund, warum ich gesagt habe, dass ich größere Dinge, wie eine Tournee, nicht unbedingt machen muss. Wenn ich mit meiner Frau im Oldtimer sitze und irgendwo hinfahre und sie sagt: 'Schau doch mal wie schön der Berg ist' und ich antworte 'Weißt du, aber am Schluss der Show singe ich doch lieber dieses Lied'. Da fragt man sich doch, wie man darauf kommt. Also wenn ich spazieren fahre und sie von Bergen redet und ich von der Show, dann stimmt was nicht. Man steckt ja immer in der Materie“, erzählt uns Peter Kraus und muss ein wenig über sich selbst schmunzeln.
Die letzte Tour?
Es macht nicht den Eindruck, als könne Peter Kraus so richtig aus seiner musikalischen Haut, das wollen auch vor allem die Fans des Kult-Sängers sicher nicht. Und dennoch wird die Tour mit Namen „Das Beste kommt zum Schluss“ auf die er im Herbst dieses Jahres geht, wohl auch seine letzte sein. Musikalischer Ruhestand etwa? Unwahrscheinlich, gibt er uns doch folgende Antwort auf die Frage: „Ja, das ist die letzte Tour, aber ich habe nie gesagt wie lange sie sein wird. Die könnte ja länger gehen, die Tour…Was danach kommt? Ja, da wird bestimmt noch was kommen, weil dieses Projekt, dieses Album ist ja so gestaltet, dass man es weiterführen könnte. Ich fantasiere schon was man machen könnte, zum Beispiel gemeinsame Konzerte mit den eigentlichen Sängern der Hits, oder einen gemeinsamen Song aufnehmen, oder die nächste Welle von Hits aufnehmen. Die Welt steht offen.“
SchlagerPlanet würde es in jedem Fall freuen, noch viel über einen der wohl größten „Unterhaltungskünstler“ Deutschlands und eine Legende, die eine ganze Generation Rock’n’Roll geprägt hat zu hören und zu schreiben. Gerne auch mal wieder anlässlich eines so interessanten, lustigen und sympathischen Interviews.
Und Peter Kraus? Der möchte auf diesem Weg auch noch besondere Grüße an alle seine Fans richten: „Natürlich einen schönen Gruß an die SchlagerPlanet-Leser. Danke für die Unterstützung und dass ihr immer hinter mir steht. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft noch so erfolgreich mit uns weitergeht.“