Sie war bei Testkonzerten, bei Plattenpräsentationen in Hamburg, in Udo Jürgens Wohnung in Zürich, hat den Probenbeginn bei Tourneen begleitet, war mit Udo Jürgens am Wörtersee, sie hat mit seinem Bruder und seiner Frau gesprochen und hat Udo Jürgens‘ Kinder kennengelernt – nur wenige Journalisten haben Udo Jürgens so lang und intensiv begleitet wie Lisbeth Bischoff. Anlässlich des 75. Geburtstags des Entertainers schrieb sie aus diesem Interviewschatz die Udo Jürgens Biografie „Merci“, die sie mit Zeitungsausschnitten ergänzte. Jetzt erscheint die aktualisierte Udo Jürgens Biografie im Handel.
Schwerer Schock
Kurz vor Weihnachten traf auch sie die Nachricht von dem überraschenden Tod von Udo Jürgens: „In einer Nacht- und Nebelaktion habe ich das Buch aktualisiert, habe die ganzen Erfolge und Zahlen aktualisiert und ein weiteres Kapitel hinzugefügt.“
Von Kindheit an
Schon als Kind war die Autorin ein Fan des Sängers: „Ich habe immer die Hitparade des Deutschlandfunks gehört und dort ist er mir aufgefallen. Mein Zimmer war voll mit Plakaten von Udo Jürgens. Ich hatte alle seine Platten.“ An das erste Treffen mit dem damals jungen Sänger kann sich seine spätere Biografin noch genau erinnern. In ihrer Heimatstadt Dornbirn gab Udo Jürgens 1969 ein Konzert. Sie schwänzte extra die Schule, um ihrem Star zu treffen. „Ich habe mit Freundinnen drei Stunden vor dem Luxus-Hotel der Stadt gewartet. Dann kam er endlich im roten Sportwagen mit einem karierten Sakko und hat uns eine Cola spendiert“, schwärmt die Journalistin noch nach so vielen Jahren.
Die Hymnen des Vollblutmusikers
Diesen Moment hat Lisbeth Bischoff bis heute nicht vergessen. Seitdem hat sie ihn über 40-mal getroffen und interviewt. Aber gerade durch die Nähe zu Udo Jürgens war es besonders schwer die Biografie zu schreiben: „Es ist schwer als Fan eine Biografie zu schreiben“, sagt die Journalistin selbstkritisch. „Udo Jürgens war Vollblutmusiker. Er hat Komposition studiert. Neben seiner fundierten Ausbildung war er ein hervorragender Klavierspieler. Er hatte ein Gespür für Melodien, die ins Ohr gingen. Viele Lieder, die er geschrieben hat, sind Hymnen geworden – die Menschen können seine Lieder mitsingen. Selbst im Ausland waren die Melodien ein Erfolg, auch wenn die Menschen den Text dort nicht verstanden haben“, resümiert der Udo-Jürgens-Fan in ihr. Wer die Texte aber verstanden hat, konnte erkennen, dass in den Udo Jürgens Lyrics offen Probleme angesprochen wurden: „Da hat Udo Jürgens viel Mut bewiesen und umso älter er wurde, desto mutiger wurde er. Auch dadurch hat er immer mehrere Generationen angesprochen – auch schon früher. Die Texte haben immer Gültigkeit.“
Daneben sieht Lisbeth Bischoff einen weiteren Grund für seinen Erfolg. Für sie ist Udo Jürgens in all den Jahren seiner Karriere ein bodenständiger Mensch geblieben: „Er hat sich auch beim letzten Konzert in der Stadthalle bedankt. Er hat den Kontakt zu den Fans gepflegt und sich Zeit für seine Fans genommen. Er wusste, dass er ohne Fans nicht existieren kann.“
Die andere Seite
Dennoch kommen in dem Buch über Udo Jürgens auch kritische Töne zu Wort: „In der Biografie habe ich versucht objektiv zu sein. Ich habe auch seine negativen Seiten gesehen.“ Dabei hebt Lisbeth Bischoff besonders die gespaltene Persönlichkeit von Udo Jürgens hervor: „Er war ein Profi auf der Bühne. Ich hatte aber das Gefühl, dass er manchmal von den Anforderungen der kommerziellen Seite des Showgeschäfts überfordert war. Zwei Mal war er sehr launisch und hat mich das spüren lassen.“ Das vielfach herangezogene Bild des Frauenhelden relativiert die Journalistin aber: „Er hatte viele Frauengeschichten, aber ich glaube nicht, dass er es so gelebt hat, wie es in der Presse stand. Das war ein Image, dass das Management forciert hat.“
Aus dem Leben gerissen
Der Tod des Sängers und Komponisten ist auch ein Einschnitt für seine Biografin Lisbeth Bischoff: „Ich arbeite nun über so viele Jahre als Journalistin und Udo war mein ständiger Begleiter. Mit seinem Tod stirbt auch ein Teil von mir weg.“
Udo Jürgens wird auf dem Wiener Zentralfriedhof ein Ehrengrab erhalten. Zuvor können die Menschen im Wiener Rathaus, wo die Urne zwei Tage zu sehen sein wird, dem Künstler die letzte Ehre erweisen und sich in ein Kondolenzbuch eintragen. „Ich bin überrascht, dass er in Wien beigesetzt wird. Ich dachte, dass er entweder in seiner Heimat Klagenfurt oder in Zürich bestattet wird, aber es ist eine Ehre am Zentralfriedhof beerdigt zu werden. Es ist auch gerechtfertigt und er war ein großer Österreicher. Doch was wirklich von ihm bleibt, ist seine Musik“, so seine Biografin Lisbeth Bischoff.