Nicole im Interview: „Es gibt solche Lieder für die Ewigkeit“
Im Interview mit SchlagerPlanet erzählt Nicole über die Entstehung ihres ESC-Albums „12 Punkte!“, wie es zum Duett mit Hape Kerkeling kam und was sie heute über den Song denkt, mit dem sie selbst den ESC vor 35 Jahren gewann.
Nicole und der ESC – eine legendäre Verbindung. 1982 gewann die damals 17-Jährige Nicole den Eurovision Song Contest – damals noch als Grand Prix Eurovision de la Chanson bekannt – mit ihrem Lied „Ein bisschen Frieden“. Ein Lied, das Geschichte schrieb. Denn zum ersten Mal überhaupt, gewann mit Nicole eine deutsche Teilnehmerin den Preis. 35 Jahre ist dies nun her – und bis heute kennt hierzulande jedes Kind das Friedenslied, mit dem Nicole bis heute Millionen Menschen rührt.
Jetzt kehrt Nicole zurück zum ESC – jedenfalls ein bisschen. Am 14. April erschien mit „12 Punkte!“ das neue Album der 52-Jährigen, auf dem sie ihre liebsten ESC-Siegertitel versammelt. SchlagerPlanet traf Nicole zum Interview:
SchlagerPlanet: Wie kam es zu der Idee ein ESC-Album aufzunehmen?
Nicole: Ich werde ja oft gefragt, ob ich noch einmal beim ESC mitmachen würde. Darauf habe ich gesagt: Eigentlich nicht, das Einzige, was ich mir vorstellen könnte, wäre alle Eurovisions-Sieger zusammen auf die Bühne zu bringen und wir nennen uns dann „Eurovision-All-Stars“. Das war so ein Gag von mir. Denn alle Grand-Prix-Sieger würde man nicht unter einen Hut bekommen. Dann sagte jemand im Gespräch: Ja, dann mach's halt selber. Und das war die zündende Idee. So bin ich darauf gekommen, 13 Siegerlieder auszusuchen, die mir persönlich sehr gut gefallen und von denen ich denke, dass sie auch dem Publikum am ehesten im Gedächtnis geblieben sind. Für mich sind es die besten Siegerlieder in der Geschichte des ESC. Und es hat mich immer schon interessiert, wie „What's another Year“ oder „Waterloo“ mit meiner Stimme geklungen hätten. Dann war die Idee geboren, ich bin ins Studio gegangen, für „Euphoria“ und „Teardrops“ habe ich noch einen deutschen Text geschrieben, und dann war die Sache perfekt.
Die besten Lieder in der Geschichte des ESC
SchlagerPlanet: Wie hast Du die Titel ausgewählt? War da ganz Dein eigener, persönlicher Geschmack ausschlaggebend?
Nicole: Ja, ich würde auch nie einen Titel singen, der mir nicht gefällt, selbst wenn er zehnmal so erfolgreich wäre. Das geht nicht. Seelisch muss das ja auch passen. Ich bin alle Titel durchgegangen und wenn es bei mir sofort klick gemacht hat, oder ich gezuckt habe, dann habe ich den einen rot angestrichen. Es gibt ja auch Siegertitel, die kennt man gar nicht mehr. Die haben keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber bei denen, die ich ausgesucht habe, hat es bei mir sofort gekribbelt, da hat sofort die Alarmglocke angeschlagen. „Insieme“ und „Merci, Chérie“ waren einfach toll, „Save your Kisses for me“ war glaube ich die erfolgreichste Grand-Prix-Platte überhaupt, oder „Ding-a-Dong“ und „Hallelujah“. Das sind alles Lieder, an die man sich spontan erinnert.
SchlagerPlanet: Es gibt ja auch zwei Duette auf dem Album, eines mit den Olsen Brothers und eines mit Hape Kerkeling. Kannst Du erzählen, wie es zu diesen beiden Zusammenarbeiten gekommen ist?
Nicole: Hape ist ein bekennender Grand-Prix-Fan, er brennt für den ESC. Dazu spricht er ein sehr gutes italienisch. Als er von der Idee gehört hat, ist er auf mich zugekommen und wollte wahnsinnig gerne mitmachen. Und wir haben gesagt: Wunderbar, besser geht’s doch nicht. Dann haben wir uns „Insieme“ ausgesucht, in der originalen italienischen Sprache. Es ist der Brüller geworden. Wir haben das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht gekriegt. Hape ist halt schon eine Hausnummer. Ich liebe ihn einfach, er ist so besonders in jeder Hinsicht. Ein richtig toller Typ! Und singen kann er auch noch.
SchlagerPlanet: Ein feuriges Lied, das ihr Euch da ausgesucht habt.
Nicole: Ja, und man hört auch die Leidenschaft. Hape ist kein Pavarotti, aber er ist ein wahnsinnig guter Interpret. Er ist ja auch Schauspieler und die können sehr gut Texte verkaufen. Hape lebt diesen Song, das spürt man. Dann ist es egal, welche Stimmfarbe du hast, oder ob du ein Timbre hast. Er singt den Song nicht nur herunter, sondern interpretiert ihn – und das hört man.
SchlagerPlanet: Dann gibt es ja noch ein Duett mit den Olsen Brothers. Wie kam es dazu?
Nicole: Ich kenne die Olsens schon über zehn Jahre. Ich habe für ihr Jubiläums-Album bereits ein Duett mit ihnen aufgenommen, und da war es für sie selbstverständlich, mit mir die Retourkutsche zu machen. (lacht) Wir waren auch vor zwei Jahren gemeinsam in der Sendung der BBC, als der ESC 60 Jahre alt wurde. Das sind echte Freunde geworden im Laufe der Jahre. Wann immer wir uns treffen, ist das „Hallo!“ natürlich groß und dann gibt es eine heftige Umarmung. Grand-Prix-Sieger erkennen sich am Gang, die gehen sofort aufeinander zu. Das ist ein ganz eigenes Völkchen. Beim diesjährigen Vorentscheid in Köln war auch Ruslana dabei, die 2004 den ESC für die Ukraine gewann. Ich habe sie vorher noch nie gesehen, aber wir sind aufeinander zu und haben uns umarmt, als ob wir uns schon ewig kennen. So ging es mir auch mit Björn Ulvaeus von ABBA. Wir haben uns bis vor zwei Jahren noch nie getroffen, bis wir zur Verleihung des Karlspreises in Aachen eingeladen wurden, als Vertreter des ESC. An der Rezeption treffen wir uns zufällig, rufen „Ah, Nicole!“ und „Ah, Björn!“ und sind uns um den Hals gefallen. Das war toll!
ESC 2017 in Kiew: Wie stehen die Chancen?
SchlagerPlanet: Am 13. Mai findet der ESC in Kiew statt. Was meinst Du, welche Chancen hat Levina mit „Perfect Life“?
Nicole: Schwer zu sagen. Ich kenne ja die anderen Titel nicht. Und es kommt immer auf die Tagesform an und die Umsetzung auf der Bühne. Ich kann da schlecht ein Urteil abgeben. Das kann ich an dem Abend selber, wenn alle aufgetreten sind. Dann kann ich eine Prognose geben. Vorher ist es äußerst schwierig.
SchlagerPlanet: Du hattest kürzlich erwähnt, dass Du wieder Lust hättest, beim ESC mitzumachen?
Nicole: Mitmachen, aber nicht in der Form, dass ich als Sängerin mein Land vertrete. Das habe ich ja schon mal gemacht. Aber ich habe davon gesprochen, dass ich mir vorstellen könnte mich wieder etwas mehr in das Thema einzubringen. Wenn sich jemand mit dem Grand-Prix auskennt, bin ich eine der Wenigen, die dazu berechtigt ist über das Thema mitzureden oder mitzuentscheiden. Es gibt ja auch eine Jury, da könnte ich mir vorstellen, dass ich mich da mit einbringen kann.
SchlagerPlanet: Warum hast Du keine Lust, nochmal als Sängerin anzutreten?
Nicole: Ich kann mich nicht verbessern. (lacht) „Ein bisschen Frieden“ ist so einzigartig gewesen. Das ist nicht zu toppen. Es gibt solche Lieder für die Ewigkeit. Es ist einer der wenigen Titel, die ja auch von einem ESC-Komitee für das 60. Jubiläum im Apollo Theatre ausgewählt wurden. Das war ein sehr elitärer Kreis. Von 60 Siegern haben sie 14 eingeladen. Das ist wie ein Ritterschlag der BBC, wenn man zur Primetime im Apollo Theatre mit Orchester auftreten darf. Es sind auch wirklich extraordinäre Künstler dabei gewesen, wie Johnny Logan, Lordi, Brotherhood of Men, Loreen, Emmelie de Forest und die Olsen Brothers. Was da los war an dem Abend, das kann man sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen.
SchlagerPlanet: Kannst Du „Ein bisschen Frieden“ immer noch singen?
Nicole: Selbstverständlich! Manche Lieder sind ein Fluch, manche ein Segen. „Ein bisschen Frieden“ ist definitiv ein Segen. Der Text hat bis heute nichts an seiner Aktualität verloren. Im Gegenteil. Solange es da draußen Kriege gibt und böse Menschen, die Anschläge machen und Terror verbreiten – in den letzten Monaten so schlimm wie noch nie, wie ich finde – da rückt dieses Lied natürlich noch einmal weit in den Vordergrund. Und wann immer ich es anstimme, da passiert etwas im Publikum. Du kannst vor 100 Leuten singen, oder vor 10.000, das Lied spricht den Menschen aus den Herzen. Jeder wünscht sich einfach Frieden auf der Welt und kein Mensch will diesen Terror. Wenn das Lied beginnt, machen alle ihre Handy-Lämpchen an – früher waren es Feuerzeuge – und schwenken dieses Licht. Und dann stehst du auf der Bühne vor diesem Lichtermeer und kriegst immer noch Pipi ins Auge. Die Leute fassen sich an die Hand und in dem Moment sind wir alle eins. Und dieses Gefühl auf der Bühne zu erleben, immer wieder, da werde ich nicht müde, dieses Lied zu singen. Das ist ja wie Seelenmassage. Deshalb ist auf dem Album „Ein bisschen Frieden“ ebenfalls mit dabei.
SchlagerPlanet: Hast Du das Lied neu arrangiert oder sonstwie verändert?
Nicole: Ja, ich habe es nochmal neu eingesungen. So wie alle Titel. „Merci, Chérie“ ist aus den 60ern, das musst du heute anders arrangieren, mit heutigem Sound. Und ich habe ja mit den Brüdern Koppehele die besten Soundtüftler überhaupt in Europa. Die beiden waren sofort Feuer und Flamme für das Projekt. Bei „Ding-a-Dong“ im neuen Sound hält einen nichts mehr auf dem Po, du musst einfach aufstehen und mittanzen. Ein gutes Lied bleibt ein gutes Lied. Es funktioniert auch, wenn du es nach 60 Jahren noch einmal neu aufnimmst. Wenn der Song gut ist, ist es wurscht, wie er damals geklungen hat, es wird wieder funktionieren.
Nicoles 35-jähriges ESC-Jubiläum
SchlagerPlanet: Planst Du etwas zum 35-jährigen Jubiläum Deines ESC-Sieges?
Nicole: Eigentlich nicht. Für mich ist das neue Album dieses Jubiläum. Meine 35 Jahre Grand-Prix-Geschichte habe ich ja auch zum Anlass genommen, das Album jetzt zu veröffentlichen. Eine Tournee ist bis jetzt nicht geplant. Es ist einfach ein außergewöhnliches Album, das jetzt mal stattfindet.
SchlagerPlanet: Wenn du zurückblickst auf die letzten 35 Jahre, würdest Du etwas anders machen?
Nicole: Nein. Je ne regrette rien. Nix.
SchlagerPlanet: Bist Du in diesem Jahr beim ESC dabei?
Nicole: Ich werde am 13. Mai in Hamburg auf der Reeperbahn mit einem Medley der ESC-Titel von dem Album auftreten. Ansonsten denke ich schon an das nächste Album und sammle Ideen.
SchlagerPlanet: Liebe Nicole, wir danken Dir für das Gespräch!
Nicole kehrt mit „12 Punkte!“ zurück zum ESC
Nicole lässt auf ihrem neuen Album „12 Punkte!“ den Glanz des Eurovision Song Contest wieder aufleben und versammelt ihre liebsten Siegertitel aus über 60 Jahren ESC-Geschichte.