Mit seinem neuen Album „Eine Nacht in Venedig“ meldete sich André Rieu am 31. Oktober 2014 in der Musikwelt zurück. Der dirigierende Violinist tritt regelmäßig vor internationalem Publikum auf und verleiht der klassischen Musik so immer wieder einen eigenen und moderneren Touch. Im SchlagerPlanet-Interview verrät André Rieu, warum gerade Klassik die Menschen seit Jahrhunderten begeistert und was es mit seinem aktuellen Album auf sich hat.
Romantiker durch und durch
Pünktlich zur winterlichen Kuschelzeit erfreut André Rieu die Herzen der Klassik-Begeisterten mit einem neuen Album. „Eine Nacht in Venedig“ legt, unschwer zu erkennen, den Fokus auf das Italienische. Das hat einen Grund: Nämlich „weil Italien, und vor allem Venedig, der Inbegriff von Romantik sind,“ so sieht dies zumindest der Künstler selbst.
Neben zahlreichen bekannten Melodien aus „bella Italia“ gibt es auf der Platte auch drei eigene Kompositionen des Künstlers: „‚Love in Venice‘, ‚Bella Tarantella‘ und ‚La Gondola‘ sind alle Venedig gewidmet.“ Es habe ihm viel Spaß gemacht, zusammen mit Frank Steijns, die Stücke zu schreiben.
Jeder dieser Titel hat einen besonderen Bezug und ein spezifisches Aussehen. „In ‚Bella Tarantella‘ haben wir ein altes niederländisches Volkslied verarbeitet, ‚La Gondola‘ ist ein Walzer“, erklärt Rieu, doch das dritte der drei Kompositionen bekommt ein seltenes Attribut beigestellt: „‚Love in Venice‘ ist das romantischste, das ich je komponiert habe – sagt meine Frau.“
Die Inspiration für seine Nummern liegt tief in seinem Inneren: „Das ist mein Herz, das mir sagt, wie ich es spielen soll. Ich höre etwas und merke sofort, ob es auf der Bühne funktionieren wird oder nicht. Rational ist das nicht zu erklären.“ Mit dieser Grundidee geht Rieu an die Dinge heran und dreht noch ein wenig an den Knöpfen, die die Lieder dann zu seinem Eigenen machen. „Dann verändere ich ab und zu etwas. Vielleicht das Tempo, oder ich nehme einen Chor dazu. Was ich nie tun würde, wäre, einen Popbeat unter die Musik zu legen. Die Stücke müssen in ihrem Wesen so bleiben, wie sie sind.“
Klassische Musik – ein Phänomen
Dass nach hunderten von Jahren klassische Musik noch immer Menschen fasziniert und in Neuinterpretationen wie denen von André Rieu Publikum unterschiedlichster Generationen und Nationen in den Bann zieht, ist für den Geigenspieler aus Maastricht selbstverständlich. „Klassische Musik ist zeitlos und international. Und sie berührt die Menschen. Werke von Mozart, Beethoven und Strauss wird man hoffentlich in 1000 Jahren noch hören. Diese Musik ist keiner Mode unterworfen, und das macht sie so stark.“
Kein Wunder also, dass die Fangemeinde des Violinen-Virtuosen, der ein Orchester führt, ohne es mit Taktstock zu dirigieren, stetig wächst. Auch international ist André Rieu gefragt. Doch das Publikum unterscheidet sich von Land zu Land, erklärt André Rieu SchlagerPlanet. „In Deutschland kennt man uns am besten, hier sind wir quasi zu Hause, das Publikum ist sehr treu und über die Jahre mit uns gewachsen.“
In Süd- und Mittelamerika sieht der typische Zuhörer etwas anders aus, meint der Künstler: „Die Mexikaner und Brasilianer sind meistens etwas temperamentvoller und im Schnitt jünger. Ich habe 1,4 Millionen Facebook Fans, die meisten aus Südamerika. Die australischen, englischen und irischen Fans reisen sehr viel und kommen auch zu unseren Konzerten nach Wien, Salzburg oder Maastricht.“
Ein ganz besonderes Publikum aber findet sich laut dem Musiker im Land der aufgehenden Sonne: „Die Japaner tauen erst bei den Zugaben so richtig auf, dann aber geht da die Post ab, haha!“
Die Tourneen von André Rieu fallen bei solch internationaler Reichweite auch etwas größer aus: „Wir spielen pro Jahr ungefähr 100 Konzerte auf rund vier Kontinenten, und das Johann Strauss Orchester ist das größte private Orchester der Welt. Immer ein Jahr lang, also eine Welttournee, ist das Programm ähnlich. Da sind die gleichen Gaststars dabei. Dann stelle ich ein neues Programm zusammen, welches immer zuerst im Januar in Deutschland gespielt wird.“
Im nächsten Jahr steht natürlich auch die Tour unter dem italienischen Stern: *„Für 2015 gibt es einen italienischen Schwerpunkt mit ganz bekannten Melodien aus Italien, die Comedian Harmonists sind dabei und singen Musik der 20er und 30er Jahre. Außerdem spielen wir Walzer, Filmmusik und Werke aus Operetten und Schlager, natürlich.“
Generell kommt bei André Rieu nicht nur Klassik auf die Bühne: „In meinen Konzerten spielen wir nicht nur Klassik. In Brasilien haben wir ‚Ai Se Eu Ti pego‘ von Michel Télo gespielt, Jermaine Jackson war 2013 mit uns in Maastricht und hat ‚Smile‘ und ‚When the rain begins to fall‘ gesungen und Rocco Granata in diesem Jahr ‚Marina‘. Also es ist immer ein ganz buntes Potpourri aus Klassik, internationaler Musik, Schlager und manchmal auch Pop.“
Privat darf es auch mal Bruce Springsteen sein
André Rieu ist bereits seit seiner Kindheit mit der klassischen Musik vertraut, da war nicht allzu viel Platz für die damalige Pop-Musik: „Ich bin mit Bach, Beethoven und Mozart aufgewachsen. Mein Vater war Dirigent des Limburger Sinfonieorchesters. Die Beatles sind völlig an mir vorbei gegangen. Meine Geschwister und ich haben alle ein oder mehrere Instrumente gelernt. Klassische Musik war immer präsent, es gab nichts anderes.“
Heute sieht das anders aus: „Ich mag zum Beispiel Bruce Springsteen, ABBA, [Andrew Lloyd Webber],“ gesteht Rieu.
Der Ratschlag für den Nachwuchs
In der Jugend André Rieus war das ständige Üben nicht immer angenehm: „Es war Arbeit, kein Vergnügen. Wirklich Spaß hat es mir erst viel später gemacht – und das ist es auch, was ich vermitteln will: Klassische Musik kann, darf und soll Spaß machen!“
Darum gibt er jungen Talenten, die im klassischen Genre Fußfassen wollen einen Tipp: „Viel arbeiten und üben, sein Instrument lieben. Den eigenen Weg auch gegen Widerstände gehen. Aber die Hauptsache ist, dass man es mit Freude macht.“
Eine teure Berufung
Ein André Rieu ohne Geige wäre kaum vorstellbar, schließlich ist es DAS Erkennungsmerkmal des niederländischen Musikers. Insgesamt hat er drei der teuren Instrumente, die preislich „in die Millionen gehen“* können: „Darunter ist eine Stradivari von 1732. Sie ist eines der letzten Instrumente, die Stradivari gebaut hat. Vorher hatte ich eine von 1687, aber die war mir rein vom Format her etwas zu klein. Die spielt jetzt ein koreanisches Mädchen.“
Einen Namen hat sein Schmuckstück aber nicht, „‚Stradivari‘ klingt doch eigentlich schon ganz gut, oder?,“ meint er scherzhaft.
Vielen Dank, André Rieu für das ehrliche Interview.