Was haben Dichtkunst und Schlager gemeinsam?
Als Schlagermagazin sehen wir uns natürlich in der Pflicht, Euch über den „Tag der deutschen Sprache“ in Kenntnis zu setzen - wer die besten deutschen Texte schreibt, wer sich bei den großen Dichtern bedient, erfahrt Ihr hier!
Heute ist der 13. „Tag der deutschen Sprache“. Wir haben uns für Euch nach den besten Textern der deutschen Unterhaltungsmusik umgesehen und in Erfahrung gebracht, wer sich wie bei den alten Dichtern bedient.
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Die deutsche Sprache bringt Deutsch-Schüler oft zur Verzweiflung
„Die deutsche Sprache ist die tiefste, die deutsche Rede die seichteste“ fand Journalist und Sprachkritiker Karl Kraus, der sich auf einem ständigen Feldzug gegen Sprachfehler, Worthülsen und Ungenauigkeiten im Gebrauch des Deutschen befand. So gut wie bei Kraus kommt das Deutsche bei seinem Schriftsteller-Kollegen Mark Twain nicht weg - dieser konnte sich fürchterlich über „Die schreckliche deutsche Sprache“ aufregen, weswegen er ihr auch den gleichnamigen Aufsatz widmete, in dem er sich leidenschaftlich über diese „unordentliche Sprache“ aufregte: „Personalpronomen und Adjektive sind eine ewige Plage in dieser Sprache“, schimpft Twain in seinem Text:
„(…) man hätte sie besser weggelassen. Das Wort „sie“ zum Beispiel bedeutet sowohl „you“ als auch „she“ als auch „her“ als auch „it“ als auch „they“ als auch „them“. Man stelle sich die bittere Armut einer Sprache vor, in der ein einziges Wort die Arbeit von sechs tun muss – noch dazu ein so armes, kleines, schwaches Ding von nur drei Buchstaben.“
„Weltnetz“ statt „Internet“?
Aller Kritik an der deutschen Sprache zum Trotz veranstaltet der Verein Deutsche Sprache heute den „Tag der deutschen Sprache“ mit zahlreichen Tagungen und Vorträgen. Der Verein setzt sich gegen die sinnlose Verwendung von Anglizismen ein. Ob man die Sprache nun in ein Korsett selbsternannter Sprachpfleger stecken muss, ist mehr als fraglich – oft genug haben sich Vertreter derartiger Tendenzen lächerlich gemacht - zum Beispiel mit Vorschlägen, das Wort „Internet“ in „Weltnetz“ umzutaufen.
Ein bisschen Goethe, ein bisschen Bonaparte
Aber Anglizismen oder fehlende Personalpronomen beiseite – das Deutsche lebt zunächst von den unzähligen Dichtern, Schriftstellern, Philosophen und Künstlern, die es seit Jahrhunderten bereichern. Auch im Schlager und in der jüngeren deutschsprachigen Musik wird sich an dem alten Liedgut, den Dichtern und Denkern bedient. Ob es nun eine France Gall ist, die in ihrem Lied „Ein bisschen Goethe, ein bisschen Bonaparte“ unter anderem den deutschen Dichterfürsten besingt, oder ein Klassiker wie Reinhard Meys „Über den Wolken“, der selbst schon als Teil des lyrischen Kanons gelten kann – die deutsche Sprache und ihre Meister leben gerade auch in der Unterhaltungsmusik.
Verschrobener Deutsch-Rocker und der versaute Bert Brecht
So setzt sich beispielsweise Udo Lindenberg bereits mehr als einmal mit dem Werk Berthold Brechts auseinander: Der verschrobene Deutsch-Rocker und der versaute Brecht passen ganz hervorragend zusammen. In Lindenbergs Interpretation von Brechts „Liebeslied“ etwa heißt es:
„Oh du, wenn im Gesträuche kreisend
Der Wind die Röcke flattern läßt
Und man, das weiche Tuch zerreißend
Die Knie zwischen Deine presst“
Lindenberg ist trotz der gelegentlichen Verwendung von Anglizismen selbst bereits vom „Verein Deutscher Sprache“ für seine Texte ausgezeichnet worden. Wenn es gut gemacht ist, drücken die gestrengen Sprachwächter eben auch mal ein Auge zu.
Das Vermächtnis Rio Reisers
Auch Rio Reiser hat sich intensiv mit den deutschen Dichtern befasst: So komponierte Reiser 1992 die Musik zu Friedrich Schillers Stück „Don Carlos“ für das Schillertheater in Berlin. Auch für eine Goethe-Revue hat Reiser Musik geschrieben. Dabei zählen Rio Reisers Stücke wie „Junimond“, die von zahlreichen Künstlern gecovert wurden, mittlerweile ebenfalls zu Klassikern der deutschen Wortkunst. Kein Wunder bei Zeilen wie diesen:
„Die Welt schaut rauf zu meinem Fenster
Mit müden Augen
Ganz staubig und scheu
Ich bin hier oben auf meiner Wolke
Ich seh dich kommen
Aber du gehst vorbei“
Manchmal geht's daneben
Weniger rühmlich war hingegen Heinos Versuch sich an den Klassikern des deutschen Liedguts zu bedienen: Für seine Coverversion des Soldatenlieds „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ erntete er viel Kritik, da das Lied sich früher insbesondere bei den Wehrmachtssoldaten und in der Hitlerjugend großer Popularität erfreute. Heino spielt das umstrittene Stück indes bis heute unverdrossen weiter.
Zurzeit ist die deutsche Sprache in der Musik aber sowieso wieder am Kommen – Jungstars wie Beatrice Egli, Helene Fischer und Andreas Gabalier sind unglaublich erfolgreich. Um die deutsche Sprache muss man sich im Moment also keine Sorgen machen!