Hamburgerisch - Schnack ausm Nordn
Hamburg – eine tolle Großstadt. Dass der Hamburger eine sehr prägnante Sprachfärbung aufweist, ist kein Geheimnis. Unaufdringlich, melodisch und irgendwie fremd klingt der Dialekt des großstädtischen Nordmanns.
Der Dialekt Hamburgs, weich und doch so „seebärig“ rau
Wenn der Mensch aus dem Süden sich den Hamburger Dialekt in die Ohren ruft, so denkt er zumeist an das, was im Prinzip nur noch als Klangfärbung des Hochdeutschen existiert. Die eigentlichen hamburgischen Dialekte sind wohl für diejenigen, die nicht in nordischen Gefilden sozialisiert wurden, zu weit von ihrem Sprachgefühl entfernt, als dass sie verstehen würden, was der eigentliche Hamburger Dialekt ist.
Davon gibt es effektiv nämlich gar nicht nur einen. Genaugenommen sind es drei, wovon einer sogar strenggenommen als eigene Sprache zu gelten hat:das Hamburger Platt. Dieser gehört zum Nordniederdeutschen, einer Unterkategorie des Niederdeutschen und wird aber im urbanen Raum zunehmend verdrängt. Im Ländlichen hingegen sowie in der Arbeiterschaft Hamburgs findet man durchaus noch Vertreter des Hamburger Platts. Auch Straßennamen und bestimmte Wörter, die wie selbstverständlich zum Sprachschatz gehören, ohne dass jemand dechiffrieren könnte, was sie bedeuten, deuten immer wieder auf die lange (Sprach-)Geschichte Hamburgs hin.
Dann ist da Missingsch. Missingsch gilt als Mischung aus Hoch- und Plattdeutsch und ist demnach für denjenigen, der sich als Neuling der Hamburger Sprachlandschaft nähert, zumindest in Teilen verständlich. Der Hamburger nimmt aus seinem Lokalpatriotismus heraus natürlich gerne an, dass es das Hochdeutsche war, was sich aus Missingsch erst entwickelt hat, aber da gehen die Forschungsmeinungen deutlich auseinander. Vermutlich sind es eher norddeutsche Linguisten, die diese Ansicht teilen.
Hier am Interessantesten, weil am ehesten für den Rest des deutschen Sprachraums zugänglich, ist der anfangs erwähnte Hamburger Dialekt. Er ist eigentlich nur eine klangliche Einfärbung und moderate Modifikation des Wortbaus des Hochdeutschen. Dieser Klang ist es, an den wir denken, wenn wir uns den Seemann in der Hafenkneipe bei einem Grog sein Seemannsgarn spinnen vorstellen. Hier wird beispielsweise das „S“ , das im Hochdeutschen vor „T“ und „P“ als „SCH“ ausgesprochen wird, als „S“ beibehalten. Das klingt für den Fremden amüsant und sympathisch. Auch lässt der Hamburger seine Konsonanten weicher klingen, wenn sie innerhalb eines Wortes liegen und stimmlos sind. Bitte wird so zu „bidde“ , das „G“ des Kriegs beispielsweise zu einem weichen „CH“ , der Krieg zum „Kriech“ .
Hamburg selbst hat zahlreiche Söhne und Töchter, mit denen es sich brüsten kann und die das hamburgische Lebens- und Sprachgefühl in die Welt tragen.
Helmut Schmidt jedenfalls hat die Sozialisation in Hamburg nicht geschadet. Seine politische Karriere begann hier und auch wenn er vielleicht nicht als lupenreiner Sozialdemokrat in die Geschichte eingehen wird, wird doch sein Eintreten bei großer Elbflut der bundesdeutschen Geschichte in Erinnerung bleiben.
Oder Axel Springer, der in Altona aufgewachsen ist. Altona wurde später dann zu Hamburg eingemeindet. Auch dieser Medienmogul begann seine publizistische Karriere hier, baute sein Medienimperium zum größten Europas aus und konnte gegen Ende seines Lebens mit einem Fingerschnips die Richtung des politischen Geschehens in Deutschland ändern.
Der kalte Nordmann und sein Kiez
Wer kennt sie nicht, die alten Klischees, die man mit Hamburg in Verbindung bringt? Da ist der kurz angebundene, einsilbige Nordmann, dem die See mehr bedeutet als jedes zwischenmenschliche Band. Als Manifestation dieses Mangels an Bereitschaft, sich den Mitmenschen zu öffnen, fungiert der Hamburger „Kiez“ – die Reeperbahn. Straßegewordene Sünde, die weit über den norddeutschen Raum hinaus ihren Ruf als Sodom und Gomorra, als Babylon und überhaupt alles, was die Bibel an Sündenpfuhlen so bereithält. Die Herbertstraße ist dem weitaus größten Teil der männlichen deutschen Bevölkerung ein sagenumwobener Begriff.
Ist natürlich alles Quatsch. Der Hamburger an sich ist genauso liebenswürdig wie ein jeder andere auch. Seine Beziehungen funktionieren wunderbar und allein die Reeperbahn ist ein Indikator dafür, wie weltoffen sich der deutsche Norden heutzutage geriert, sind es doch vor allem Touristen, die sich die Vergnügungsmeile ansehen möchten, die übrigens weitaus mehr zu bieten hat als käuflichen Sex.
Die Hamburg Hymne
Auch wenn sie eher inoffiziellen Charakter hat, ist sie doch unbestritten das musikalische Aushängeschild des hamburgischen Lebensgefühls. Komponiert von Albert Methfessel und getextet von Georg Nikolaus Bärmann gehört „Stadt Hamburg an der Elbe Auen“ unbestritten zur Kultur der Hansestadt.
Die größten Musiker aus Hamburg
Jan Delay ist mindestens jedem unter der magischen Altersgrenze der 30 ein Begriff. Hip Hop, Funk, Soul, Rock und Reggae hat er durch seine nasale Stimme bereits markiert und immer einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Was Jan Delay anfasst, wird zu Gold. Sehen wir nur die Absoluten Beginner an, die ein Glanzstück, ein Aushängeschild des Hamburger Hip Hop sind und maßgeblich von ihm geprägt wurden. Damals noch als Jan Eißfeldt, wie er bürgerlich heißt.
Seit 2002 gibt es eine dritte Band, deren Verbindung zu Hamburg sie definiert und geprägt hat. Revolverheld wurde damals als „Manga“ gegründet und schoss, einer Pistole gleich, sofort in Richtung Erfolg. Aber wie auch sonst: Die hochwertige Rockmusik, die die vier Jungs uns immer wieder aufs Neue gut gelaunt auf den Tisch knallen, sucht ihresgleichen. „Helden 2008“ sollte dem Musikkenner wie dem gemeinen Charthörer ein Begriff sein. Auch „Ich lass für dich das Licht an“ von 2014 bewies erneut, was die vier draufhaben und warum Hamburg stolz sein kann, sie ihre Söhne nennen zu dürfen.
Anna Depenbusch wurde auch in Hamburg geboren. Und zwar 1977. Ihre Wurzeln finden sich neben Deutschland auch in Ungarn und wie ihre Herkunft, ist auch ihre Musik enorm vielseitig. So kann sie Chansons mit Rock kombinieren und das Ganze voll und ganz ineinander aufgehen lassen. Die Alben „Die Mathematik der Depenbusch“ oder „Sommer aus Papier“ funktionieren auch dank der tollen Ausstrahlung der Sängerin.
12 Mitglieder aus den verschiedensten Winkeln der Hamburger Musikszene vereinen sich in De Hamburg Cityband. Gegründet von Ernest Clinton rühmt sich das Dutzend damit, so ziemlich jeden Musikstil zu bedienen. Crossover ist Ansage und Programm. Natürlich auf Deutsch und natürlich aus Hamburg. Rock, Pop, Ballade – die Geschichte der einzelnen Mitglieder kulminiert in der Band zu einem großen Ganzen, das derart vielseitig ist, dass nun wirklich kein Auge trocken bleibt.
Eine Schietgäng war eine Gruppe von Hafenarbeitern, die mit den schmutzigsten Aufgaben betreut waren, deren Arbeit sonst niemand machen wollte. Die Hamborger Schietgäng kokettiert natürlich mit diesem Begriff. Die von ihnen performten Shantys sind nämlich alles andere als Schiet. Seemannslieder, Schlager, Satire und einfach bodenloser Unsinn: Die Hamburger Schietgäng hat sich Unterhaltung wie Anspruch gleichzeitig verpflichtet und funktioniert trotzdem erstaunlich gut.
Thomas singt, Ben spielt Bass und Jan das Schlagzeug. Und was macht das dann? Na Toma! Toma aus Hamburg. Gitarren haben einen hohen Stellenwert in der Musik der drei. Gitarrenpop nennen sie das selbst. Indie-Rock trifft es wohl auch. Was aber unbestreitbar sein dürfte, ist die durchgängig hohe Qualität, mit der Toma uns ihre Musik vorsetzen. Ihr Album „Alles wird gut“ jedenfalls ist jetzt schon Kult.
„Wir singen A-Capella“. Und wie! Die sechs Hamburger Jungs von Charmonia wissen, wie Musik zu klingen hat, die aus gutem Grund bereit ist, auf instrumentale Unterstützung zu verzichten. Da sitzt jeder Ton, jede Emotion, die vermittelt werden soll, kommt beim Publikum an. Auch deshalb werden die Musiker derart gefeiert und sind auf jeder guten Feier mit ein wenig Niveau gern gesehen. Außerdem sind Charmonia echte Hamburger und singen auch gerne in Hamburger Mundart. Das Album „Mang und Fründn“ etwa sangen sie komplett in Platt ein.
1966 wurde in Hamburg-Eppendorf jemand geboren, der die deutsche Musiklandschaft für einige Jahrzehnte begleiten sollte. Fabrizio Barile trat zuerst als Schlagersänger Gino D‘oro auf, änderte Anfang des neuen Jahrtausends aber sein Image und ist seitdem als Fabius unterwegs. Als dieser singt er nun auch Songs in hamburgerischer Mundart und kommt damit sehr gut an. Ein Imagewechsel kann so manchen Karrieren neue Flügel verleihen.
1906, bereits vor über hundert Jahren -- eine lange Zeit, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte – wurde die Gruppe Finkwarder Speeldeel ins Leben gerufen. Das Anliegen der Gruppe ist es, die oben genannten Dialekte und Mundarten, die im Hamburger Raum gesprochen werden, zu erhalten. So werden die Songs auch in der entsprechenden Mundart gesungen und im Hamburger Raum dementsprechend gefeiert. Eine derart lange Geschichte, sollte für die Qualität hier Indikator genug sein.