Mei Muddersprooch is Pälzisch
Spätestens seit dem ehemaligen Bundeskanzler Kohl, satirisch als „die Birne“ bekannt, kennt der Rest der Republik den pfälzischen Sing-Sang.
Auch abseits von Helmut Kohl und dem guten Wein lohnt es sich aber, die Pfalz und das Pfälzische weiterführend zu betrachten. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man sich tiefer in die pfälzische Musikszene einliest.
Der Dialekt – eine internationale Erfolgsgeschichte
Auch über die Pfalz hinaus spricht man Pfälzisch. Sowohl in Deutschland, wo man den pfälzischen Dialekt in Rheinland-Pfalz findet, als auch im Saarpfalz-Kreis, der unmittelbar westlich davon liegt, in Teilen des Saarlandes, Baden-Württembergs, des Elsass, in Hessen und weiteren – denn der Raum, der die Pfalz geographisch eingrenzt, ist bei weitem nicht der, der die Sprache eingrenzt. Trotzdem gibt es im Pfälzischen allerlei Nuancen und das Pfälzische ist nicht gleich das Pfälzische. Man unterscheidet es zum Beispiel in Vorder- und Westpfälzisch, die am häufigsten gesprochenen Unterkategorien.
Doch auch in den USA gibt es erstaunlich große Gemeinden ehemaliger pfälzischer Einwanderer, die immer noch an ihrem Dialekt hängen. Erstaunlicherweise hat er sich zum großen Teil nur geringfügig verändert. Als größte bekannte Gruppe sind hier die Amisch zu nennen, deren Sprache sich „Deitsch“ nennt, beziehungsweise „Pennsylvania German“.
Der pfälzische Dialekt weist so manche Besonderheit auf. Am prägnantesten empfindet der ungeübte Zuhörer wohl die p-Lautungen im Anlaut. Ein Satz der dieses Prinzip hervorragend darstellt ist: „In de Palz geht de Parre(r) mit de Peif in die Ker(s)ch.“ Für Menschen, die des Pfälzischen mächtig sind, erschließt sich der Sinn noch. Der gesprochene Dialekt kann sich aber maßgeblich von dem des Nachbardorfs unterscheiden, sodass selbst die Pfälzer selbst teilweise Verständigungsschwierigkeiten haben. Das ist für den nicht pfälzischen Hörer dann gar nicht mehr so einfach. „Pfälzisch“ ist allgemein auch mehr ein Überbegriff über die ungeheuer heterogene Sammlung von Dialekten, die im oben beschriebenen Sprachraum gesprochen werden.
Weiterhin kurios ist die Tatsache, dass das Pfälzische im Prinzip nur vier Zeiten kennt: Präsens, Perfekt, Plusquamperfekt und eine zusammengesetzte Form des Futurs. Auch erinnern wir uns wohl alle an den Bestseller vor einigen Jahren „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“. Kaum zu glauben, aber in der Pfalz kennt man gar keinen Genitiv – oder nur Gerüchten nach.
Helmut Kohl schien sich seiner Herkunft teilweise zu schämen, denn der pfälzische Dialekt war für ihn der Inbegriff von Ländlichkeit und Unbildung. Aber Helmut Kohl hatte dazu keinen Grund, denn es kommen doch so einige schlaue Köpfe aus der Region. So zum Beispiel der berühmte Philosoph Ernst Bloch, Helmut Kohl selbst oder Henry Villard, der seinen Intellekt in den USA in Bares zu transferieren wusste und zum Eisenbahngigant wurde.
Der langsame Pfälzer: eine nette Gemeinheit
Zwischen den Pfälzern und den Saarländern gibt es seit jeher eine augenzwinkernde, ja geradezu liebevolle Feindschaft, die sich auch darin äußert, dass man sich Witze übereinander erzählt. Bei den meisten Witzen, die über Pfälzer so kursieren, kann man sich sicher sein, dass sie ein saarländischer Kopf erdacht hat. So natürlich vor allem diejenigen, die die beiden in Relation zueinander setzen. Ein Klassiker ist beispielsweise der hier:
Allmorgendlich schafft es der Saarländer, seinen pfälzischen Kollegen auf dem Bau auf's humoristische Glatteis zu führen: „Äh, Pälzer, kennscht du de Bert?“ „Welcher Bert?“ „Ei de Camembert!“ Immer und immer wieder muss sich der Pfälzer dem Humor seines Gegenübers geschlagen geben. Eines Tages kommt ihm der rettende Gedanke, um seine Würde wieder herzustellen, sich gar zu rächen. Er bittet einen Freund, den der Plan natürlich brennend interessiert: „Wenn du de Saarländer moije nochmol triffscht, dann frosche ne, ob er de Mischa kennt, de Betonmischer!“ Der Pfälzer reibt sich die Hänn und freut sich wie a klän Kind, dass er's dem Saarländer endlich heimzahlen kann. Am darauffolgenden Morgen dann begegnen sich die zwei. Da fragt der Pfälzer: „Äh, Saarländer, kennscht du de Mischa?“ „Ei jo klar, das is doch de Bruder vom Bert!“ „Von welchem Bert?“ „Ei vom Camembert!“.
Überhaupt sagt man den Pfälzern eine gewisse Langsamkeit nach, die allerdings oft wie Gemächlichkeit wirkt, besonders, wenn man ihn bei der Arbeit beobachtet. Die von Natur aus langsame Aussprache des Pfälzischen trägt zu diesem Eindruck ebenfalls bei. Aus dieser Langsamkeit, die man dem Pfälzer nachsagt, geht dann auch das Klischee von der ineffizienten pfälzischen Verwaltung hervor. Selber rühmen sich die Pfälzer hingegen für ihre Gelassenheit und ihren Lokalpatriotismus. Doch Hand aufs Herz – welche Verwaltung ist schon effizient?
Die Pfalz als Heimat – Das Pfälzerlied
Als wohl bedeutendstes musikalisches Aushängeschild der Pfalz und als effektives Integrationsinstrument für die Pfälzer und alle, die Pfälzisch sprechen, gilt das „Pfälzerlied“.
Eduard Jost schrieb den Text 1869, Jean Baptiste Sauvlet die Melodie 1877. Gute 50 Jahre erfreute sich das Lied, das seinem Charakter nach durchaus als Volkslied zu gelten hat, sich immer größer werdender Beliebtheit. Trotz des Volksliedcharakters ist die Vorstellung falsch, dass es vor allem große Trinkgelage waren, die die Pfälzer dazu veranlassten, sich mit dem „Pfälzerlied“ heiser zu singen. Viel eher waren es Chöre und Gesangsvereine, die das „Pfälzerlied“ zu ihrem Standardrepertoire zählten. Nicht laut und besoffen gegrölt, sondern professionell und filigran vorgetragen – so wird das „Pfälzerlied“ genossen. Nach der Kontaminierung von allem, was mit Heimat in Verbindung gebracht wurde, durch Hitler und sein Naziregime, nahm die Bedeutung des „Pfälzerlieds“ nach dem Zweiten Weltkrieg erstmal ab und schaffte es erst in den letzten Jahrzehnten wieder, langsam an Bedeutung zu gewinnen.
Genug geredet, hier das „Pfälzerlied“
Am deutschen Strom, am grünen Rheine
ziehst du dich hin, o Pfälzerland!
Wie lächelst du im Frühlingsschmucke,
wie winkt des Stromes Silberband!
Da steh' ich auf des Berges Gipfel
und schau auf dich in süßer Ruh',
und jubelnd ruft's in meinem Herzen:
O Pfälzerland, wie schön bist du!
O Pfälzerland, wie schön bist du!
Es nickt von deinen sanften Hügeln
die Rebe mir im Sonnenstrahl,
es lockt das Grün mich deiner Wälder,
der Fluren Pracht in jedem Tal.
Von deinen Kirchen und Kapellen
tönt mir die Sonntagsglocke zu,
und Andacht und Begeist'rung flüstern:
O Pfälzerland, wie schön bist du!
O Pfälzerland, wie schön bist du!
Die Musikszene der Pfalz ist bunt und fröhlich. Der Pfälzer trinkt gerne Wein, der Pfälzer singt gerne und die Pfälzer Volksmusik bedient jeden Wunsch, den diese beiden Grundvoraussetzungen für ein echtes Pfälzerdasein hervorbringen können.
Unsere Pfälzer Musik-Top-Ten beginnt mit Die Anonyme Giddarischde. Im Jahr 2010 feierten die fünf Jungs, die früher einmal nur zu dritt begonnen hatten und aus dem schönen Frankenthal stammen, ihr 15-jähriges Bühnenjubiläum. Edsel, Michel, Roman, die ursprüngliche Besetzung, wurden 2007 nämlich um Kaule und Stebbes bereichert. Großartig waren sie bereits zuvor, doch die Ergänzung machte sich auch qualitativ bemerkbar. Sechs Alben haben die Jungs bereits veröffentlicht. Spätestens seit ihrem Megahit „Lewwerworscht“ sind sie aber auch überregionale Helden.
Auf Platz zwei hat es sich die Band Blues-Himmel gemütlich gemacht. Sie besteht aus sechs Jungs: Michael Wack, der die Band gegründet hat und für viele der witzigen und nachdenklichen Texte in Pfälzer Mundart verantwortlich ist, Vinzenz Wolf, der singt und Gitarre spielt, Thomas Girard, Blues und Jazz Solist, Andrea Tognoli, der seine Hauptverantwortung bei den Covern von italienischen und englischen Klassikern findet, Philip Freier, eher ein ewiges Feature als festes Mitglied, spielt Violine und dann gibt es noch Benjamin Pfahler, der jungen, frischen Wind durch seine Funk-Einflüsse einbringen kann. „Blues-Himmel“ stammen aus Zweibrücken und haben bereits fünf Alben veröffentlicht. Seit 1996, ihrem Gründungsjahr, haben sie allerlei tolle Songs veröffentlicht. Klassiker sind inzwischen „Das Geld iss all“ oder „Die Zeit“.
Aus Frankenthal kommen Grabowsky. 1994 von Erhan Yilmazlar, Jürgen Hauser und Alexander Hüther gegründet, haben die Jungs, die heute zu fünft unterwegs sind, bereits zehn Platten veröffentlicht. Neu dabei sind heute Oliver Herrmann und Chris Gass. Die letzten beiden sind die Sänger der Band, während die anderen Gitarre, Schlagzeug und Bass spielen. Das Pfälzische ist den Lyrics von Grabowsky natürlich immanent. Man nehme nur den Hit „Riesling Schorle“ als Beispiel. 2002 brach Grabowsky nebenbei auch noch den Weltrekord für den längsten Applaus. Nachzulesen im Guiness-Buch der Rekorde.
Reinig, Braun und Böhm gründeten sich im Jahr 2000 und machen seitdem pfälzischen Folk höchster Güteklasse. Sie zeichnen sich dadurch aus, vor allem akustische Instrumente zu nutzen. Das verleiht ihrer Musik Authentizität, was von der pfälzischen Mundart noch verstärkt wird. Rüdiger Böhm, Peter Braun und Paul Reinig treten überall in der Region auf und bekommen immer wieder hochkarätige Auszeichnungen verliehen.
1987 spielten drei Jungs, die später die Band Grand Malör aus dem Boden stampfen sollten, erstmals gemeinsam fröhliche Partymusik und begeisterten damit das Publikum. Fast 30 Jahre später ist die Besetzung auf sieben Männer angewachsen, die Musik aus nahezu allen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts covert, und dabei für „Pälzer Party Power“ steht. Kein Wunder also, dass sie immer wieder die Gelegenheit kriegen, ihr Potential vor riesigem Publikum zu beweisen.
Dann sind da auf Platz sechs Chicken, Chris, Marcus, Frank, Eric und Inge von Korrekt. „Klingt komisch...Is aber so“ haben sie sich auf die Fahnen geschrieben – was nicht unbedingt wahr ist, denn die Jungs klingen super! Sie covern alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist und haben damit seit 15 Jahren Erfolg.
Aus der Südpfalz kommen Die Kirchberger. Dietmar Berger, Uwe Daiminger, Steffen Sitter, Klaus Bahls und Theo Scherrer. 1988 gegründet, haben sie es bald geschafft, ihren Ansatz des pfälzischen Partyschlagers salonfähig zu machen. Über ein Vierteljahrhundert später machen die Jungs immer noch pfälzische Volksmusik und erfreuen sich größter Beliebtheit. „Heimweh nach der Heimat“, eine Single der Band, spricht dann auch Bände über die Heimatverbundenheit der Pfälzer, was wohl auch zu ihrer Popularität beiträgt.
Bluesgosch heißt eigentlich Dieter Reinberger, der vor allem für seine kabarettistischen Bühnenauftritte bekannt und beliebt ist. Unter seinem Künstlernamen gibt er aber auch Bluesmusik – und weiteres – in pfälzischer Mundart zum Besten. Als Bluesgosch tritt Reinberger seit 2002 auf und ist hauptsächlich für die Moderation, den Gesang sowie die Bluesharp verantwortlich. An seiner Seite steht bereits seit vielen Jahren einer der deutschlandweit besten und vielseitigsten Bluesgitarristen - Jürgen „Mojo“ Schultz. Klarer Geheimtipp auf unserem achten Platz.
Auf Platz neun finden wir Traudel Kern. In ihrer „pälzischen Muddersprooch“ singt die Grand-Dame des pfälzischen Chansons und der pfälzischen Volksmusik seit früher Jugend Lieder, die sie mittlerweile auch selber schreibt. Immer wieder gewinnt sie Mundartpreise und bleibt ihrem Publikum stets ein Garant für tolle pfälzische Schlager, Chansons und Volksmusik.
In Reilingen wohnt der Abschluss unserer Liste: Karl Weibel, a.k.a. „Charly“. Seinen gesanglichen Kickstart hatte Charly mit der Band „Jezebel's Tower“. Heute ist er, neben seiner Solokarriere als gefeierter Mundart Sänger, vor allem Polizist. Drei Alben hat er herausgebracht. Das aktuellste ist „Newedroh“ und von hoher Qualität, wie alles, was Charly macht. Ein Ausschnitt aus dem Song „Des isch mei Des isch mei Sproch“:
Isch dehd sou gean idalienisch schwetze. Un oh sou gean franzesisch.
Ä biss'l russisch wär oh net vakehrt un oh nepalesisch.
Doch isch kann hald grohd sou schwetze, wie de Schnawwl gwachse isch.
Doch die Sprooch isch weltbekannt un hohst Reilingerisch
Des isch mei Sprooch, sou gäid die Gosch. Sou drick isch's aus un dann hosch,
des guhde G'fiel, der Mann hot Schdiel.
Des isch mei Sprooch, sou gäid die Gosch. Sou drick isch's aus un dann hosch,
des guhde G'fiel, der Mann hot Schdiel.
Wann dann mohl uff Hanova fehrsch, scheniersch disch doch ä bissl.
Awwa all die Houchdaidschbabbler, kenne gohnet wisse,
wie schäh des isch wann'd schwetze dusch, sou brohd un sou gedähnt.
S'gibt bschdimmd manschen uff de weide Welt wu sich noch sou erre Sproch sehnt.
Des isch mei Sprooch, sou gäid die Gosch. Sou drick isch's aus un dann hosch,
des guhde G'fiel, der Mann hot Schdiel.
Des isch mei Sprooch, sou gäid die Gosch. Sou drick isch's aus un dann hosch,
des guhde G'fiel, der Mann hot Schdiel.