Von allen Seiten schreit es Schlager!
Heute ist der Tag der Muttersprache. Und wenn es nach so manchem Schlagerfan geht, wird diese im deutschen Radio ganz schön stiefmütterlich behandelt. Eine Debatte über mehr Schlager in deutschen Radiostationen ist im Gange.
Schlager ist hipp, Schlager ist in. Vor allem in den letzten Jahren verzeichneten Schlageralben einen großen Verkaufsanstieg. Helene Fischer und ihr „Farbenspiel“ setzten sich 2014 an die Spitze der iTunes-Downloadcharts und auch die anderen Chartauswertungen legten eine Helene-Manie offen. Dennoch oder gerade deswegen fühlt sich so mancher Schlagerfan unterrepräsentiert: Zu wenig deutsche Musik und vor allem zu wenig Schlager lautet der Vorwurf.
Schlagermusiker, Fans und nun auch Politiker setzen sich ein für mehr Schlager im Radio. Auch eine „Helene-Quote“ stand vor wenigen Tagen durch Politiker Franz-Robert Liskow von der Jungen Union zur Debatte. 35 Prozent deutsche Musik lautet seine Forderung, die momentanen zehn Prozent seien zu wenig. Radiostationen signalisieren Unverständnis, die Öffentlichkeit und die Medien sehen seine Forderung bereits als gescheitert an – dabei müsste er doch hunderttausende Schlager-Befürworter im Rücken haben – oder doch nicht?
Deutsche Musik: mehr als Schlager?
Unheilig, Andreas Bourani und Revolverheld laufen auf sämtlichen Unterhaltungssendern rauf und runter. Lieder deutscher Sprache, die von vielen Moderatoren bereits mit großer Vorfreude angekündigt werden. Die Forderung der Schlagerfans bleibt jedoch. Würde eine Quote für deutsche Musik überhaupt bei Schlagerfans greifen, wenn darunter auch Namen wie Subway To Sally, Deichkind oder Kollegah fallen, die zwar auf Deutsch singen, aber auf ganz andere musikalische Gruppierungen abzielen? Schlagerfan Franz-Robert Liskow bezieht sich mit seiner Forderung nur insbesondere auf Schlager, jedoch nicht ausschließlich.
Die Quote schürt bereits Protest von Seiten der Radiostationen. „Gerade hier bei uns im Land brauchen wir eben gerade keine Wiederauflage einer ‚Spielerlaubnis‘ oder eine politisch initiierte ‚Anordnung über die Befugnis zur Ausübung von Unterhaltungs- und Tanzmusik‘“, schreibt der Programmdirektor von „Antenne Mecklenburg-Vorpommern“, Gerrit Kohr in Anlehnung an die 60 zu 40 Quote der DDR. „Radio Antenne“ möchte nun anhand eines Votings herausfinden, ob wirklich ein Drittel der Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns sich nach mehr deutscher Musik sehnt.
Doch die Sicht der Radiostationen ist in dieser Debatte nicht ausreichend und auch das Konzept der Quote sollte nicht der einzige Lösungsansatz bleiben. Im Netz formieren sich mehr und mehr Musiker und Unterstützer. Die Doku „Keine Schlager im Rundfunk – Die Abrechnung“ spricht vielen aus der Seele. An der Spitze Denny Schönemann, seines Zeichens Schlagersänger und Verfechter der Schlagermusik. Anders als der Jungpolitiker der CDU bezieht sich Schönemann ausschließlich auf den Schlager an sich, der nach seiner Sicht vermehrt als ungewollt abgetan wird und zu Unrecht in vielen Radioprogrammen nicht gespielt wird. Den Menschen werde die Musik genommen, die sie gerne hören wollen und es sei eine glatte Lüge, dass kein Bedarf an Schlagermusik bestehe.
Bündelung von Interessen
Das Problem in der Debatte scheinen jeweils zwei entgegengesetzte Pole zu sein, die die Situation verzwickt erscheinen lassen. Anders als viele andere Musikrichtungen polarisiert Schlager. Den Menschen, deren Herz für Schlager schlägt, stehen einer oftmals Masse gegenüber, die ihn kategorisch und rabiat ablehnt. Doch auch die Lösungsansätze, wirken in ihrer Konsequenz rabiat. Die Optionen, gar kein Schlager oder eine Erzwingung selbiger Musik durch eine Quote, erscheinen beide nicht zielführend und werden früher oder später zu Unzufriedenheit auf einer der beiden Seiten führen.
Rock-Radio-Sender, Klassiksender und Kulturrundfunk stimmen ihr Programm bereits auf spezielle Zielgruppen ab. Hier bekommen Personen zielgerichtet genau die Musik, die sie möchten. Schlagerfans, denen die englische Sprache oder House-Beats nichts als Störfunk sind, brauchen vermutlich mehr als 35 Prozent Schlager, um ein Programm zu ihrer Zufriedenheit zu erhalten. Warum dann etwas Halbes wie eine Schlagerquote, wenn es eine eigene Schlagerfrequenz gibt?
Jedoch soll dies keine kategorische Ablehnung der Schlagermusik in Standardprogrammen sein. Vielfalt im Radioprogramm ist wichtig und die breite Masse sollte in ihrem Geschmack nicht verfehlt werden. Mit ihrem Voting zeigt zumindest „Radio Antenne Mecklenburg-Vorpommern“ Bereitschaft, sich mit der Schlagerliebe der Deutschen auseinander zu setzen. Vielleicht wird durch ein, der Quote entsprechendes Ergebnis die Debatte ja auf die nächste Ebene gehoben. Es ist jedoch fraglich, ob dies notwendig sein sollte.