Die Offiziellen Deutschen Charts erhielten vor einem Jahr eine Erneuerungskur. Sie sollten schneller verbreitet werden und erhielten den Claim „Hier zählt die Musik“, um die Bedeutung als Quelle für objektive und repräsentative Verkaufszahlen auf dem deutschen Musikmarkt zu untermauern. Vor wenigen Wochen dann die neueste Aufbereitung der Offiziellen Deutschen Charts: Andrea Berg erhielt für ihr Album „Seelenbeben“ den ersten „Nummer 1 Preis“ in Florian Silbereisens TV-Show „Das große Schlagerfest“ verliehen. Zu Tränen gerührt nahm die Schlagerkönigin diesen Preis entgegen. Und auch Udo Lindenberg hat den Award mittlerweile erhalten. Doch ist dieser Preis wirklich eine Auszeichnung für die Künstler oder ein weiterer Versuch das Image der Offiziellen Deutschen Charts aufzupolieren?
Wie erhält man den „Nummer 1 Preis“?
Zunächst einmal stellt sich die Frage, wie man zu der Ehre kommt diesen Preis zu erhalten. Jeder Künstler, dessen Album es auf Platz 1 der Charts schafft, bekommt ihn. Selbstverständlich erhält jedes Album nur ein Mal die Auszeichnung, doch muss es dafür keinen Direkteinstieg auf den ersten Platz hinlegen, um für seinen Erfolg ausgezeichnet zu werden. Die Offiziellen Deutschen Charts ermitteln sich durch die von GfK Entertainment erhobenen Verkaufszahlen und somit orientiert sich auch der „Nummer 1 Preis“ am Verkaufs-Erfolg der Alben.
Allerdings gibt es für die Künstler bereits mehrere Auszeichnungen, die sich auf die Verkaufszahlen beziehen und das bei einem längeren Zeitraum als einer Woche. So zum Beispiel die „Goldene Schallplatte“ oder auch der „ECHO“, der sich auf Verkaufszahlen und Chartplatzierungen des vergangenen Jahres stützt. Wie sinnvoll ist es dann noch eine weitere Auszeichnung einzuführen, die nach der wöchentlichen Chart-Erhebung je nach Umständen ein Mal die Woche verliehen werden müsste?
Wozu dient der „Nummer 1 Preis“?
Doch was macht eine Auszeichnung zu einem wirklich gelungenen Preis? Vielleicht, dass sie eine besondere Anerkennung der persönlichen Leistungen darstellt? Allerdings wird die persönliche Leistung doch bereits dadurch geehrt, dass man den ersten Platz der deutschen Charts erreicht hat – sollte man meinen. Dr. Matthias Giloth, Geschäftsführer von GfK Entertainment, meint zu seinem Award:
„Die Spitze der Offiziellen Deutschen Album-Charts zu erreichen ist eine fantastische Leistung, die nun auch in Form einer Auszeichnung zum Anfassen gewürdigt wird. Viele Musiker teilen Neuigkeiten auf Facebook, YouTube und Instagram. Der „Nummer 1 Preis“ ist eine schöne Gelegenheit, die erzielten Charterfolge gemeinsam mit den Fans zu feiern.“
Nach diesem Statement sollte man meinen, der „Nummer 1 Preis“ sei für die Künstler und Fans entwickelt worden. Doch widerspricht dem die Tatsache, dass die Meldung auf dem ersten Platz der Charts zu sein, bereits seit langem von Künstlern, Fanclubs und Fans verbreitet und gefeiert wurde. Mit der Materialisierung des ersten Platzes wird letztendlich ein weiteres Symbol für die Offiziellen Deutschen Charts geschaffen, das über die verschiedensten Kanäle verbreitet wird und somit deren Stellung in den Köpfen der Fans und Musikhörer verfestigt.
Bezug auf Großbritannien
Die Idee eines Awards für das Erreichen der offiziellen Charts ist dabei nicht neu. In Großbritannien existiert der „Number 1 Award“ bereits seit dem Jahr 2011. Doch betrachtet man erfolgreiche Künstler, wie den englischsprachigen Sänger Ed Sheeran, hat er seinen „Number 1 Award“, der ihm im vergangenen Juni verliehen wurde, nicht auf seiner Facebook Seite geteilt. Die einzige Äußerung des Sängers zu dem Gewinn findet sich auf der Seite der Official Charts, die den Award verleihen. Somit machen die Charts mehr Werbung für sich selbst, indem sie die Freude des Künstlers über die Auszeichnung darstellen.
Ob der „Nummer 1 Preis“ mehr sein wird, als eine Werbung für die Offiziellen Deutschen Charts, hängt wohl von der Wertschätzung durch die großen Musiker ab. Den Start mit Andrea Berg und Udo Lindenberg zu machen, die beide mit dem Award posierten und die Meldung verbreiteten, scheint dabei ein guter Anfang für den neuen Preis der Offiziellen Deutschen Charts zu sein.