Wenn vier Millionen nicht mehr ausreichen
Andy Borg muss gehen, denn zum Moderieren des „Stadls“ ist er mit 54 Jahren laut Verantwortlichen zu alt für deren Vision des „Stadl 2.0“. Deshalb soll nun alles jünger werden: Moderator, Zuschauer, Musik...Doch wer möchte das eigentlich?
Andy Borg wird nur noch zwei Folgen des „Musikantenstadls“ moderieren. Das haben die Verantwortlichen von ARD, ORF und SRF Ende Februar entschieden. Denn der „Stadl“ soll modernisiert werden. Er soll ein neues Image bekommen, um in der TV-Landschaft weiterhin überleben zu können. Zuletzt schauten meist nur noch knapp vier Millionen Zuschauer die Sendung – keine schlechten Quoten und dennoch nicht mehr so erfolgreich wie zu seinen Anfangszeiten. Nun soll eine Art „Stadl 2.0“ das ändern. Auf das Stammpublikum möchten die Sender nicht mehr setzen, denn das hat immerhin einen Altersdurchschnitt von 68 Jahren. Das junge Publikum soll für den „Stadl“ begeistert werden.
Nun stehen junge Leute aber generell eher auf Lady Gaga und Co. und weniger auf das Orchester Otti Bauer und Co. Deshalb wird jetzt nicht nur der Moderations-Staub von der Bühne gekehrt, sondern die vermeintlich eingerostete Musik gleich hinterher. Neue musikalische Bandbreite wird das dann genannt. Wie das aussehen soll, wurde bisher noch nicht kommuniziert, aber „jede große Marke braucht einen Erneuerungszyklus“, wie ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner es eleganter formulierte.
Doch hat eigentlich mal jemand die neue Zielgruppe des „Stadls“, das junge Publikum, gefragt? Möchten junge Leute überhaupt den „Musikantenstadl“ schauen, oder ist es vielmehr einfach ein Format, das für eine ältere Generation gemacht wurde? Vielleicht würden sich tatsächlich ein paar junge Gesichter zu Oma auf die Couch verirren, würde Helene Fischer das Ganze moderieren und Andreas Gabalier in einer Endlos-Schleife „I sing a liad für di“ trällern. Dann bestünde die Schlager- und Volksmusik in wenigen Jahren nur noch aus der Generation Helene Fischer. Klassischen Schlager, wie er in Deutschland viele Anhänger hat, oder auch seit Jahren erfolgreiche Gruppen wie die Kastelruther Spatzen könnten dann wohl auch gleich ihre Koffer packen und sich mit Andy Borg schon mal auf die Suche nach einem Platz im Seniorenwohnheim machen. Und die Zuschauer mit 50 plus? Die haben dann halt Pech gehabt. Denn Fernsehen muss jünger, jünger und nochmals jünger werden. Das Recht an einem für sie interessanten TV-Programm wird der älteren Generation einfach abgesprochen. Standard-TV wäre eine passende Bezeichnung für das was die Fernseh-Landschaft bei dieser aktuellen Entwicklung dann irgendwann erwarten würde.
Die Fans des „Stadls“ jedenfalls stehen geschlossen hinter ihrem Andy und geschlossen hinter der Sendung, wie es sie noch bis zum Sommer geben wird. Doch weder die Fans, noch die 5200 Unterschriften, die in einer Petition gesammelt wurden, können die „Stadl“-Verjüngungskur noch aufhalten. Das Format wurde bereits in den OP geschoben – der lästige Bauchspeck abgesaugt. Was noch fehlt, ist das Face-Lifting. Offiziell ist noch nicht bekannt, wer den „Musikantenstadl“ ab September moderiert. Warum? Weil der wahrscheinlich noch nicht geboren ist, wie Noch-Moderator Andy Borg es beim „Musikantenstadl on Tour“ in München neckisch kommentierte. Wohl genauso wie das Publikum, das den „Stadl“ zukünftig schauen soll.
Denn die, die als „zu alt“ abgetan werden, möchten keinen „Musikantenstadl 2.0“ – schon gar nicht ohne Andy Borg. „Alles Käse“, wie es ein Fan in einem Interview ausdrückte. Und die vermeintlich junge Zielgruppe die möchte auch keinen „Stadl“ schauen – warum auch, wenn bei „MTV unplugged“ die Fantastischen Vier singen. Die einzige Rettung also: Nicht nur ein neuer Moderator muss her, sondern gleich noch eine völlig neue Musikbandbreite und am besten noch ein neuer Name. Denn „Musikantenstadl“ zu schauen, dass gehört bei der Generation unter 50 eher nicht zum guten Ton. Und dann kann es losgehen mit dem modernisierten „Stadl“. Und was machen Andy Borg, Hansi Hinterseer oder Patrick Lindner dann? Sie suchen sich einen Job, denn für die Rente sind sie noch nicht zu alt.