„ESC“: von allen guten Geistern verlassen
Mangas haben auf Deutschland magnetisch gewirkt: Jamie-Lee Kriewitz fährt für Deutschland zum „ESC“. Im Gegensatz zu Andreas Kümmert im Vorjahr, nahm sie die Wahl an – der Ausblick ist trotzdem eher entgeisternd.
Junge 17 Jahre ist Jamie-Lee Kriewitz erst alt, doch auf ihr lasten die Hoffnungen einer gebeutelten Nation. Null Punkte im letzten Jahr beim „ESC“ – langsam wird die Durststrecke seit Lenas Sieg im Jahr 2010 zu lang. Deutschland verliert die Lust am „ESC“, schon die Inszenierung am Donnerstag wirkte nur als Vorbereitung für einen weiteren Tiefschlag. Zumindest brachte Barbara Schöneberger die Untergangsstimmung charmant über die Bühne. Werden es dieses Mal wirklich wieder geisterhafte null Punkte?
Hier schwebt kein guter Geist
Das Bühnenbild von Jamie-Lee und „Ghost“ konnte fast schon mit dem Japanischen Garten in Köln mithalten – ihre Frisur auch. Mit süßen Kniestrümpfen und Petticoat schaffte sie es ihr optisches Alter nochmal ein bisschen zu senken. Vielleicht keine schlechte Idee, schließlich kam Ann Sophie mit rotem Lippenstift, herausgestrecktem Hintern und sexy Posen nicht sonderlich an.
Auch die Frisur, die sich irgendwo zwischen Flintstones und Lady Gaga einordnen ließe, blieb im Gedächtnis. Das wäre sicherlich auch bei Kuriositäten-Kabinett des „ESC“ der Fall. Zumindest spricht Jamie-Lee mit ihren Manga-Style eine klare Zielgruppe an, die sich sicherlich schnell mit der Sängerin identifiziert: Fans des Kults gibt es schließlich überall und sie sind gut vernetzt.
Der kleine mondbeleuchtete Garten auf der Bühne und der Nebel, der vom moosigen Boden hochdampfte, zogen Jamie-Lee aber auch in einen Sumpf. Die Kulisse wirkte dermaßen imposant, dass die Bühnenpräsenz der Künstlerin mit jeder Sekunde zu schwinden schien. Zeitgleich blitzten auch gesangliche Schwächen auf. Zu gewollt drückte sie die tiefen Töne heraus. So wird kein guter Geist heraufbeschworen.
Deutschland wählt Bedeutungslosigkeit
Im Gesamten schwebt über dem „ESC“ ein guter Geist, aber nicht in Deutschland. Hier ist es ein böser, verfolgender Geist aus dem Morast eines Japanischen Gartens dabei. Aber Deutschland wollte es ja so: Alex Diehl machte die Nicole und Ralph Siegel beteuerte mit Laura Pinski, dass wir unter der Sonne alle eins sind. Das sind Botschaften, die dem „ESC“ Bedeutung geben könnten. Wenn schon untergehen, dann wenigstens mit Botschaft.