Wisst Ihr noch...? Der „ESC“ in den 1990er Jahren!
Lasershow, Pyrotechnik und wilde Kostümwechsel – Der „ESC“ ist heute eines der weltweit größten Musikspektakel. Vor 20 Jahren sah das Image hierzulande noch ganz anders aus – auch weil die Erfolge beim Wettbewerb ausblieben.
Als Lena vor fünf Jahren den „Eurovision Song Contest“ gewann, saßen Millionen Zuschauer in Deutschland vor den TV-Geräten – Teenager genauso wie „ESC“-Fans der ersten Stunde. Der Musikwettbewerb galt wieder als spannend, frisch, modern und unterhaltend. Großen Anteil an diesem Erfolg hatte auch Stefan Raab, der die Teilnehmerin gecastet und gecoacht hatte. Etwas mehr als zehn Jahre zuvor hatte der Entertainer aber auch bereits dafür gesorgt, dass der Wettbewerb in Deutschland wieder die Massen begeisterte. Nach Nicoles Sieg im Jahr 1982 versuchten die deutschen Teilnehmer an den Erfolg anzuknüpfen. Die Teilnehmer setzten auf Bewährtes und gingen keine Risiken ein. Trotzdem blieb der Erfolg aus und zusätzlich wirkte der Wettbewerb immer biederer. Mitte der 1990er Jahre war der Tiefpunkt erreicht: Deutschland qualifizierte sich nicht für das Finale. Insgesamt liest sich die Statistik des Jahrzehnts dennoch gar nicht so schlecht.
1990-1994: Epische Balladen
Mit der Ballade „Zeit zu leben“ startete Deutschland in das Jahrzehnt. Chris Kempers & Daniel Kovac erreichten immerhin einen beachtlichen neunten Platz bei 22 Teilnehmern. Der Auftritt fand ohne Showelemente und ganz klassisch in schwarz und weiß gekleidet statt. Begleitet von einem Orchester trat ein Jahr später die sechsköpfige Band Atlantis 2000 an. Erneut setzte Deutschland auf Pathos und epische Klänge. Doch das Motto des Liedes „Dieser Traum darf niemals sterben“ half auch nicht. Platz 18 sorgte für Enttäuschung. Und trotzdem erfand sich Deutschland auch im nächsten Jahr nicht neu. Der Sound blieb der alte, genau wie die Teilnehmer. Die Gruppe Wind vertrat Deutschland 1992 zum dritten Mal. Zuvor brachte die Band zweimal einen zweiten Platz mit nach Hause. Mit „Träume sind für alle da“ stürzten sie jedoch auf Platz 16 ab. Und auch die Münchener Freiheit konnte das Ruder 1993 nicht herumreißen. „Viel zu weit“ war die vierte Ballade hintereinander, mit der Deutschland den Titel holen wollte. Zwar wirkte der Sound durch die Synthesizer forscher, doch erneut fuhren die Teilnehmer mit einem 18. Platz zurück.
1994-1997: Vom Treppchen in den Abgrund
1994 traten Mekado mit der Uptempo-Nummer „Wir geben ne Party“ auf und es zahlte sich aus: Die Girlband, die auf mehrstimmigen Satzgesang setzte, kam mit dem dritten Platz im Gepäck wieder. Doch wer jetzt an die große Trendwende glaubte, irrte. In den darauffolgenden Jahren hagelte es Misserfolge: Stone & Stone stürzten 1995 komplett ab. Am Ende stand der letzte Platz in der Statistik. Die gesangliche Leistung wirkte ausbaufähig und auch das Dress der Sängerin erinnerte eher an ein Nachthemd als an ein Abendkleid. Immerhin einen einzigen Punkt gab es aus Malta – von allen anderen Ländern erhielt die Band Null. Leon setzte 1996 mit „Planet of Blue“ auf einen Mix aus NDW und Eurodance. Der Sound kam international leider überhaupt nicht an. Und so endete die Reise des Sängers in der Qualifikationsrunde. Zum ersten und bisher letzten Mal fand das Finale ohne deutsche Beteiligung statt. Auch weil seit 1997 eine neue Regelung garantierte, dass Deutschland als großer Geldgeber seither einen garantierten Finalplatz hatte. Die Castingshow-Siegerin Bianca Shomburg konnte daher 1997 auf jeden Fall antreten. Die talentierte Sängerin hatte im Jahr zuvor sogar das europäische Finale der „Soundmix Show“ gewonnen. Doch beim „ESC“ landete auch sie mit ihrem Titel „Zeit“ nur auf dem 18. Platz.
1998-2000: Das Comeback des „ESC“ in Deutschland:
Dann erschien Guildo Horn auf der „ESC“-Bildfläche und brach mit den bekannten Verhaltensweisen der Teilnehmer. Er wirbelte über die Bühne kletterte auf Podeste, riss sich die Kleider vom Leib und sah unkonventionell aus. „Guildo hat euch lieb“ war ein wilder Schlager, der auf Selbstironie setzte. Und der Auftritt sorgte nicht nur für ein Comeback des Schlagers in Deutschland, sondern machte auch den „ESC“ wieder salonfähig. Endlich lieferten deutsche Teilnehmer eine Show, das lockte jetzt auch junge Fans vor den Fernseher. Guildo Horn fiel auf und landete auf dem siebten Platz. In den deutschen Single-Charts verpasste er nur knapp das Treppchen. 1998 gelang Sürpriz dann dieser dritte Platz beim „ESC“. Die Band sang auf Deutsch, Englisch und Türkisch. Die Melodieführung orientierte sich an türkischer Popmusik – ein internationaler Sound, der zum modernen „ESC“ passte. Stefan Raab führte den Wettbewerb hierzulande dann endgültig ins neue Jahrtausend. Mit Gaga-Text, glitzernden Cowboy-Outfits, sich entblößenden Sängerinnen und Lichtshow setzte er ganz gezielt auf die Show. Musikalisch servierte er Funkpop mit Sprech- und Falsettgesang. Der Spaß stand im Mittelpunkt und er hatte ganz offensichtlich keine Angst anzuecken. Das brauchte er auch nicht, denn der Auftritt genügte für den fünften Platz.
Die Komponisten
Die Komponisten, die mit den meisten Liedern vertreten waren, sorgten in den 1990er Jahren auch für die besten Ergebnisse. Von den elf Liedern der Jahre 1990 bis 2000 entstammten fünf Stück der Feder von Ralph Siegel – viermal in Zusammenarbeit mit Bernd Meinunger. Zweimal erreichte das Autorenteam einen dritten Platz. Stefan Raab schrieb immerhin zwei Finalsongs und landete einmal in den Top 10 und einmal in den Top 5.