Musiker aus 27 Ländern werden sich am morgigen Abend vor den Augen von Millionen Zuschauern dem 60. „Eurovision Song Contest“ stellen. Die Künstlerin Conchita Wurst sorgte im letzten Jahr in Dänemark dafür, dass der Contest im Jubiläumsjahr nach Wien geht. Die „Big Five“ sowie Australien und Gastgeberland Österreich waren bereits vorab für das musikalische Kräftemessen qualifiziert. 20 weitere Teilnehmer bahnten sich den Weg zum großen Finale durch die Teilnahme bei den zwei Semifinals am 19. Mai und 21. Mai. SchlagerPlanet zeigt Euch, welche Beiträge am Samstag ab 21:00 Uhr im Ersten zu sehen sein werden.
„Big Five“
Deutschland: Die Jazzsängerin Ann Sophie wird nach einem fulminanten Finale mit Andreas Kümmert mit „Black Smoke“ auf der Bühne stehen. Die Nummer mit kraftvollem Refrain erinnert in ihrem Aufbau und ihrer Artikulation an Lena Meyer-Landrut, die 2010 den Sieg nach Deutschland holte.
Italien: Das Trio Il Volo singt mit „Grande Amore“ von der ewigen Liebe. Die gestriegelten Anzugsträger kratzen an der Grenze zur klassischen Musik. Schnieke, süß und trendig sind die drei Männer dennoch.
Spanien: Die schöne Sängerin Edurne sorgt mit einer spanischen Ballade namens „Amanecer“ für Dramatik. Die erzählte Liebesgeschichte bleibt nicht bei eitlem Sonnenschein, sondern lässt auch eine stürmische Wolkenfront aufziehen.
Großbritannien: Ein charmantes Bubblegum-Pop-inspiriertes Duo mit pappsüßen Geigenklängen tritt mit Electro Velvet für Großbritannien an. „Still in love with you“ heißt der Titel, der die gewagte Kombination aus 20er-Look und schrägen Klängen salontauglich machen soll.
Frankreich: Lisa Angell und „N'oubliez pas“ stehen für Frankreich auf der Bühne. Für Frankreich, das in der Vergangenheit allerlei Schräges präsentierte, wirkt die Sängerin jedoch nur wie die Ruhe vor dem Sturm.
Diesjährige Besonderheiten
Österreich: Österreich geht mit einer getragenen Ballade von den The Makemakes ins Rennen. Reduziert, authentisch und dem aktuellen Indie-Trend entsprechend ist „I am yours“: Ein größerer Kontrast zu Conchita Wurst hätte wohl nicht gefunden werden können.
Australien: Australien nimmt in diesem Fall erstmals und exklusiv teil. Guy Sebastian wird mit „Tonight Again“ auf der Bühne der Wiener Stadthalle stehen. Der junge Mann, der an „Idol“ teilnahm, bringt eine gut gelaunte Dance-Nummer mit Bläsern im Rücken mit.
Erstes Semifinale
Albanien: Mysteriöse Schönheit, wispernde Töne und tänzelnde Gitarren prägen den diesjährigen Beitrag aus Albanien. Mit „I´m Alive“ singt Elhaida Dani für ihr Land. In Italien gewann Elhaida Dani bereits „The Voice“.
Armenien: Gehauchte Worte, hypnotisierende Nebelschwaden aber ein Refrain mit beschwichtigendem Hook bestimmen Genealogy mit „Face The Shadow“. Das stimmgewaltige Sextett setzt auf Tragik, Dramatik und jede Menge Nebel.
Russland: Helene Fischer nimmt dieses Jahr doch am „ESC“ teil. Wie eine Kreuzung aus Galadriel von „Herr der Ringe“ und unserer Schlagerqueen kommt Polina Gagarina daher. Im weißen Schwanenkleid und mit stockernstem Gesichtsausdruck singt sie „A Million Voices“.
Rumänien: Rumänien setzt in diesem Jahr auf leichten Pop, wie er auch im Radio laufen könnte. Melancholisch mutet das Lied „De la capăt“ an, bei dessen Performance die Band Voltaj im wahrsten Sinne des Wortes schon auf gepackten Koffern sitzt.
Ungarn: Boggie statt Boogie heißt es in diesem Jahr für Ungarn. Mit „Wars for Nothing“ singt die junge Sängerin Boggie Europa ein würdiges Gute-Nacht-Lied. Der Song wird nur von einer Gitarre und einem Chor begleitet.
Griechenland: Maria-Elena Kyriakou tritt für Griechenland mit der Ballade „One Last Breath“ an, deren Stimmlage womöglich so manchen den Atem rauben könnte. Nach den momentanen Reaktionen im Netz ist dieser Ausspruch genauso zweiseitig gemeint, wie er scheint.
Estland: „Goodbye to Yesterday“ heißt es morgen aus Estland. Elina Born & Stig Rästa präsentieren eine Melodie, die wie ein Zusammenschnitt aller musikalischen Liebesdramen der letzten Jahre wirkt. So kommt das Lied wenigstens jedem bekannt vor.
Georgien: Georgien ist offenbar bereit für den Sieg wahrlich zu kämpfen. Nina Sublatti schreit den Zuschauer mit „Warrior“ regelrecht an. Schwarz, lederbehaftet und düster sind ihre Auftritte, die sich mit elektronischem Klang und schriller Stimme kaum einordnen lassen.
Serbien: Bojana Stamenov könnte fast schon als Double der Gossip-Sängerin Beth Dito auftreten. Das Styling und die nötigen Kurven hat sie. Ihr gesanglicher Ausflug bei „Beauty never lies“ mutet nach kurzer Aufwärmphase ebenfalls ähnlich an.
Belgien: Der junge Sänger Loïc Nottet ist bei seiner Perfomance von „Rhythm Inside“ der Mann in Schwarz. Sein Gesangstil ist androgyn, seine Melodie gewöhnungsbedürftig, die Inszenierung gewagt und das Jackett sitzt auch.
Zweites Semifinale
Litauen: Litauen tritt mit einem Mädchen von nebenan und ihrem Duettpartner an. Die beiden Stimmen erzählen eine unspektakuläre Liebesgeschichte. Monika Linkytė und Vaidas Baumila mimen bei „This Time“ stets ein verliebtes Pärchen, das man bildhaft durch Frühlingswiesen springen sieht.
Polen: Eine sehr, sehr, sehr getragene Ballade bringt Polen mit „In the name of love“ von Monika Kuszyńska mit. Wie ein besinnlich singender Engel wirkt die blonde Sängerin, die im Rollstuhl sitzt. Doch auf einen Ausspruch aus den stillen, balladesken Klängen wartet der Hörer vergebens.
Slowenien: Große Kopfhörer sind das Markenzeichen von Maraaya aus Slowenien. Doch auch sonst hat ihre Nummer „Here for you“ einiges zu bieten: eine der einprägsamsten Melodien des Wettbewerbs und eine ungewöhnlich angenehme Stimme.
Schweden: Auch in diesem Jahr wird vermutlich ein Schwede für feuchte Augen bei den Mädchen sorgen. Der gutaussehende Måns Zelmerlöw gilt mit seiner anfangs reduzierten, später ausbrechenden Dance-Nummer „Heroes“ bereits als ein Favorit des morgigen Abends.
Norwegen: Mørland & Debrah Scarlett kündigen mit „A Monster like me“ eine große Inszenierung an. Die getragene Nummer ist Dramatik pur. Die schleichende Traurigkeit des Songs entlädt sich in einem kraftvollen Finale, das Spuren hinterlässt.
Montenegro: Etwas oldschool kommt der Beitrag von Knez aus Montenegro daher. Bei „Adio“ schwingt die Melancholie vergangener Sommer mit. Was als Standard-Ballade begann, entwickelt sich zu einer traditionellen Dance-Nummer.
Zypern: Neues Material zum Schmachten liefert in diesem Jahr auch Zypern. John Karayiannis singt bei „One Thing I should have done“ über die Reue in der Liebe und blickt dabei mit treuen Hundeaugen in die Kamera. Mit Gitarren- und Streicherteppich könnte das Lied auch den „ESC“ in den Schlaf singen.
Aserbaidschan: Elnur Huseynov tritt für Aserbaidschan an. Auch in der Vergangenheit konnte sich das Land mit Balladen oftmals auf den vorderen Plätzen behaupten. Am Samstag wird wohl auf eine ähnliche Taktik gesetzt: „Hour of the wolf“ ist kraftvoll und authentisch.
Lettland: Aminata singt für Lettland „Love Injected“. Liebe kommt jedoch nicht viel in der elektronischen Nummer mit schrillem Gesang rüber, eher handelt es sich um ein gesangliches Aufbäumen mit injektierten Elektronik-Elementen.
Israel: Mit den ersten Tönen hat Nadav Guedj den Zuhörer bereits mit seiner scheinbaren Ballade „Golden Boy“ gepackt. Als sich die Nummer jedoch zum Dance-Track wandelt, versinkt sie leider in der Mittelmäßigkeit, genauso wie seine eigentlich außergewöhnliche Stimme.
Der „ESC“ war schon bunter, der „ESC“ war auch schon schräger. Jedoch gibt es auch in diesem Jahr einige Melodien, die zumindest für die drei Minuten des Auftritts angenehm zu hören sind. Ab 21:00 Uhr wird sich im Ersten herausstellen, wie sich die 27 Kandidaten auf der großen Bühne der Wiener Stadthalle schlagen.
Wem drückt Ihr morgen Abend die Daumen?