Tracht und Volksmusik: Ein Muss oder geht´s auch ohne?

Kleiner Musik-Knigge

VoXXclub macht es und Andreas Gabalier sowieso: Sie singen ihre Volksmusiklieder ausschließlich in Lederhosen. Für sie gehören Tracht und Volksmusik zusammen. Doch ist der Kleidungsstil wirklich ein Muss? Hubert von Goisern traut sich´s auch ohne.

Andreas Gabalier tritt ausschließlich in Tracht auf.

Ist es ein Klischee, Tradition oder passt es einfach gut zusammen? Warum treten manche Schlager- und Volksmusikkünstler ausschließlich in Tracht auf? Sollten Volksmusiklieder nur in Dirndl und Lederhosen gesungen werden oder geht’s auch ohne?

Keine Fragen, es hat Stil – und es transportiert ein Gefühl von Heimat! Wenn Stars in Tracht zur Volksmusik singen, dann wächst der Gedanke an das heimische Zusammensein und gemütliche Stunden Zuhause. Denn Tracht verkörpert ein bestimmtes Lebensgefühl, das vor allem in Bayern und Österreich dazugehört. Darum treten manche Musiker im Süden Deutschlands und auch im Nachbarland Österreich gerne in Dirndl und Lederhosen auf. Ihr Kleidungsstil passt dementsprechend gut zu den – teils dialektgefärbten – Texten und deren Inhalt.

Gabalier, der Tracht-Rock´n-Roller

Andreas Gabalier ist zum Beispiel ein Künstler, der niemals ohne seine Lederhose auf der Bühne stehen würde. Lediglich bei sehr eleganten Galaveranstaltungen tauscht der gebürtige Kärntner seine Tracht gegen den Anzug. Ihn in T-Shirt und Jeans während eines Konzerts zu erleben, wäre wohl nur halb so authentisch, wie der echte Volks-Rock´n-Roller in seiner Lederhose.

Ebenso machen es auch die Jungs von voXXclub. Die Gruppe gründete sich vor sieben Jahren in München, der bayerischen Landeshauptstadt. Sie verkörpern bodenständige, deutsche Musik. Ihre Texte sind dialektgefärbte Hits, die sie in Lederhose vortragen. Ihr Style wirkt authentisch, weshalb die Botschaft der Lieder auch so gut passt.

In ihrem Song „Rock mi“ aus dem Jahr 2013 singt voXXclub sogar von Mädchen in Dirndln, die den Männern den Kopf verdrehen:

„Wenn der Maibaum wieder am Dorfplatz steht

und sich alles um die Madeln dreht,

wenn sie ihre heißen Dirndeln zeig´n

und mir Burschen uns die Augen reib´n.

Auf geht´s, jetzt ist´s wieder so weit,

auf geht´s, heut wird nichts bereut.

Komm, zeig mir no a bisserl,

i will´s a bisserl wissen,

rock mi heut Nacht.

Tanz ma a bisserl Schieber, oder was ist dir lieber,

rock mi heut Nacht...“

voXXclub
Die Jungs von voXXclub treten gerne in Lederhose auf.
©www.universal-music.de/Siggi Wiest

Ein Lederhosen-Rebell

Seine Texte sing er ebenfalls in Dialekt, doch modisch gesehen kommt er von einem anderen Planeten – und gilt damit beinahe als Lederhosen-Rebell in der Schlager- und Volksmusikszene: Hubert von Goisern tritt nicht zwangsläufig in Tracht auf! Damit zeigt der 64-jährige Oberösterreicher, dass die Musik auch unabhängig von der Kleidung stehen kann. In seiner Musik verbindet er Elemente der Rockmusik mit traditioneller Volksmusik und wird damit zu einem bekannten Vertreter der Neuen Volksmusik, auch Alpenrock genannt – ganz ähnlich wie seine Kollegen der Band voXXclub. Doch Hubert von Goisern unterscheidet seine Kleidung während des Auftritts, denn er ist ein Lederhosen-Rebell: Der Künstler zeigt, dass Volksmusik nicht zwangsläufig mit Tracht einhergehen muss. Der 64-Jährige tritt meist in legerem Hemd und seinem Akkordeon auf. Da er vollkommen die österreichische Tradition verkörpert und dialektisch singt, wirkt er ebenso authentisch, wie Schlager-Bands, die ausschließlich in Tracht auftreten.

Hubert von Goisern
Hubert von Goisern kleidet sich nach Lust und Laune – aber es muss nicht immer Tracht sein.
©Jürgen Skarwan/www.hubertvongoisern.com

Ähnlich verhält es sich mit dem niederösterreichischen Duo Seiler und Speer. Die Gruppe fungiert seit 2014 als Komiker, Entertainer und Musiker. Vor allem seit 2016 sind sie auch außerhalb ihres Landes bekannt. Ihre Single „Ham kummst“ kletterte auf den ersten Platz der Ö3 Austria Top 40 und schaffte es Anfang 2016 auch in die deutschen Charts. Die Texte von Christopher Seiler und Bernhard Speer sind kaum zu verstehen, so sehr singen sie im Dialekt:

„Letzte Nocht, woa a schware Partie fia mi, (Letzte Nacht war eine schwere Partie für mich,)

dass i ned glei hamkum, woa vu aufaung au kloa!( dass ich nicht gleich heimkomme, war von Anfang an klar!)

Letzte Nocht, woa a schware Partie fia mi, (Letzte Nacht war eine schwere Partie für mich,)

i kau mi ned erinnern wos gestan woa!“ (ich kann mich nicht erinnern, was gestern war!)

Seiler und Speer treten aber – ähnlich wie Hubert von Goisern – in Jeans und T-Shirt oder Hemd auf. Was ihre Ausstrahlung keineswegs einschränkt oder mindert.

Fazit: Schlagerlieder nur in Tracht?

Tracht und Volksmusik: Ein Muss oder geht´s auch ohne? Diese Frage muss sehr subjektiv beantwortet werden. Dialektliebhaber, die über Worte und Aussprache ihre Heimat und Traditionen definieren, für die gehört die Tracht wohl unumgänglich zur Volksmusik dazu. Für sie wirkt die Authentizität des Gesamtauftritts, für den wohl auch die Kleiderfrage ein entscheidender Faktor darstellt. Für Fans, die sich voll und ganz auf Musik, Text und Rhythmus konzentrieren, die das Erlebnis Musik nicht über Äußerliches definieren, denen ist es wohl egal, ob der Künstler auf der Bühne in Lederhose oder Jeans auftritt.

Die Trachtenfrage ist somit keine Stilfrage, sondern eine subjektive Entscheidung und eine Einstellung, nämlich was Musik für jeden Einzelnen bedeutet, wie sie sich anhört, wie sie interpretiert wird und was sie ausstrahlt.