Kompetenz, Fairness, Authentizität, seine Versprechen halten und keine wilden Übertreibungen gegenüber anderen machen – das alles macht den Glaubwürdigkeitsfaktor eines Künstlers aus. Seine „Credibility“! In einer zunehmend digitalen Zeit, in der die Experten das baldige Ende der CD voraussagen, wird das Live-Geschäft für Künstler deshalb immer wichtiger. Um aber bei der großen Konkurrenz genügend Tickets zu verkaufen, wird eine starke Fan-Base, die dem Künstler über Jahre die Treue hält, immer wertvoller.
Gestern haben wir in Teil 1 unserer Serie „Der Credibility-Index der Stars“ Künstler mit sehr hoher Glaubwürdigkeit vorgestellt. Stars, die die Sprache ihrer Fans sprechen, menschliche Gefühle zeigen, die eine Meinung haben und das alles öffentlich machen. Kerstin Ott, Andreas Gabalier, Maite Kelly, Wolfgang Petry, Roland Kaiser, Jürgen Drews oder die Dorfrocker sind beispielsweise Künstler mit sehr hoher Glaubwürdigkeit.
Diese Stars liegen im oberen Mittelfeld
Heute stellen wir einige Schlager-Stars vor, die im oberen Mittelfeld des „Glaubwürdigkeits-Index“ liegen. Oftmals sind die aber in einer emotionalen Zwickmühle und können (oder dürfen) nicht so offen und ehrlich zeigen, was sie wirklich bewegt.
Helene Fischer - so nah so fern
Sie ist ganz sicher die wirtschaftlich erfolgreichste deutsche Sängerin und ihre Shows sind 1a. Ihr Künstler-Konzept ist „so nah so fern“. Auf der Bühne und nach den Konzerten ist sie ganz nah bei den Fans, jeder Satz, jede Bewegung und ja, auch jeder kleine Fehler, wurde zigmal vorher geprobt – das wirkt für viele manchmal zu perfekt. An ihrem Privatleben läßt sie keinen teilhaben. Familie, Freunde, Liebe – das ist tabu. Jede Anfrage perlt da ab, wie an einer nagelneuen Teflonpfanne. Dafür sorgt auch ihr Manager. Notfalls gerichtlich!
Ben Zucker verspricht: Lebe was du wirklich liebst
Eine Stimme wie ein echter Kerl, Westernheld John Wayne hätte so eine sicher gerne gehabt. Krempeljeans, Wanderstiefeln, karriertes Holzfällerhemd und Akustikklampfe – Ben Zucker sieht aus, als hätte er gerade zusammen mit „McLeod's Töchtern“ auf Dover’s Run im australischen Outback einige hundert Schafe geschoren. Oder zumindest sich ein Kanu selbst gebaut, mit dem er dann auf dem Spreebogen hinter dem Bundestag durch die Hauptstadt paddelt. Wenn der Berliner Sänger dann aber in Interviews live spricht, merkt man leider schnell, er ist doch viel mehr Großstadtjunge statt Naturbursche…
Florian Silbereisen - privat der beste Kumpel
Wer mit dem Sänger und Entertainer Florian Silbereisen einmal persönlich ein Bier oder im Winter einen Glühwein (da war doch was..?) trinken durfte, erlebt einen wirklich coolen und vertrauensvollen Kumpeltyp, mit dem man wirklich über alles reden kann. Und die Verwandlung vom Moderator mit Vokuhila-Frisur und bunt-schrillen Sakkos zum modernen stylischen Entertainer ist ihm bestens gelungen. Nur bei den Moderationen merkt man leider noch, dass sie wie auswendig gelernt rüberkommen. Da sollten die Sendungsmacher mehr auf den Menschen Silbereisen vertrauen und ihm hier mehr ein wenig mehr spontane, künstlerische Freiheiten geben.
Roland Kaiser ist doch kein Kirmes-Boxer
Vielleicht liegt es aber auch am neuen TV-Partykonzept, dass jede Ansage so klingen muss, wie von „Aale-Dieter“ auf dem Hamburger Fischmarkt oder vor einer Box-Bude auf dem Kirmesplatz. In der letzten Sendung „Alles singt Kaiser“ hätten wir uns da mehr Kompetenz und Tiefe für die Schlagerlegende Roland Kaiser gewünscht. Denn der ist ganz sicher kein Kirmes-Boxer…
Semino Rossi - der neue Hipster?
Dieser Mann hat eine Live-Stimme wie kaum ein anderer in diesem Genre, dass leider zu oft von Halb- und Vollplaybackshows lebt. Einzigartig. Doch jetzt hat man ihm wohl erzählt, dass das Ende der CD naht und „Streaming-Dienste“ das neue Schlager-Evangelium sind. Um nun an jüngere Zielgruppen zu kommen, muss man aber cool sein. So lässt sich der Argentinier jetzt einen Hipster-Bart wachsen, trägt eine schwarze Nerd-Designerbrille, Daumenringe und Ohrring. Leider bei seinem letzten TV-Auftritt auch eine silberne Pailletten-Krawatte, was am Bildschirm aussah wie ein Kettenhemd. Jetzt fehlen nur noch die weißen Turnschuhe, die momentan der große Modehype in der Schlagerszene sind oder zumindest Vans-Sneakers im Old School-Look…
Der singende Gute-Laune-Bär…
Ross Antony - immer lächeln, egal was kommt
Der Engländer ist der „Gute-Laune-Bär“ unter den Stars. Sowas wie ein virtueller singender „Bon-Bon-Laden“. Schrill und Bunt. Statt vieler eigener Songs, singt er lieber die alten Hits im modernen Gewand und ist damit auf der sicheren Seite. Denn die Refrains von „Fiesta Mexicana“, „Ich bin verliebt in die Liebe“ oder „Liebeskummer lohnt sich nicht“ auf seinem neuen Album kann jeder Schlagerfreund im Schlaf mitsingen. Seine Shows sind eine Zeitreise zurück in die Zeit von „Musik aus Studio B“ von seinem Landsmann Chris Howland. Nur in Farbe. Vielleicht liegt es daran, das Ross Antony in einer Künstlerfamilie aufgewachsen ist und das Theaterspielen sein Leben seit seiner Kindheit bestimmt hat. Nur manchmal lässt er uns wirklich hinter das künstliche Zahnpastalächeln in seine Seele blicken. Zum Beispiel in seinem Buch aus 2007 "The Inside Me - Das Leben eines Popstars" oder in einigen wenigen Talk-Shows, dann lohnt es sich, ihm genau zuzuhören…
Auch diese Schlager-Stars haben einen mittleren bis hohen Glaubwürdigkeitsfaktor: Andrea Berg, Michelle, Bernhard Brink, Howard Carpendale, Beatrice Egli, DJ Ötzi, Amigos, Fantasy, VoXXclub, Santiano oder Anna-Maria Zimmermann.
In der unteren Glaubwürdigkeits-Grauzone tummeln sich viele Party-Sänger, die für guten Geschmack so bekannt sind, wie Air Berlin für cleveres Wirtschaften oder Berlin für schnelles Bauen (Airport). Ebenso ein Pop-Schlager Sänger, der sich von Trash-TV-Show zu Trash-TV-Show hangelt.