„Schon als kleines Kind wollte ich unbedingt auf die Bühne“, erzählt Toni Kraus. Und das hat er auch geschafft. Mit sechs Jahren begann seine steile Karriere. Bekannt wurde der Junge aus dem Erzgebirge als „De klaane Flugficht“. Der Name fand sich schnell: Sein Vater ist kein geringerer als Thomas Unger. Er war mehr als 20 Jahre lang Sänger der Erfolgsgruppe „De Randfichten“. „Es war aber nie so, dass mein Vater mich auf die Bühne gedrängt hat“, sagt Toni. „Ich wollte das selbst schon von klein auf. Als die Randfichten ihre ersten Fernsehauftritte im MDR hatten, musste mich meine Mama immer schwer bremsen, dass ich nicht in den Fernseher springe, so wild habe ich davor getanzt und gesungen.“ Bei dem ein oder anderen Auftritt der Randfichten war ich dann auch dabei. „Bis ich etwa fünf war, stand ich manchmal mit Plastikmikro und -gitarre mit auf der Bühne.“
Der Beginn seiner Karriere
Als Toni sechs Jahre alt war, schrieb sein Papa Thomas das Lied für seinen Sohn, dass der Beginn einer großen Kinderkarriere werden sollte. Mit „Ich bi e klaane Flugficht“ kam der Durchbruch. „Damals gab es noch „Achims Hitparade“, moderiert von Achim Mentzel, und einmal im Jahr wurde eine Kinderhitparade veranstaltet“, erzählt Toni. „Da haben wir mich mit dem Lied angemeldet und dann ewig nichts gehört.“ Als die Hoffnung auf eine Einladung schon fast nicht mehr da war, kam die Überraschung: „Ich wurde in die Sendung eingeladen und durfte auftreten. Im Nachhinein hat mir Achim Mentzel gesagt, die gesamte Crew habe sich schon bei der Probe herrlich über mich amüsiert und gelacht.“ Nach dem Auftritt mussten die Zuschauer abstimmen. „Damals noch per Postkarte“, sagt Toni lachend. Am 24. Dezember 2003 stand das Ergebnis fest, Toni hatte gewonnen. Nach seinem Auftritt beim Herbert-Roth-Preis kam die Plattenfirma auf ihn zu. „Das ging alles recht schnell, die erste Single kam 2004 raus, Premiere hatte ich damit beim 'Frühlingsfest der Volksmusik' in Suhl. Das war die zweite Sendung von Florian Silbereisen.“ Die Single stieg sofort in die Top 100 ein, dann kam das erste Album. „Mein Papa hat dafür fast alle Songs geschrieben.“ Was folgte, waren zahlreiche Auftritte bei verschiedenen Veranstaltungen und im Fernsehen. „Es gab Wochenenden, die waren sehr stressig. Aber für mich gab es auch nichts schöneres als drei Auftritte hintereinander zu haben. Da hab' ich mich immer schon eine Woche vorher drauf gefreut. Das ist heute übrigens immer noch so.“
Kinderreporter bei den Festen der Volksmusik
„Die Produzenten der Feste hatten schon irgendwie einen Narren an mir gefressen“, erinnert sich Toni heute. „Wir wissen zwar bis heute nicht, was sie genau mit mir geplant hatten, aber es war mal eine eigene Sendung im Gespräch.“ Um ihm erste Erfahrungen in diesem Bereich sammeln zu lassen, durfte Toni bei den Festen der Volksmusik als Kinderreporter die Stars interviewen. „Ich habe zum Beispiel Mireille Mathieu am Roten Teppich abgeholt und ihr einen Handkuss gegeben, Helene Fischer habe ich auch getroffen. Das war wirklich eine tolle Erfahrung.“ Ungefähr in dieser Zeit gab es dann ein Gespräch zwischen Tonis Mama und den Produzenten. „Meine Mama, beziehungsweise meine Eltern, haben immer streng darauf geachtet, dass in den Verträgen festgehalten wird, dass ich noch genug Zeit für die Schule habe, auch wenn sie damals schon getrennt waren“, erklärt der junge Musiker. Toni sollte tatsächlich eine eigene Sendung bekommen. „Aber das hätte nicht funktioniert, ich hätte oft in der Schule gefehlt, deshalb haben wir abgelehnt. Von da an habe ich ewig nichts von den Leuten gehört.“ Erst 2011 meldeten sich die Macher der Feste wieder. „Da bin ich dann einmal mit meiner Schülerband 'Take away' aufgetreten, das war es dann aber auch schon wieder.“ Die „Funkstille“ zwischen ihm und den Produzenten, habe ihm erstmals die schlechten Seiten des Geschäfts gezeigt. „Unter Kollegen kannst du zwar Freunde finden, aber die Leute, die im Hintergrund entscheiden, sind darauf bedacht, dass du das machst, was sie wollen und das möglichst erfolgreich“, sagt Toni. „Sobald eines von beiden nicht mehr funktioniert, ist es vorbei.“
Toni und Florian Silbereisen
Die Zeit bei den Festen der Volksmusik sei aber dennoch besonders schön gewesen. „Ich hatte sehr viel Spaß dort und konnte Erfahrungen sammeln.“ Einer, mit denen Toni besonders viel Spaß hatte, ist Florian Silbereisen. „Er hat mal bei einem Auftritt zu mir gesagt, dass wir beide nie Konkurrenten, sondern immer Freunde sein werden. Das fand ich toll.“ Leider besteht heute kein Kontakt mehr. „Ich habe immer gedacht in den letzten Jahren, dass ich von ihm mal wieder etwas höre. Nicht unbedingt, weil ich wieder in die Sendung will, aber einfach, dass man noch Kontakt hält. Aber vielleicht hat er dazu auch keine Zeit, er hat ja auch 'ne hübsche Freundin, die ist wahrscheinlich interessanter als ich“, scherzt er. „Wenn er heute mal zu einem meiner Auftritte kommen will, würde er natürlich auch zwei Freikarten bekommen.“ 2009 legte Toni dann erstmal eine Bühnenpause ein. „Ich hatte nicht mehr so den Niedlichkeitsfaktor und wollte mich auch etwas mehr auf die Schule konzentrieren.“
Schule, Mobbing und die Schülerband
„Meine Grundschulzeit war wirklich toll“, sagt Toni heute. „In Johanngeorgenstadt hatten wir nur vier Klassen, eine Klasse pro Klassenstufe.“ Familiärer ging's nicht. „Die Lehrer kannten die Schüler und auch deren Eltern und sie wussten, was ich und mein Vater gemacht haben. Sie und die anderen Schüler haben immer ganz bewusst hinter mir gestanden. Nach meinen ersten Fernsehauftritt, haben sich alle in der Aula versammelt und mir gratuliert“ Mit dem Wechsel nach der vierten Klasse auf das Gymnasium begannen dann aber die Probleme. „Dort kam ich mir zeitweise vor wie zum Abschuss frei gegeben.“ Es begann mit Beschimpfungen und wurde immer mehr zum Mobbing. „Da kamen erst so zynische Bemerkungen wie „Goldkehlchen“. Richtig schlimm war es immer im Bus zur Schule und nach Hause, da waren ja keine Lehrer dabei. Ich wurde geschubst und beleidigt. Aber ich habe immer versucht mir nichts anmerken zu lassen.“ Erst zu Hause zeigte Toni dann, wie sehr ihn das belastet hat. „Oft habe ich zu Haus einfach nur geweint und zu meiner Mama gesagt, dass ich nie wieder in diesen Bus steigen werde.“ Trotzdem ist er jeden Tag aufs Neue wieder eingestiegen. „Mit der Zeit wurde es dann besser, weil die Leute gemerkt haben, dass sie mich damit nicht so sehr treffen, wie sie wollten. Und später wurde ich dann auch schlagfertiger und konnte Contra geben.“ Mit der Musik hat Toni trotz der schwierigen Zeit weiter gemacht und zusammen mit Mitschülern die Band „Take Away“ gegründet. „Das war eine wichtige Erfahrung für mich, aber ich habe auch gemerkt, dass ich lieber allein über Songs entscheide und es besser finde, meine Songs, so wie ich sie geschrieben habe, unter die Leute zu bringen, ohne dass da noch jemand mitreden will.“
Neustart mit 17: Solokarriere
Im vergangenen Jahr veröffentlichte Toni Kraus seine Solo-Single „Sommerregen“. Seitdem steht er mit seiner Live-Band auf vielen Bühnen. „Wir standen lange im Probenraum und haben an den Songs gefeilt. Jetzt ist es Zeit raus zu gehen und endlich das zu zeigen, woran wir so lange hinter verschlossenen Türen gearbeitet haben.“ 18 Songs sind entstanden und Toni schreibt aktuell an weiteren neuen Titeln. „Wenn ich meine ersten Songtexte lese, muss ich immer wieder lachen, aber jeder hat ja mal irgendwie angefangen.“ Der deutschen Musik ist Toni treu geblieben. „Bei englischen Texten nervt es mich, dass man sie erst übersetzen muss, bevor man sie versteht. Man kann im Englischen zwar manche Themen besser verpacken als im Deutschen, aber ich wollte immer verstanden werden von den Leuten, die meine Musik hören.“ Und wie geht er heute mit Kritikern um? „Ich bin kein Gegner von Kritik. Wenn ich von der Bühne komme und alle sagen, dass es toll war, frage ich erstmal, was nicht so gut war, denn daran muss ich arbeiten.“ Sachliche Kritik sei wichtig: „Aber Beleidigungen sind nicht konstruktiv. Sobald du auf der Bühne etwas Gefühlvolleres singst, bist du bei vielen automatisch abgestempelt.“ Heute könne er aber mit solchen Dingen umgehen. „Ich habe oft Dinge gehört, wie, dass ich das Randfichtensyndrom hätte und durch sie verdorben sei. Ich habe mittlerweile gelernt, darauf nicht weiter zu reagieren.“ In einem Jahr macht Toni Kraus sein Abitur. „Danach will ich erstmal ein Soziales Jahr machen und dann studieren. Und weiter Musik machen.“
Toni Kraus und Papa Thomas Unger
„Mein Vater hat schon immer eine große Rolle für mich gespielt, insbesondere auch die Randfichten“, sagt Toni. „Sie waren ein Teil von mir und meinem Leben und haben mir auch ein Stück Familie zurück gegeben.“ Die Trennung seiner Eltern als er drei Jahre alt war, sei schwierig für ihn gewesen. „Als ich klein war und manchmal nicht einschlafen konnte, hat mir meine Mama einen Discman mit einer Randfichten-CD gegeben und dann konnte ich schlafen.“ Kritikern, die Toni vorwerfen, er sei nur erfolgreich, weil sein Vater lange Zeit Sänger der Randfichten war, kann er entgegen halten: „Niemand wird völlig talentfrei berühmt und die Leute laufen bei den Konzerten auch nicht davon und halten sich die Ohren zu, also müssen wir ja auch etwas richtig machen.“