Als die letzten Töne von „Hallo, Tanja“ erklingen, bricht Jubel aus und das Publikum singt „Oh, wie ist da schön“. Das Hamburg Konzert von Michelle ist nun, nach mehr als zweieinhalb Stunden vorbei. Und das Schlusslied wirkt fast wie eine Erklärung für diesen Abend, denn die beiden Konzerthälften zeigen die zwei Gesichter von Michelle: vor der Pause ruhig, verträumt, melancholisch und ein wenig unnahbar. Nach der Pause mit Feuer, Energie, viel Freude und Lust auf ihr Publikum.
Verhaltene Stimmung in der ersten Hälfte
Ein geschlossener Oberrang, das Hochparkett nicht mal zur Hälfte gefüllt und selbst im vorderen Bereich des CCH 2 bleiben einige Stühle verwaist. Schon die Rahmenbedingungen lassen vermuten: Die große Party findet heute in Hamburg woanders statt. Doch auch Michelle selbst und ihre Liedauswahl sorgen dafür, dass der musikalische Funke erstmal nicht wirklich aufs Publikum überspringt. Die zierliche Sängerin wirkt verhalten, spricht kaum mit dem Publikum und setzt hauptsächlich auf Balladen. Die „Große Liebe“ lässt die Stimmung kurz ansteigen. Auch mit einem Cover von Peter Maffays „So bist du“ weiß sie zu überraschen. Ein schräger Selfie-Schnappschuss von Michelle sorgt für fröhliches Gelächter. Fans sollen außerdem ihre Liebesbotschaften auf der Facebook-Fanseite posten und sie liest die schönsten Nachrichten von der Leinwand ab. Ansonsten bleibt das Programm eher ruhig.
Sechsköpfige Liveband und mehrere Outfits
Eine Liveband begleitet Michelle auf der Bühne. Unter den Musikern befinden sich echte Allrounder: Die sechs Musiker spielen Klavier, Akkordeon, akustische Gitarre, E-Gitarre, Mandoline, Saxophon, Geige, Schlagzeug, Percussion und fungieren auch noch als stimmgewaltiger Backgroundchor. Michelle setzt auf stimmige musikalische Arrangements und weniger auf Show. Ein paar Outfitwechsel lässt sie sich trotzdem nicht nehmen: Unter anderem im weißen Hosenanzug, im rot glitzernden Abendkleid oder im kurzen Schwarzen präsentiert sie sich ihren Fans.
Folkige und akustische Klänge brechen das Eis
Direkt nach der Pause wird es ausgelassener, fröhlicher, heißer. Mit „30.000 Grad“ geht es in die zweite Hälfte. „Wie Flammen im Wind“ sowie „Silbermond und Sternenfeuer“ folgen. Michelle lockt hierfür die Zuschauer von ihren Sitzen direkt vor die Bühne. Die Band baut in der Zwischenzeit auf ein folkiges Akustikset um. Das Eis ist nun endgültig gebrochen – oder geschmolzen, wie man bei der Liedauswahl besser sagen sollte. Und Michelle schenkt allen ihren Musikern noch einen Moment im Rampenlicht: Jeder erzählt eine persönliche Geschichte über eine Stadt, die er oder sie mit Liebe verbindet. Im Anschluss intoniert die Band jeweils kurz einen dazu passenden Refrain. „Ich war noch niemals in New York“, „Dickes B“, „(Is this the Way to) Amarillo“ oder „Down Under“ kommen im CCH aber selbsverständlich nicht gegen Lotto King Karls „Hamburg, meine Perle“ an.
Auch Michelle wird ausgelassener und lässt das Publikum „Viva Colonia“ singen. Die Hamburger sind dabei. Den Rest des Konzertes spielen Michelle und ihre Band dann wieder im gewohnten poppigen Schlagersound, denn auch die anderen großen Hits wie „Wer Liebe lebt“ gehören noch zum Programm.
Freudentränen bei Jessica
Ein junger Fan wird diesen Abend wohl nie vergessen: Jessica darf am Ende noch auf die Bühne, weil ihre Mutter Helga die schönste Liebesbotschaft geschrieben hat. Das Publikum hat abgestimmt. Michelle nimmt das Mädchen in den Arm und Jessica bricht vor Freude in Tränen. Sie kommt garantiert wieder. Viele der anderen Hamburger sicher auch. Denn am Ende gelingt es Michelle, einen sehr abwechslungsreichen Abend zu präsentieren.