Lieber Herr Ziegler, alles Gute zum 76. Geburtstag.
Sie wissen ja, Zahlen sind für mich nicht so wichtig. Das sind sie nie gewesen.
Bei Ihnen sieht man: Die Musik und das Bühnenleben halten offenbar fit.
Da ist mit Sicherheit was dran. Vom Bühnenleben rührt ein gewisses Lebensgefühl, welches eine ganz besondere Kraft freisetzt, die einen nicht so schnell altern lässt.
Ihr neues Album heißt „Verdammt zum Glück“. Die Frage sei erlaubt: Sind sie ein glücklicher Mensch?
Ja, total! Natürlich sucht jeder Mensch Glück – dem einen ist es mehr gegeben und dem anderen leider nicht. Ich glaube fest daran, wenn man versucht, positiv ins Leben rein zu gehen. Es gibt natürlich immer mal Rückschläge, aber wenn man das grundsätzlich nicht zu stark auf sich einwirken lässt, dann kommt dieses Glück auch zurück. Ich habe natürlich auch nicht immer nur Glück gehabt, aber die Waagschale zum Glück war immer ein bisschen größer als die zum Unglück.
Sie sagen über das neue Album, es sei eines mit ihren Lieblingsstücken. War die Arbeit an den Liedern dann nicht auch eine Reise zu sich selbst?
Zeitreise zu sich selbst – das klingt gut. Ich betrachte die Lieder aus dem Hier und Heute und kann jetzt entscheiden, welche Songs wichtig für mich waren. Das ist immer eine Entwicklung, die in einem selber stattfindet. Nach so langer Zeit weiß man natürlich, welche Lieder das Publikum liebt. Diese dann mal wieder ein bisschen anders zu betrachten und einzuspielen, ist immer eine große Herausforderung, macht aber sehr großen Spaß. Ja, ein Album mit Liedern, die ich liebe und die das Publikum liebt.
Wolfgang Ziegler arbeitete mit Sohn und Tochter an neuem Album
Sie haben auch mit Ihren Kindern an dem Album gearbeitet. Wie hat sich die Zusammenarbeit angefühlt?
Ich habe das große Glück, dass mein Sohn aus erster Ehe, Martin de Vries, ein absolut toller Musiker geworden ist. Irgendwann haben wir gesagt, wir müssen zusammenarbeiten. Einerseits ist die Arbeit zwischen Vater und Sohn immer ein bisschen schwierig. Andererseits weiß er genau, wie ich ticke. Da gibt es einen unsichtbaren Draht. Er weiß genau, wie ich die Musik haben möchte. Dann die schöne Geschichte mit meiner Tochter, die ich über die Musik wiedergefunden habe. Die Krönung war, dass ich ein gemeinsames Lied vorgeschlagen habe. Es ist viel einfacher, wenn man zusammen singt. Dann muss man nicht reden und es ist einfach ein schönes Gefühl (lacht).
Sie sagten, die Zusammenarbeit mit ihrem Sohn war nicht immer einfach. Sie mussten sich doch sicher als Erwachsene wieder neue kennenlernen.
Genau – und das war ein richtiger Prozess, der gar nicht so einfach ist. Wir haben ja nicht zusammen gelebt. Da mussten wir uns wieder neu ertasten und erfühlen und das war manchmal auch so ein bisschen schwierig.
Das Duett mit Ihrer Tochter ist ein wirklich schöner und bemerkenswerter Song.
Ja, das hat wirklich großen Spaß gemacht. Das sieht man auch im Video. Das macht Musik – Musik verbindet!
Wenn beide Kinder in der Musikbranche sind, sind Sie dann eher stolz oder machen Sie sich eher Sorgen, weil Sie die Tücken der Branche kennen?
Es wird viel Schindluder getrieben mit Künstlern, zum Beispiel bei „DSDS“. Sie können sich nicht entwickeln und sind so schnell wieder weg vom Fenster. Aber ich muss mir da keine Sorgen machen. Mein Sohn hat sehr viel Talent und ein absolutes Durchhaltevermögen. Außerdem ist er sehr fleißig. Meine Tochter ist da ein bisschen anders. Sie macht Musik, aber nebenbei auch Moderationen im Radio oder hier und da mal was fürs Fernsehen. Da mache ich mir eigentlich auch keine Sorgen, weil sie so vielseitig ist, dass sie immer irgendwas macht, was ihr Spaß macht.
Wie sind Sie nach der Wende mit dem Umbruch umgegangen?
Ich war immer ein Kämpfer und es wurde mir auch in der DDR nie leicht gemacht. Meinen Erfolg habe ich mir hart erarbeitet. Ich konnte Klavier spielen, komponieren und singen. Das hat mir natürlich geholfen. Eigentlich hatte ich vor der Wende einen riesigen Deal mit einer Plattenfirma in Westdeutschland und der war dann mit einem Mal null und nichtig, weil er noch nicht unterschrieben war. Dann war erstmal total Ruhe – keine Veranstaltung und nix. Dann musste ich wirklich überlegen, wie es weitergeht und was ich am besten kann. Ich sagte mir, setz dich ins Studio und schreibe drei gute Songs. Hol dir die besten Musiker und gehe in die Studios, die du kennst zum Aufnehmen. Mit diesen drei Songs bin ich dann nach München zu Virgin gefahren und habe dann aufgrund dieser Songs einen Platten-Deal bekommen.
Sie haben es also erneut ohne fremde Hilfe geschafft.
Ja, und ich habe NIE daran gedacht aufzugeben oder etwas anderes zu machen.
Sie wurden ja immer der „Roland Kaiser des Ostens“ genannt. Haben Sie ihn denn mal getroffen?
Natürlich, schon häufiger. Wir kennen uns. Ich habe das immer positiv gesehen. Er ist ein großer Künstler und wenn ich zwischendurch mal der Roland Kaiser des Ostens bin, dann bin ich das eben. Trotzdem bin ich zwischendurch auch zu einer eigenen Marke gewachsen.
Wie beurteilen Sie die Branche aktuell. Aus unserer Sicht ist in so eine TV-Show zu kommen ein Glücksspiel...
… geworden. Das hat sich in den letzten vier, fünf Jahren gewaltig verändert. Es gibt Monopole. Noch vor vier Jahren war ich im „Fernsehgarten“ oder bei Carmen Nebel. Bei Silbereisen war ich nicht. Das hat irgendwie nicht gepasst. Aber heutzutage ist es so, dass man dort immer dieselben Künstler sieht. Heute muss man alle Joker ziehen, um populär zu bleiben. Da gehört auch Radio und Social Media dazu. Wenn man dann Glück hat, hat man auch mal eine Fernsehsendung.
Große Liebe zu seiner Ehefrau
Können Sie anders über die Liebe schreiben, weil Sie selbst die große Liebe gefunden haben?
Ich habe immer in mir gefühlt, dass ich auf der Suche nach der ganze großen Liebe bin. Auf dem Weg dorthin sind leider zwei Ehen in die Brüche gegangen. Ich wollte mit einem Menschen durch Dick und Dünn bis zum Ende gehen, den ich wirklich liebe und wo ich auch das Gefühl habe, ich werde geliebt. Es ist ja nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern es ist ja auch ein miteinander Austauschen. Meine Frau ist ein starker Mensch und kritisiert mich auch. Das ist auch gut so, denn das treibt mich ja voran. Wir diskutieren über bestimmte Dinge, die sie anders sieht und da muss ich dann auch drüber nachdenken. Natürlich ist die Künstlerseele auch manchmal beleidigt (lacht). Sie hat aber meistens Recht.
Und Ihre Frau Jeanette bekommt hoffentlich auch viel Romantik im Alltag.
Natürlich versuche ich, sie auf Händen zu tragen.
Und wenn auf Tour die Damen auf sie warten – ist sie dann auch mal eifersüchtig?
Flirten gehört ja zum Beruf. Das darf ich auch. Es ist nicht mehr wie früher, wo man auch mal dachte: „Die ist unheimlich schick und wir könnten uns doch mal treffen...“ Das mache ich nicht mehr. Jeanette ist fast immer dabei, weil wir uns perfekt ergänzen.
Ihr Song „Verdammt“ ist inzwischen richtig Kult geworden.
Ist das nicht herrlich?! Dieses Lied wird nicht alt. Es ist Kult, es ist tanzbar und es klingt so, als wäre es gestern gemacht wurde. Das ist Glück. Man versucht immer, so etwas zu erreichen, aber man kann das nicht steuern. Es ist der Hammer, wenn ich das live singe. Sie glauben nicht, wie dann alle Generationen zusammen feiern können.