Roland Kaiser ist derzeit so gefragt wie nie zuvor. Als etablierter Schlagerstar, der mit seiner Musik den Sprung in den modernen Schlager nicht nur geschafft hat, sondern ihn mit seinen Songs mitgestaltet, verbindet er Tradition und Moderne. Nie wurde das so deutlich wie auf dem neuen Album des 65-Jährigen „Stromaufwärts – Kaiser singt Kaiser“. Darauf spielt Roland Kaiser einige seiner größten Hits noch einmal ganz neu ein, mit überraschendem Ergebnis. Die Kompositionen klingen erfrischend neu und anders. Über die Arbeit an dem neuen Album sprach SchlagerPlanet im Interview mit Roland Kaiser – und über vieles mehr:
SchlagerPlanet: Was war Ihnen als Produzent des Albums „Stromaufwärts“ wichtig bei der Umsetzung?
Roland Kaiser: Wir wollten versuchen, die großen Erfolge in ein heutiges musikalisches Gewand zu kleiden und beweisen, dass Kompositionen von 1977 oder 1978 immer noch zeitgemäß umgesetzt werden können. Das war der Ausgangspunkt des Ganzen. Das basiert auch darauf, dass wir beobachtet haben, dass bei unseren Live-Konzerten zu den Fans, die mich seit Jahrzehnten begleitet haben, immer jüngere Menschen dazu kommen. Mittlerweile sehen wir manchmal drei Generationen in meinem Publikum: Kind, Mutter und Oma. Darum wollten wir die Musik in die Jetztzeit holen. Die Entscheidung war: Wir nehmen die Titel, die sehr erfolgreich waren und die man in die heutige Zeit holen kann, ohne dass sie dabei ihre Charakteristik verlieren.
SchlagerPlanet: Gab es besondere Überraschungen bei der Umsetzung?
Roland Kaiser: Ich habe nicht erwartet, dass meine musikalischen Partner auf die Idee kommen, „Schach Matt“ zur Ballade zu machen. Dadurch gewinnt der Text eine ganz andere Bedeutung. In der originalen, schnelleren Version fliegen die Worte nur so an einem vorbei. In dieser langsamen Variante hat das plötzlich eine andere Gewichtung und Tiefgang. Spannend fand ich auch, dass aus „Santa Maria“ ein Country-Song wurde und dass ich mit Götz Alsmann „Manchmal möchte ich schon mit dir“ als Bossa Nova singe.
Neues Album "Stromaufwärts"
SchlagerPlanet: „Ich glaub es geht schon wieder los“ hat einen krassen Elektro-Beat. Wie kam es dazu?
Roland Kaiser: Das war auch eine Idee meines musikalischen Direktors Alex Wende, um das Lied in die heutige Zeit zu holen. Wir haben verschiedene Spielarten auf dem Album. Manchmal sind Soundelemente dabei, die man vielleicht von Timberlake oder Adele kennt.
SchlagerPlanet: Die Country-Version von „Santa Maria“ ist mir auch aufgefallen. Es funktioniert, aber wie kommt man auf eine solche Idee?
Roland Kaiser: Wir haben mit einem Team aus Hannover zusammengearbeitet, das mir diese Version angeboten hat. Ich war mir am Anfang auch nicht ganz sicher. Aber was soll man machen, wenn man etwas Neues machen möchte? Wenn man das Lied in einen Techno-Beat packt, ist es entstellt. So war das eine ganz spannende Umsetzung.
SchlagerPlanet: Bei „Santa Maria“ denkt man ja eher an Strand und Palmen, da kommt die Country-Gitarre sehr überraschend. Ein interessanter Effekt auf jeden Fall.
Roland Kaiser: Wir hatten sogar noch überlegt, Jazz-Bläser einzusetzen, um eine New-Orleans-Stilistik einzubauen, aber da wurde es mir zu viel. (lacht) Die haben wir wieder rausgenommen. Das klang etwas durcheinander. Aber mit dieser Umsetzung bin ich sehr zufrieden. Genauso wie bei „Sag ihm, dass ich dich liebe“, wo wir das Bombastische rausgenommen und viel kleiner angefangen haben, mit einer Stimme und zwei Gitarren, ohne Bass und Schlagzeug. Das kann man auch machen, sich minimieren um den Anfang etwas purer zu gestalten, um dann hinten zuzulegen.
SchlagerPlanet: Wie das von Ihnen erwähnte „Schach Matt“. Das Original ist ja sehr temporeich, hier ist eine wunderschöne Ballade daraus geworden.
Roland Kaiser: Da muss man immer gucken, was kann man wie spielen, vor allem bei Live-Konzerten. Wie haben ja im nächsten Jahr die Open-Air-Tournee, dann haben wir die Arena-Tournee und auch ein Radio-Konzert mit etwa 150 Zuschauern. Bei Letzterem kann man „Schach Matt“ auch einmal als Ballade spielen. Bei einer größeren Bühne würde ich vielleicht sagen, man macht eine Mischung, fängt langsam an und wird dann schneller. Wir haben „Extreme“ auch etwas weniger bombastisch gemacht, sondern fließender, poppiger. Man muss schauen, dass man die großen Hits in die heutige Zeit transportiert und feststellt, inwieweit das doch gute Kompositionen sind, die auch in 2017 nach wie vor Wirkung haben.
Ich wollte auf keinen Fall allen Songs die Uniform der Tanzbarkeit überstreifen. Es ist ja auch eine Möglichkeit, alles in den Discofox zu heben. Da ist mir im aktuellen deutschen Schlager zu viel uniformes Rhythmusgefühl. Ich habe schon versucht, unterschiedliche Rhythmen und Umsetzungen zu finden, und gemeinsam mit meinen Partnern eben keine eindeutig tanzausgelegte, discofoxbasierte CD zu machen.
Duett mit Götz Alsmann
SchlagerPlanet: Auch das Bossa-Nova-Duett mit Götz Alsmann funktioniert wunderbar. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Roland Kaiser: Ich habe schon immer etwas mit Götz machen wollen und wir haben zehn Jahre im selben Viertel hier in Münster gelebt. Ich habe ihn oft besucht und war zwei Mal in seiner Sendung „Zimmer frei!“ zu Gast. Wir haben uns gesagt, falls irgendwann mal etwas kommt, das für uns beide interessant ist, dann machen wir was zusammen. Ich habe ihn also angerufen und erzählt, dass wir ein Album mit Neuaufnahmen planen. Er hat sich dann „Manchmal möchte ich schon mit dir“ ausgesucht. Dann haben wir überlegt, wie wir das rhythmisch umsetzen. Da hat er die Idee gehabt: „Wir machen das südamerikanisch, wir machen einen Bossa Nova daraus.“ Das ist eigentlich auf ihn zugeschnitten und so klingt es auch. Wir haben den Chor so gebaut, dass er leicht persiflagemäßig daher kommt. Elemente aus den 50er, 60er Jahren haben wir eingebaut, um die Charakteristik des Rhythmus’ zu unterstützen.
SchlagerPlanet: Das macht ja auch die Vielfältigkeit des Albums aus: dass nicht ein Stil über alle Lieder gestülpt wird, sondern jedes Lied einen eigenen Stil für sich hat.
Roland Kaiser: Das hat mich daran auch fasziniert. Und dann haben wir zwei neue Songs gemacht, die richtig gut dazu passen und andeuten, wo es in Zukunft hingehen wird mit den neuen Kompositionen. „Entschuldigung für nichts“ ist eine sehr schöne Ballade und „Wir geh‘n durch die Zeit“ finde ich sehr zeitgemäß und sehr erwachsen, auch sehr glaubwürdig, was mein Alter und meine Person angeht.
SchlagerPlanet: In „Entschuldigung für nichts“ heißt es: „Die Scherben sind der schönste Teil von dir.“ Es geht also darum, zu seinen Fehlern zu stehen?
Roland Kaiser: Die Scherben beschreiben im Prinzip Menschen, die mit ihren dann später entstehenden Veränderungen nicht klarkommen. Die also sagen: „Ich werde älter und bekomme Falten, dann muss ich daran was machen.“ Ich finde, das muss man nicht tun, sondern dass Falten eine Auszeichnung sind von erlebtem Leben. Ein Kollege von mir sagte einmal: „Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der nach einer Schönheitsoperation schöner war.“ Es gibt natürlich Unfälle, bei denen die Chirurgie helfen muss, keine Frage. Aber ich glaube, dass man dieses Besondere seines Gesichtes erhalten sollte. Mit der Zeile möchte ich ausdrücken, dass Fehlerhaftigkeiten, dass Irrtümer das Besondere an einem Menschen ausmachen und nicht das glatte Funktionieren.
Roland Kaiser über Ehe und Trennung
SchlagerPlanet: Sie sind also ein Gegner von Schönheits-OPs und Botox und würden so etwas nicht an sich machen lassen?
Roland Kaiser: Ja. Ich kann das für meinen Teil ausschließen.
SchlagerPlanet: Im anderen neuen Song „Wir geh‘n durch die Zeit“ geht es um ein Paar, das viel durchgemacht hat. Ist das auch ein Song für Ihre Frau Silvia?
Roland Kaiser: Das ist ein Song, der auch mein Leben reflektiert, aber die Autoren des Liedes haben das Thema eher als Allgemeinplatz benutzt, um zu sagen, dass eine Beziehung natürlich auch Höhen und Tiefen durchlebt und es nicht immer opportun ist eine Beziehung sofort aufzugeben, weil sich Schwierigkeiten auftun. Es lohnt sich, um Beziehungen und Freundschaften zu kämpfen. Es lohnt sich im Leben generell zu kämpfen, um Erfolge zu haben und weiter zu kommen. Wie würde eine sportliche Aktivität gelingen können, ohne Kampf, ohne Bemühen, den Sieg doch noch zu erringen. Insofern ist das eine philosophische Frage. Soll ich sagen: „Es scheint nicht zu klappen, also gehe ich.“ Oder sage ich: „Es muss doch gehen, lass uns weiter daran arbeiten.“ Dieses Festhalten an einer Beziehung um gemeinsam Schwierigkeiten zu überwinden halte ich für eine gute Einstellung. Das haben die Autoren allgemein gemeint, aber für mich und meine Ehe trifft dies persönlich ebenso zu. Es hilft aber auch bei meinen privaten Bekannten und Freunden, wo wir um Lösungen ringen, wenn wir mal nicht einer Meinung sind. Es geht ja darum, Lösungen zu finden und nicht immer alles aufzugeben.
SchlagerPlanet: Manchmal ist am Ende einer Beziehung leider auch die Trennung da...
Roland Kaiser: Moment, wenn wirklich etwas über einen gewissen Punkt hinausgeht, dann ist es so. Aber es gibt Dinge bei denen man noch etwas regulieren kann und sollte. Lieber etwas reparieren als es gleich umzutauschen.
SchlagerPlanet: Ich dachte gerade auch an eine Kollegin und Freundin von Ihnen, Maite Kelly, die sich gerade erst von ihrem Mann getrennt hat.
Roland Kaiser: Ich werde einen Teufel tun und mich da einmischen. Wenn ihre Beziehung für sie und ihren Mann an einem Punkt angelangt scheint, wo es keinen Sinn hat weiter zu machen, dann nehme ich das ernst, dann wird es so sein. Ich habe nur gesagt: Es gibt Situationen, wo man weitermachen kann, und wenn man das kann, sollte man das tun.
SchlagerPlanet: Wie haben Sie von der Trennung erfahren? Wie stehen Sie dazu?
Roland Kaiser: Ich habe es aus der Presse erfahren. Darüber maße ich mir kein Urteil an.
SchlagerPlanet: Sie sind sozial sehr engagiert, auch wenn Sie damit nicht so hausieren gehen. Unter anderem waren Sie vor kurzem wieder als Botschafter für die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer im Einsatz. Binden Sie Ihre eigenen Kinder in Ihr soziales Engagement mit ein?
Roland Kaiser: Nein, meine Kinder haben ihre eigenen Aktivitäten. Manchmal überraschen sie einen wirklich mit ihren Aktionen. Meine Tochter hat einen Dauerauftrag eingerichtet, mit dem sie jeden Monat von ihrem wirklich wenigem Geld, das sie in ihrem freiwilligen sozialen Jahr bekommt, auch noch einen gewissen Prozentsatz abgibt. Also das ist schon bewundernswert. Das wird nicht alleine meine Person sein, die das in ihr ausgelöst hat, sondern das ist ihr soziales Gewissen. Das haben aber alle meine Kinder. Vielleicht haben meine Frau und ich das auch vorgelebt und sie haben gemerkt, dass das nicht ganz falsch ist. Aber es wird auch aus ihnen selbst erwachsen sein, nicht nur meinetwegen.
Soziales Engagement
SchlagerPlanet: Aber in das direkte Engagement von Ihnen sind sie nicht eingebunden, im Sinne, dass sie Sie begleiten oder in anderer Form daran teilnehmen?
Roland Kaiser: Nein. Mein Sohn Jan hat mal eine Woche bei der Cottbusser Tafel gearbeitet. Er hat aktiv an der Essensausgabe und Kundenbedienung teilgenommen und hat gesehen, welche Menschen dort hinkommen und erfahren, wie sie in diese Situation geraten sind. Da gibt es nicht nur Menschen, wie viele glauben, die arbeitslos oder Rentner sind, sondern auch solche, die studieren oder eine Arbeitsstelle haben, aber ihre Familie nicht davon ernähren können. Leute, die ihr Essen und Trinken von dort beziehen, um noch am sozialen Leben teil zu haben. Dafür ist der Staat ja nicht zuständig. Das sind alles Privatinitiativen, die auch keinerlei Geld kriegen von öffentlicher Hand. Mein Sohn kam nach dieser Zeit mit einem Stück mehr Reife und besserem Durchblick zurück und hat gesehen, dass das Leben manche Menschen in eine Situation bringt, die alles andere als erfreulich ist.
SchlagerPlanet: Der Bedarf nach solchen Einrichtungen nimmt ja auch eher zu als ab, oder?
Roland Kaiser: Ja, wir steuern ja fast sehenden Auges auf eine kommende Altersarmut zu und es wird viel zu wenig getan, um dagegen zu steuern.
SchlagerPlanet: Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden?
Roland Kaiser: Es müsste mehr soziale Teilhabe geben: Wir müssen an den großen Gewinnen, die Unternehmen generieren, teilhaben und die Schere zwischen Arm und Reich deutlich verkleinern. Gesellschaftliche und politische Kräfte sollten sich darum bemühen, und es gibt da ja einige Parteien. Es wäre ja schon mal schön, wenn Politiker sich nach einer Wahl nicht als er-wählt, sondern als ge-wählt fühlen und dann versuchen, ihre Kraft für die vier Jahre die sie gewählt wurden, für die einzusetzen, die sie gewählt haben.
SchlagerPlanet: Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass Sie an einem Musical arbeiten wollen. Können Sie darüber schon etwas verraten?
Roland Kaiser: Nein, noch gar nichts. Wir fangen im nächsten Jahr erst an. Wir wollen eine gute Komödie schreiben und diese mit Melodien von mir untermalen. Was dabei raus kommt, kann ich noch nicht sagen.
SchlagerPlanet: Sie haben unglaublich viele Projekte und Pläne. Wie finden Sie dabei die Balance zwischen der Arbeit und dem Familienleben?
Roland Kaiser: Es ist ja nicht so schlimm. Solche Planungen wie für meine Open-Air-Tournee sind ja auch nicht so unglaublich raum- und zeitfüllend. So etwas macht man in drei, vier Wochen, dann stehen die Programme und man kann sich in Ruhe darauf vorbereiten. Ansonsten beginne ich im Juni mit den Open-Air-Konzerten und ende damit am 15. September mit einem Konzert in der Berliner Waldbühne, zum ersten Mal in meinem Leben. Dann machen wir vier Wochen Pause und fangen danach mit den Proben für die Arena-Tournee an. Das klingt alles schlimmer als es ist.
Freude auf der Bühne
SchlagerPlanet: Wie muss man sich so einen Arbeitstag von Roland Kaiser vorstellen? Gehen sie um 9 Uhr aus dem Haus und kommen um 18 Uhr wieder?
Roland Kaiser: Meine Frau und ich haben zuhause ein Büro. Dort haben wir natürlich keine Dienstzeit von 10 bis 17 Uhr, sondern wenn uns abends eine Idee kommt, setzen wir uns dann an das Thema ran. Aber ich bin auch jemand, der sich in alle familiären Belange einbringt und lebe nicht in einem Elfenbeinturm.
SchlagerPlanet: Treiben Sie Sport?
Roland Kaiser: Ja, ich habe jeden Tag meine Zeit auf meinem Ergometer, ansonsten ein bisschen Krafttraining, jeden Tag in Maßen, das reicht.
SchlagerPlanet: Bereiten Sie sich mit Sport besonders auf Ihre Konzerte vor?
Roland Kaiser: Wenn Sie jemand wären, der gerne segelt und man würde sie fragen, ob segeln sie anstrengt, dann würden Sie vermutlich sagen: „Segeln macht mir so viel Spaß, das merke ich gar nicht.“ Genau so geht es mir mit der Bühne. Es ist nicht alleine ein berufliches Tätigkeitsfeld, sondern für mich ist es vor allem etwas, was mir unsägliche Freude macht. Und wenn man etwas sehr gerne tut, hat man meistens keinen negativen Stress dabei.
SchlagerPlanet: Gibt es noch weitere Pläne in der Zukunft?
Roland Kaiser: Nein, die reichen mir erst mal.
SchlagerPlanet: Kommt demnächst ein neues Album?
Roland Kaiser: Wir fangen im Frühjahr an, also wird voraussichtlich 2019 ein neues Album kommen.
SchlagerPlanet: Lieber Herr Kaiser, vielen Dank für das Gespräch!