Eberhard Hertel im Interview: „Ein Musikverrückter war ich schon immer“

Zum 80. Geburtstag

Volksmusiker Eberhard Hertel spricht im Interview über das Leben als Witwer ohne seine geliebte Frau Elisabeth, seine Musikleidenschaft, was ihm die Auftritte mit seiner Tochter Stefanie Hertel bedeuten, und vieles mehr.

Eberhard Hertel mit seiner Tochter Stefanie.

Eberhard Hertel wurde 1976 beim Talentwettbewerb „Heitere Premiere“ in der ehemaligen DDR entdeckt – seitdem ist er ein fester Teil der Volksmusik-Szene. Vor allem mit seiner Tochter Stefanie Hertel steht er immer wieder auf der Bühne und vor den TV-Kameras. Eberhard Hertels Frau und Stefanie Hertels Mutter Elisabeth verstarb am 10. Dezember 2017. Anlässlich seines 80. Geburtstages am 29. November 2018 hat Eberhard Hertel das Jubiläumsalbum „Ich brauch Musik" veröffentlicht. In Zusammenarbeit mit der Programmzeitschrift „SUPER TV“ entstand das folgende Interview für SchlagerPlanet:

Sie blicken mit Ihrem neuen Album „Ich brauch Musik“ auf 80 Jahre Ihres Lebens zurück. Haben Sie von Anfang an gespürt, dass Sie irgendwann den Weg auf die Bühne finden werden?

Ein Musikverrückter war ich schon immer. Ich komme ja aus der Landwirtschaft und musste auf dem Hof meiner Mutter kräftig mit anpacken, vor allem, weil mein Vater nicht aus dem Krieg zurückgekommen ist. Dennoch hat sie mir nie Steine in den Weg gelegt, wenn ich nach der Arbeit losgezogen bin, um Musik zu machen. Den ganzen Tag habe ich vor mich hin gesungen - mal leise, aber auch ganz laut. Mein großes Vorbild war Vico Torriani, seitdem ich als Jugendlicher im Kino einen Film von ihm gesehen hatte.

Vergeht überhaupt ein Tag, an dem Sie nicht singen und musizieren?

Nein, wenn sie mich so fragen. Ich glaube nicht. Und wenn ich eine Melodie vor mich hin summe. Es gibt so viele schöne Melodien für jede Gelegenheit, fröhlich, nachdenklich, um den Morgen zu begrüßen oder den Feierabend einzuläuten.  

Sie sagten zur Veröffentlichung des Albums, Sie sind Ihrer Mutter dankbar, dass Sie Ihnen keine Steine in den Weg gelegt hat. Wie hat sie Ihren Musik-Traum konkret unterstützt?

Sie hat mir die Freiheit gelassen, meinen Traum auszuleben. Sie hätte mir das ja auch verbieten oder als Flausen eines jungen Mannes abtun können, der lieber auf dem Hof helfen sollte. Zu tun gab es bei uns auf dem Feld und in den Ställen schließlich immer mehr als genug.

Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Stationen Ihres Lebens. Jene Erlebnisse und Begegnungen, die sie stark und zu dem gemacht haben, was Sie heute sind?

Meine Elisabeth und unsere Stefanie sind das Herzstück meines Lebens. Auch ihre Geschwister gehören fest dazu, keinen aus unserer Familie möchte ich missen. Der Rückhalt der Familie war mir schon immer wichtig. Dass ich dann damals bei dem Talentwettbewerb gewonnen habe, hat mich dann darin bestärkt, dass es mir einmal gelingen könnte, nur noch Musik zu machen.

„Ich brauch Musik - Das Jubiläumsalbum“ von Eberhard Hertel.

Wofür sind Sie besonders dankbar auf Ihrem erfolgreichen Lebensweg?

Für meine Familie und viele liebe Freunde in der Heimat und in anderen Städten, die uns auf diesem Weg begleitet haben und die wir in all den Jahren kennenlernen durften. Vor allem durch den Mauerfall haben wir die Welt dann noch einmal mit ganz anderen Augen erfahren dürfen. Weil ich meine Kinder habe und die Enkel bin ich nie allein, das gibt mir ein gutes Gefühl.

Sie sind so positiv. Gibt es eigentlich Tage, an denen auch einem Eberhard Hertel die Hoffnung fehlt?

Manchmal habe ich auch trübe Gedanken, aber ich versuche dann, mich nicht von ihnen einfangen zu lassen und die grauen Wolken zu vertreiben. Das gelingt mir ganz gut, wenn ich spazieren gehe, Musik höre, mir Fotos anschaue, Freunde treffe oder mit meinen Lieben spreche. Wenn ich Sie brauche, sind sie immer für mich da! Unsere Johanna [Tochter von Stefanie Hertel und Lanny Lanner, Enkelin von Eberhard Hertel –  Anmerkung der Redaktion] macht mir viel Freude. Und auch mein Kater Schnuffi und die beiden Hunde von meiner Stefanie habe ich richtig liebgewonnen. Beide sind so liebenswerte Wesen.

Hat Ihnen Ihre positive Lebenseinstellung auch geholfen, die Trauer über den viel zu frühen Tod Ihrer Frau zu überwinden?

Natürlich fehlt Elisabeth an allen Ecken. Sie hat die ganze Familie zusammengehalten, war immer für alle da. Aber auch wenn sie jetzt nicht mehr morgens neben mir auf der Eckbank sitzt, weiß ich, dass sie noch immer da ist, solange wir an sie denken und über sie sprechen. Dann hat sie weiterhin ihren Platz im Leben. Das ist ein schönes Gefühl.

Elisabeth Hertel (links), Tochter Stefanie (mitte) und Ehemann Eberhard Hertel (rechts).

Stefanie schrieb für Sie den Song „Ich will dich wieder lachen sehen“. Was bedeutet Ihnen das?

Stefanie und ich sind uns sehr ähnlich. Als sie mir dieses Lied vorgesungen hat, habe ich gleich gespürt, das ist genau richtig so. Sie hat wunderschöne Worte gefunden, die für mich auch ein Begleiter aus der Trauer waren. Außerdem gibt es für mich als Vater nichts Schöneres, als mit ihr im Duett zu singen.

Hat das Schicksal sie beide seit dem 10. Dezember 2017 noch weiter zusammengeschweißt?

Wir verbringen viel Zeit zusammen und reden viel. Wenn man Abschied von einem geliebten Menschen nehmen muss, rückt man enger zusammen. Aber so traurig das auch ist, das gehört zum Leben dazu. Genauso wie uns Kinder und Enkel geschenkt werden.

In diesem Jahr standen Sie an diesem Tag gemeinsam auf der Bühne. Ist es wichtig, an dem traurigen Tag nicht alleine zu sein?

Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an Elisabeth denke. Sie ist weiter Teil meines Lebens, weil ich weiß, was ihr gefallen hätte, was sie mochte und worüber sie den Kopf geschüttelt hätte. Wenn ich Musik gemacht habe und mit Stefanie auf der Bühne stand, dann war sie ganz besonders stolz.

Ganz unter uns: Im kommenden Jahr wird Stefanie 40. Haben Sie zu diesem Anlass eine kleine Überraschung geplant?

Da wird mir sicher zur rechten Zeit was einfallen, mit dem ich ihr eine Freude machen kann.

Lieber Herr Hertel, wir danken Ihnen für das Gespräch!