„Ja, sie leben noch“, werden viele Fans von De Randfichten gedacht haben, als sich die Volksmusikgruppe aus dem schönen Erzgebirge vor einigen Wochen mit einer neuen Personalie zurückmeldete. „Unser neuer Frontsänger ist kein Mann, sondern eine Frau und heißt: Marion Frank – kurz genannt „de Pfeif“ - vom Erzgebirgsduo De Orgelpfeifen“, schrieb die Band auf ihrer Internetseite Ende Mai. Vorausgegangen war die Meldung im März, dass der bisherige Frontmann Thomas „Rups“ Unger das Trio verlässt. Damals hieß es dazu:
„Nach langer Bedenkzeit über das Für und Wider hat sich Rups entschlossen, zum Jahresende die Randfichten aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen zu verlassen. Er will sich weiterhin seinem Soloprojekt widmen. Die Entscheidung ist ihm nicht leicht gefallen, zumal für ihn damit eine lange und erfolgreiche Karriere bei den Randfichten zu Ende geht. Auftritte mit Rups wird es noch bis Ende des Jahres geben.“ Doch dann ging alles schneller als gedacht.
Michael Rostig: „Er wurde immer unzufriedener“
„Dass der Rups gehen würde, hatte sich nicht direkt angekündigt“, sagt Michael Rostig. „Aber, dass er immer unzufriedener wurde, hat man schon mitbekommen. Vielleicht konnte er es nicht so verkraften, dass es nach dem ‚Holzmichel‘ noch ein paar Jahre gut ging und danach die Auftritte weniger wurden. Es waren dann nicht mehr 150 Stück im Jahr und es kamen eben auch wieder kleinere Bühnen.“
Man habe sich wieder in einem Level bewegt, woher man eigentlich kam. Zum Schluss sei das Verhältnis festgefahren gewesen. „Es war lange Jahre alles sehr 'Rups-bezogen'. Wir haben immer die Hände über ihn gehalten, auch wegen seiner Krankheit und dachten immer, dass er die Zurückhaltung von uns beiden braucht, um sich frei entfalten zu können“, erklärt Rostig.
„Richtige Proben waren nicht mehr möglich, er war der Meinung, er kann seinen Text und wie wir das machen war dann zweitrangig. Es hat einfach nicht mehr richtig funktioniert.“ Vielleicht habe ihn die Arbeit in der Band nicht mehr richtig ausgefüllt, mutmaßen Rostig und Lauterbach. „Vielleicht hat auch ein zweiter Hit gefehlt, aber wir hatten einen und der hat uns bekannt gemacht, das war auch schön“, so Rostig.
Später sei dann die christliche Ausrichtung von Unger zum Problem geworden. „Er hat sich ja mit einem Mal ganz plötzlich um 180 Grad gedreht und ist vom Atheisten zum kompromisslosen Christen geworden, der bestimmte Lieder auf einmal nicht mehr singen wollte. Das machte vieles kompliziert.“ Die erste christliche Solo-CD von Thomas Unger hätten beide noch wohlwollend neben der Band akzeptiert: „Aber es wäre einfach nicht mehr lange gut gegangen, für ihn nicht und für uns nicht. Deshalb ist es jetzt besser, dass wir einen klaren Cut gemacht haben.“
Der letzte Auftritt und die neue Frau unter zwei Männern
„Für mich war nach dem Austritt von Rups sofort klar, dass ich weitermache“, sagt Randfichte Michael „Michl“ Rostig. „Und wenn ich mir neue Leute gesucht hätte, aber ich wollte das Projekt 'Randfichten' einfach nicht sterben lassen.“
Für die dritte Fichte, Thomas „Lauti“ Lauterbach, war es dagegen nicht so einfach. Er überlegte, ob er vielleicht wieder Musikunterricht geben sollte. Doch lange überlegte er nicht. Auf dem Facebook-Profil des Trios meldete er sich zu Wort: „Ich mache mit Michl und den Randfichten weiter.“ Eine tolle Nachricht für die Fans. „Jetzt musste natürlich ein neuer Sänger her“, so Rostig. „An eine Sängerin hatten wir zu diesem Zeitpunkt natürlich überhaupt nicht gedacht.“ Bewerbungen für den Posten als Frontsänger habe es aber einige gegeben. „Für uns war es wichtig, dass ‚der Neue‘ aus dem Erzgebirge kommt und mit unserer Heimat verwurzelt ist und natürlich auch die Mundart beherrscht. Und wir standen vor der Aufgabe jemanden zu finden, der dem Rups auf seine Weise ebenbürtig ist“, erzählt Rostig.
Der rettende Einfall kam schlussendlich dem Tourleiter. „Er hatte die geniale Eingebung, das eine Orgelpfeife des ehemaligen Duos De Orgelpfeifen nur noch alleine rumorgelte. Und das passte zu uns: Die Stimme, das Alter, die Chemie zwischen uns. Innerhalb einer Woche haben wir zusammen mit Marion, entschieden es zu versuchen“, sagt Rostig.
In dieser Findungszeit stand auch der letzte gemeinsame Auftritt mit Rups an. Schneller als ursprünglich gedacht, denn eigentlich hieß es ja, er werde bis zum Ende des Jahres noch mit der Band auf der Bühne stehen. „Die Ausgangslage war kompliziert und änderte sich ständig auf Grund von Tatsachen, die wir nicht beeinflussen konnten, weil sie eher von Rups ausgingen“, erklärt Thomas Lauterbach. „Ziemlich bald stand dann aber fest, dass der letzte gemeinsame Auftritt beim Fantreffen auf den Greifensteinen sein wird“, sagt Rostig. Noch einmal feierten die Fans ihre Randfichten in der alten Besetzung. Gleichzeitig wurde Marion Frank als neues Mitglied der Randfichten vorgestellt.
Marion Frank: „Ich trete in keine Fußstapfen“
„Unsere Überlegung war es, dass eine neue Männerstimme und ein neuer Frontsänger mit Rups verglichen werden“, erklärt Michael Rostig. „Eine Frauenstimme kann man aber nicht mit der von Rups vergleichen und das ist für uns natürlich genial. Vieles klingt jetzt anders und wir haben festgestellt, dass manches sogar noch etwas besser klingt mit Marions Stimme.“
Musikalisch war es bei den Randfichten lange Jahre so, dass Thomas Unger im Vordergrund stand. „Die Nebenstimmen haben bei uns kaum eine Rolle gespielt, aber das soll sich jetzt ändern“, so Rostig. Auch er und Lauterbach sollen in Zukunft stimmlich präsenter sein. Was das angeht, herrscht bei dem neuen Trio große Einigkeit. „Ich finde es gut, wenn ich zwei Männer an meiner Seite habe, die auch singen können, warum sollten wir das nicht nutzen. Das tut der Vielfalt gut“, so „de Pfeif“. „Ich muss niemandem etwas beweisen und ich trete auch in keine Fußstapfen, weil ich meine eigenen mitbringe“, erklärt die 46-Jährige. „Es wird auch nie so sein, dass ich den Rups imitieren möchte, denn ich habe auch eine ganz eigene Art, meine Lieder an das Publikum zu bringen.“
Nur ein Monat Vorbereitungszeit blieb
Durch den schnellen Abgang von Thomas Unger blieben Marion Frank nur vier Wochen, um sich einzuarbeiten. „Es war nicht lange Zeit zu überlegen, entweder ich sage zu oder ich sage ab“, erzählt die Sängerin. „Für mich war es wichtig, und das habe ich den beiden Herren an meiner Seite auch gesagt, dass ich wieder zusammen mit einer Band auf der Bühne stehe und mit anderen Musikern zusammen arbeiten kann“, erzählt Marion Frank. Seitdem ihre Orgelpfeifen-Partnerin verstarb, war sie allein auf den Bühnen im Erzgebirge unterwegs. „Es ist ein ganz anderes Feeling jetzt, alleine weiß ich zwar, was ich kann, aber mit anderen macht es einfach noch mehr Spaß.“
„Die Neue“ hat zuvor 15 Jahre Tanzmusik gemacht, kennt sich also aus mit der Stimmungsmusik. „Ich bin ja in der Materie drin und musste nur fortsetzen, was ich bisher gemacht habe. Nur die Texte und Lieder musste ich innerhalb eines Monats lernen.“ Viele Proben waren nötig, um die Band fit für den ersten gemeinsamen Auftritt zu machen. „Anfangs haben wir uns oft fünfmal die Woche getroffen“, erinnert sich Rostig.
Bei den Fans schon voll akzeptiert
Seit einigen Wochen treten die Randfichten Michl und Lauti nun mit Marion gemeinsam unter dem Titel „De Randfichten & de Pfeif“ auf. „Mittlerweile wird der Zusatz aber schon oft weggelassen“, erklärt Lauterbach. „Das zeigt uns, dass wir in der neuen Besetzung bereits voll akzeptiert sind.“
Der erste Auftritt war allerdings sehr spannend für alle: „Wir wollten die Fans nicht mit lauter neuen Liedern überrollen, deshalb haben wir auch einige alte Songs von uns mit Marion einstudiert“, sagt Rostig. Und Lauterbach fügt hinzu: „Wir wussten ja nicht, wie das Publikum reagieren wird. Man kann ja viel üben, aber man hat keine Garantie, dass es dem Publikum dann auch gefällt. Aber Marion hat ihre Sache perfekt gemacht und war sofort der Liebling der Fans.“ Es dauere zwar alles seine Zeit, bis alles richtig zusammenwächst, sagt Marion Frank. „Aber wir sind da auf einem sehr guten Weg. Von den Fans wurde ich toll aufgenommen, ich kann mich absolut nicht beklagen und war sehr positiv überrascht. Sie haben gemerkt, dass etwas bei mir rüber kommt.“ Die Art und Weise der Musik habe sich schließlich auch nicht geändert, nur die Stimme dazu. „Klanglich ist es natürlich ein bisschen anders, eine Frauenstimme klingt ja nicht wie eine Männerstimme. Aber wir sehen, wie zufrieden das Publikum ist und das ist die Hauptsache“, so Rostig.
De Randfichten haben große Pläne
Wie wird es in Zukunft weitergehen mit De Randfichten? „Wir sind gerade dabei einen Song fertig zu machen für unseren ersten gemeinsamen Fernsehauftritt bei ‚Immer wieder sonntags‘ am 14. September. Dort wollen wir mal wieder Flagge im TV zeigen“, sagt der 51-Jährige Thomas Lauterbach. ** „Aber wir lassen alles langsam angehen. Langfristig ist unser Ziel natürlich eine neue Platte mit dem neuen Sound durch unsere drei Stimmen, das sind wir unseren Fans schuldig.“ **