„Ich möchte mir selbst treu bleiben“
Im Vorfeld des deutschen Vorentscheids zum ESC hatten wir Gelegenheit, mit dem Sänger Das Gezeichnete Ich zu sprechen. Und obwohl die Anspannung überall spürbar war, empfing uns der Sänger betont gelassen und mit einer wohltuenden Freundlichkeit.
Nach dem beachtlichen Erfolg seines Debütalbums „Das Gezeichnete Ich“ im Jahre 2010, aus dem der Song „Halleluja“ bei iTunes vier Wochen lang zum „Song des Monats“ gekürt wurde, ist in diesem Jahr sein neues Album „Hinter allen Dingen“ erschienen.
Namensfindung
Natürlich liegt die erste Frage auf der Hand und natürlich wird sie ständig gestellt. Natürlich auch von uns. Trotzdem beantwortet der sympathische Sänger die Frage „Wie kam es denn zu dem Namen 'Das gezeichnete Ich'?“ mit einem Lachen im Gesicht.
„Wahrscheinlich wollte ich es mir damit nur selbst schwer machen.“
Im weiteren Gespräch erklärt Das Gezeichnete Ich aber dann sehr gerne, was sich für ihn mit dem Namen verbindet. Das Gezeichnete Ich stammt aus dem Gedicht „Nur zwei Dinge des Dichters“ von Gottfried Benn. Tatsächlich empfindet der Sänger den Namen als sehr sinnbildlich für sich als Person und auch für seine Musik:
„Ich möchte mir selbst treu bleiben. Und genau wie meine Musik, bin ich kompliziert, nicht leicht fassbar und oft auch ein Rätsel. Dabei geht es mir nicht anders als den meisten Menschen. Ich bin ein gefühlvoller Mensch, umgeben von einer chaotischen Umwelt und so schwer es manchmal auch fällt, in dieser Welt müssen wir uns zurecht finden. Dabei stellen wir uns immer wieder die gleichen Fragen: 'Was ist Glück? Was ist Liebe'?“
Das Gezeichnete Ich beschreibt seine Gefühle und seine Art, Lieder zu schreiben und Musik zu machen, ausgesprochen ehrlich und formuliert sehr treffend die Fragen, die sich wohl die meisten von uns stellen.
„Ich habe Angst im Leben. Und deswegen brauche ich Mut! Genau das sind die Dinge, die ich mit meinen Liedern ausdrücken will.“
Songs auf Deutsch
In diesem Zusammenhang stellt sich automatisch die Frage nach der Sprache und wie wichtig es ihm ist, auf Deutsch zu singen.
„Genau deswegen singe ich auf Deutsch. Früher habe ich alles ausprobiert, von Klassik bis hin zu Heavy Metal, natürlich auf Englisch, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich das nicht bin. Als ich daraufhin begonnen habe, konsequent deutsch zu texten und zu singen, war das wie eine Befreiung für mich. Ich wusste: 'Das ist Meins'! Anders kann ich meine innersten Gedanken gar nicht ausdrücken. Würde ich jetzt anfangen wieder auf Englisch zu singen, wäre das wie ein Verrat an mir selbst.“
Sehr spannend und ein Zeichen von seiner tiefen Liebe zur Musik ist auch die noch gar nicht so alte Geschichte vom Beginn der Musikerkarriere von Das Gezeichnete Ich. Im Jahre 2006 entschloss sich der Musiker zu einem ausgesprochen mutigen Schritt. Er beendete seinen „ganz normalen Job“ von heute auf morgen und beschloss, sich voll und ganz der Musik zu widmen. Damals noch ohne Erfolg, ohne Sicherheit und einzig und allein mit der Leidenschaft für die Musik. Auf die Frage, wie er sich das denn gedacht hätte und wie sein Plan lautete, antwortet Das Gezeichnete Ich ganz souverän:
„Ich hab einfach gedacht, jetzt hast Du Dir die Freiräume geschaffen, jetzt musst Du auch mit dem ersten Album richtig Gas geben. Naja, und das habe ich dann getan.“
Glücklicherweise lief dieses erste Album nach der Veröffentlichung dann aber auch schnell recht gut und Das Gezeichnete Ich konnte mit so namhaften Künstlern wie den Pet Shop Boys, Ich + Ich und a-ha auf Tour gehen.
„Vor allem Ich + Ich haben mir auf meinem Weg sehr geholfen. Das passte vom Menschlichen genauso wie vom Publikum. Ihnen verdanke ich wirklich sehr viel.“
Das Video zur aktuellen Single „Weil Du da bist“
Angesprochen auf das spektakuläre Musikvideo zur aktuellen Single „Weil Du da bist“, in dem Veronica Ferres eine in Leder bekleidete Auftragsmörderin spielt, muss der Sänger wieder lachen.
„Wir haben mit dem Management zusammen gesessen und wollten irgendwie was anderes, was verrücktes machen. Da habe ich dann gesagt: 'Verrückt? Ok, dann mit Lack und Leder'!“
Aufgrund dieser Idee wurde der Kontakt zu Veronica Ferres hergestellt, die sich spontan begeistert zeigte und sich für den Videodreh zur Verfügung stellte.
Die ESC-Teilnahme
Bleibt abschließend zu klären, wie es denn zur Eurovision Song Contest-Teilnahme kam.
„Mein erster Berührungspunkt war der Bundesvision Song Contest im Jahre 2010. Dort wurde ich schon gefragt, ob ich nicht gerne auch beim ESC mitmachen würde und jetzt hat es dann endlich geklappt.“
Auch die Besonderheiten des ESC sind reizvoll aber auch schwierig.
„Das ist eine ganz andere Nummer als ein normales Konzert. Hier hast Du keine Zeit, um mit dem Publikum erstmal warm zu werden. Hier hast Du drei Minuten und die müssen dann sitzen. Das ist einfach eine unglaublich spannende Geschichte!“
Für uns war es ein sehr schönes und spannendes Gespräch. Vielen Dank dafür.