Bayerisch für Anfänger
„I sing a Liad für di und dann fragst du mi, mågst mit mir Daunzn gehn...“ Gabaliers Zeilen in Steirer Mundart singt man in Wien und Berlin, in Frankfurt am Main und an der Oder. Doch nicht nur der Dialekt aus Österreich eignet sich für gute Musik!
Austropop, Schweiz-Rap und Kölschrock! In ganz Deutschland sind Mundart Bands und Sänger auf dem Vormarsch. Wir wollen Euch verschiedene Dialekte anhand ihrer Musiker näher bringen. In der nächsten Zeit stellen wir Euch verschiedene Mundarten, ihre bekanntesten musikalischen Verfechter sowie interessante Hintergrundinfos zu den jeweiligen Dialekten vor.
Und los geht es im Süden Deutschlands: Bayern. Umfragen nach, der beliebteste Dialekt Deutschlands und Sprachmedium für viele Musiker verschiedener Genres. Ob Schlager, Volksmusik, Pop oder Rock - der bayerische Dialekt eignet sich bestens, ihn in der Musik einzusetzen. Sogar Balkanbeat, Salsa und Techno lassen sich auf Bayerisch darbieten. Hier sind die originellsten Verfechter weiß-blauer Musik, geordnet nach ihrer Herkunft:
- München: Die Spider Murphy Gang, Werner Schmidbauer & Konstantin Wecker
- Der Südwesten: Die Biermösl Blosn
- Das Oberland: Die Cubaboarischen
- Chiemgau: Claudia Koreck und LaBrassBanda
- Der Südosten: Hans Söllner
- Niederbayern: Haindling
- Die Oberpfalz: D'Raith Schwestern
Zunächst eine kurze Einordnung!
Mit „Bairisch“ bezeichnet man die südöstliche Gruppe der oberdeutschen Dialekte. Bairische Dialekte werden vorwiegend in Altbayern sowie in Österreich gesprochen. Es gibt jedoch weitere Sprachinseln wie in Südtirol oder im Sudetenland. Da wir auf die österreichischen Dialekte noch genauer eingehen wollen, beschränken wir uns hier auf den „Nord-Bairischen“ sowie den „Mittel-Bairischen“ Dialekt. Diese Mundarten werden hauptsächlich in den altbayerischen Regierungsbezirken Oberbayern, Niederbayern sowie in der Oberpfalz gesprochen. Diese beiden Dialekte haben unzählige Ausprägungen, welche sich schon von Ort zu Ort unterscheiden können. Vor allem der spezielle Wortschatz kann sich regional stark unterscheiden. Grundlegende Unterscheidungsmerkmale für die beiden Dialektausprägungen lassen sich anhand einiger Beispiele festmachen:
- Hochdeutsch: Bruder, Brief, müde, Schaf
- Nord-Bairisch: Brouda, Brejf, mejd, Schòuf
- Mittel-Bairisch: Bruada, Briaf, miad, Schòòf
Los geht es in München
Wir starten unsere musikalische Dialektreise durch Bayern nun in der Landeshauptstadt München. Seit nunmehr über 35 Jahren sind Barney Murphy, Günther Sigl und Co. unter dem Motto „Mia san a bayrische Band“ unterwegs. Die Münchner Rock'n'Roll-Urgesteine, die Spider Murphy Gang, haben den Münchner Dialekt in die Welt getragen, denn jeder kennt mittlerweile „Rosi“ oder die „Schickeria“. Im „Sommer in der Stadt“ beschreiben sie einen Münchner Sommertag auf gut bayrisch:
„I fahr zum Bodn mitm Radl an d'Isar
Liag auf de Kieslstoana am Strand“
Exil-Münchner Werner Schmidbauer (er lebt in Bad Aibling) ist ebenfalls von seiner bayerischen Heimat geprägt und singt Songs wie „Wenn moi da Dog kimmt“ in einer Mundart, bei der vielleicht nicht gleich jeder versteht, was er da gerade besingt:
„Wenn moi da Dog kimmt wo i mein Läffe schmeiß
muass neamad's traurig wearn“
Als letztes Münchner Kindl sei nun noch Konstantin Wecker genannt, der seit jeher für seine Heimatstadt einsteht. Wenngleich viele seiner poetischen und aufrüttelnden Lieder auf Hochdeutsch verfasst sind, findet man einige Beispiele für die poetische Kraft, die ein Lied im Dialekt mit sich bringen kann:
„Heit is so schee, so schee scho a,
unbandig schee, wia's nia net woa“
Hier kommt auch eine Besonderheit des Bayerischen Sprachraums zum Ausdruck: Ihre doppelte Verneinung lassen sich die Bayern nie nicht nehmen!
Revolution im Südwesten
An den Ufern des Ammersees im Südwesten Münchens und an der Grenze zum Schwäbisch/ Allemannischen Sprachraum sorgt eine Dialekt-Band kräftig für Aufruhr. Die Biermösl Blosn setzt sich auf urkomische - und urbayerische - Art und Weise gegen Atomkraft, Edmund Stoiber und Gewerbegebiete zur Wehr:
„Griaß di Gott, AKW! Griaß di Gott, Co KG!
Griaß di Gott ois beinand! Tschüss Bayernland!“
So wetterten die drei Brüder 36 Jahre lang gegen die Missstände in ihrer Heimat. In der obigen Textpassage zeigt sich eine weitere Besonderheit des Bayerischen: Die Ablehnung der Verabschiedungsfloskel Tschüss! Teile Bayerns wurden hierfür sogar schon zur „tschüss-freien Zone“ erklärt. Man bevorzugt das zutiefst weiß-blaue „Pfiat di“, „Habe die Ehre“ oder schlicht „Servus“!
Cuba trifft auf das Bayerische Oberland
Die Cubaboarischen verschmelzen karibische Rhythmen und bayerische Volksmusik zu einer Mischung, die ins Ohr und direkt weiter in die Beine geht. Die „Kubaner“ aus Rosenheim (und drum herum) begrüßen ihre Gäste im Lied „El Bodeguero“ ganz gekonnt „tschüss-frei“:
„Servus, habediehre, sog amoi wia geht's da?“
Eine andere Textpassage aus dem Song „Locomotora de Tegernsee“ besingt den Bayerischen Vorzeige-See:
„Vo Dägansee noch Schaftlach geht's dahi durch Woid und Feid
Bei jedem Kilomäder sogst 'Wia schee is doch die Weid'!“
„Bienvenidos - Cuba bei uns dahoam“
Handgemachter Pop und Bayern-Techno aus dem Chiemgau
Melancholisch singt Claudia Koreck in ihrem ureigenen Dialekt vom „Herbstwind“ und drückt damit völlig glaubhaft und wie selbstverständlich tiefe Gefühle aus:
„Kennst du die Dog, wo's draußen rengd, de Bladdl foin und dir is fad
Ausser dir, koana dahoam, und du hearst, wia da Herbstwind wahd“
Ihr handgemachter Dialekt-Pop mit Rock- und Blueselementen - ein bisschen Hawaii-Feeling inklusive - ist längst über die Grenzen ihrer „Hoamat“ hinaus bekannt.
Ebenfalls aus dem Chiemgau kommt ein Sound, der bereits die Bühnen von Nowosibirsk und Budapest unsicher machte. Beschreiben lässt sich dieser am ehesten mit „Bayerischer Gypsy Brass“, „Funk Brass“ oder „Alpen Jazz Techno“ - so tun es die Musiker von LaBrassBanda zumindest selbst. Gesungen wird natürlich bayerisch, in einer Ausprägung, die selbst in München schon als „unverständlich“ angesehen werden könnte:
„Fahr mim Bulldog in de Wiesn leg mi nackert an mein See
Weil die nackertn gspiern nackert an See so wunderschee
Schau mi o wei i di mog, und am liaban daad i gor nimma geh“
Reggea am Untersberg
„I kenn an Marley und i kenn an Dylan
I kenn mi und i kenn mein Will'n“
Das sagt Hans Söllner aus Berchtesgaden, dem äußersten Südosten Bayerns, über sich selbst. Der Freigeist poltert als einer der größten Bayerischen Singer und Songwriter gegen Lehrer, Staat und Politik und kämpft für die Legalisierung von Cannabis. Sein Reggae-Sound ist landauf, landab bekannt und wird über alle Sprachbarrieren hinweg lautstark mitgesungen. Auch wenn Texte wie dieser die Heimat Bayern eher mit einem kritischen Blick und viel Humor betrachten, gilt Söllner als Bayerisches Urgestein:
„Mia san nu so richtige Bayern, mia stin`gan noch Kuahstoi und Schnops
mir saff'an wia de Lecha, und 60`er Fans samma a
aufd Nacht do gemma zum Fensterl`n, mit Haferl-Schuach und Huat
wonn der Preiss, wenn bloss sei Mei' aufmocht,
donn hot er Pech g`hobt, donn spuckt er Bluat“
Leit hoit's zsamm: Volks-Jazz aus Niederbayern
Wenn auch alleine die Melodien des niederbayerischen Ausnahmekünstlers Hans-Jürgen Buchner, besser bekannt unter dem Bandnamen Haindling (benannt nach Buchners Heimatdorf), ein musikalisches Bild von Bayern malen, sind seine Texte doch perfekte Beispiele für die Mundart der Niederbayern:
„Leit hoit's zsamm, sonst dauert's nimma recht lang
dann duat's amoi an gscheid'n Scheebara und dann kracht ois zsamm“
So sinniert er über die Abwendung einer Apokalypse. „Jedem das Seine“ drückt Buchner ebenfalls in einer ganz eigenen Art aus:
„I hob roude Hor, feiaroude Hor sogar - und i hob nix gseng!“
Über die Bedeutung des folgenden Dialogs verzweifeln möglicherweise sogar echte Bayern:
„Hey, Mo! Mo, mah du!
Nanaa, Pata. Pata, mah du!
Ja, maht denn a Pater aa?
Naa Mo, a Pata, der maht net.“
Wie bringt man einen Oberpfälzer zum Bellen?
„Freibier!“, „Wou, wou, wou?“ So spötteln die übrigen Bayern gerne über den Oberpfälzer Dialekt. Die wichtigsten musikalischen Botschafter dieser ostbayerischen Mundart sind die „Raith Schwestern“. Humoristisch und heimatverbunden singen sie über ihre Heimat und andere Themen:
“Wisst's wou mei Hoamat is, droum auf da Leit'n
stengan drei Hef beinand, siagst as vou Weitem.“
Als letztes Beispiel unserer Dialekt-Reise durch Bayern ist wohl nichts besser geeignet, als die inoffizielle Hymne des Freistaates von der Band Haindling ...natürlich auf gut Bayerisch:
„Bayern - jawoi, des samma mia
Bayern und des Bayerische Bier
Bayern und des Reinheitsgebot
Des is unser flüssiges Brot“
In den kommenden Berichten werden wir uns Dialekten wie dem Kölsch, dem Platt, dem Schwyzerdütsch sowie der Heimat der Dialekt Musik widmen: Österreich mit seinen vielseitigen Mundarten.